Basquiat: Genie, Kritiker und erster Black Painter von Weltrang

ALBERTINA zeigt den Kunst-Star erstmals in Österreich

ER WURDE NUR 27 JAHRE ALT UND REIHT SICH NAHTLOS IN DIE RIEGE JENER VERSTORBENEN GENIES EIN, DIE IHRE NACHWELT VON GRUND AUF VERÄNDERT HABEN: JEAN-MICHEL BASQUIAT IST DER ERSTE AFRO-AMERIKANISCHE KÜNSTLER, DER SICH TROTZ VEHEMENTER GESELLSCHAFTSKRITIK IN EINEM AUSSCHLIESSLICH VON WEISSEN DOMINIERTEN FELD DURCHSETZTE UND WELTRUHM ERLANGTE. DAS, OBWOHL SEINE KUNST EINE RADIKALE ANKLAGE GEGEN BESITZ- UND MACHTVERHÄLTNISSE, GEGEN AUSBEUTUNG UND KOLONIALISMUS, GEGEN DISKRIMINIERUNG, RASSISMUS UND STAATSGEWALT GEGENÜBER SCHWARZEN IST. HEUTE ERREICHEN SEINE WERKE PREISE JENSEITS DER 100 MILLIONEN EURO. DIE ALBERTINA ZEIGT DEN AUSNAHMEKÜNSTLER ERSTMALS IN ÖSTERREICH MIT EINER UMFASSENDEN RETROSPEKTIVE.

Die ALBERTINA präsentiert in _Jean-Michel Basquiat. Die Retrospektive_ zum ersten Mal das Werk von Jean-Michel Basquiat in Österreich. Der erste große und bis heute berühmteste afro-amerikanische Superstar der Kunst setzt in seiner kurzen Schaffenszeit mit konkreter Poesie und seiner von Graffiti, Cartoons und Zeichnungen beeinflussten Mal- und Zeichensprache dem Minimalismus und der Konzeptkunst mit einem Schlag ein Ende. Alles Geplante und akribisch Organisierte in der Kunst wird bei ihm hinweggefegt: auch das ein Sinnbild seiner Kritik an der bestehenden Gesellschaftsordnung und zugleich ein Reflex der zerstreuten, ja in Stücke zersplitterten Wahrnehmung auf der Straße, von tausenden von Eindrücken, die auf uns hereinstürzen. Basquiat nimmt auf, was ihm in den Straßen New Yorks begegnet: Namen und Zeichen, Figuren und Bilder.

„Jean-Michel Basquiat war radikal in seiner Kunst. Fragen von Identität, Diaspora, Sklaverei und Alltagsrassismus finden sich in einer einzigartigen Stilistik wieder, welche es Basquiat ermöglichte, die Vergangenheit mit seiner Gegenwart, bis in unsere Zeit hinein zu verbinden. Seine Copy-Paste-Technik nahm unsere heutige Form des Arbeitens und Kommunizierens in einer digitalen Welt vorweg. Er kreierte Wissensräume aus Zeichen, Symbolen, Worten und Figuren, schlichtweg aus allem, was ihn umgab, seien es Rezeptionen der Geschichte, der Kunstgeschichte, wissenschaftliche Fakten, Comics, Hitchcock Filme, Fernsehsendungen, Erzählungen, Musik, Sport oder auch Zeichen und Symbole von Menschen in Obdachlosigkeit“, so der international renommierte Basquiat-Spezialist und Kurator der Ausstellung Dieter Buchhart. 

VOM AUSSENSEITER ZUM ERSTEN SCHWARZEN KUNST-STAR

Der aus einer bürgerlichen Familie stammende Basquiat wollte von Jugend an Künstler werden. Bereits als Kind bewundert er afro-amerikanische Vorbilder: Boxer wie Cassius Clay (später als Muhammad Ali bekannt), Musiker wie Louis Armstrong oder Charlie Parker. Er wird diese Figuren später als seine „Black Heroes“ in seinem Werk verewigen: oft mit einer Dornenkrone als Heiligenschein als Held und Märtyrer zugleich, Sieger und Opfer.  

Mit 17 schafft der Sohn eines Haitianers und einer Puerto-Ricanerin gemeinsam mit Al Díaz seine poetischen Graffiti unter dem Pseudonym SAMO©. Er begegnet dabei aber auch verschiedenen Subkulturen wie der New Wave Bewegung und hält sich im Mudd Club – einem Underground-Lokal der Musik- und Kunstszene – auf. Als einer der wenigen Schwarzen in einer von Weißen dominierten Kunst- und Galerienszene lernt er Madonna kennen, verkehrt mit Keith Haring und Andy Warhol, mit dem ihn eine besondere Freundschaft verbindet.

Obwohl Autodidakt, erkennen die wichtigsten Galeristen seiner Zeit, wie Bruno Bischofberger, das Potential des jungen Künstlers: 1982 wird er unter anderen als jüngster Teilnehmer der documenta 7 endgültig zum ersten schwarzen Kunst-Star der Kunstgeschichte. Seine Werke werden in den großen amerikanischen und europäischen Museen gezeigt. Sichtbares Zeichen seines Erfolges ist die Coverstory auf dem New York Times Magazine: Eine Auszeichnung, die drei Jahrzehnte zuvor Jackson Pollock zuteilwurde.

„Kaum ein anderer Künstler steht als Ausnahmeerscheinung so repräsentativ für die 1980er-Jahre und deren pulsierende New Yorker Kunstszene wie Jean-Michel Basquiat. Er verdichtet seine Werke zu einem persönlichen Universum an assoziativen Zeichen, Bildern und Worten von hohem Wiedererkennungswert. In ihnen kritisiert er Themen wie allgegenwärtigen Rassismus und Ungleichheit in der Gesellschaft. Aktueller denn je, ist sein Werk bis heute bahnbrechend und visionär, formal wie inhaltlich. Ein exzentrischer Outsider wie ausgebeuteter Superstar seiner Zeit behauptet sich als eine der bedeutendsten Schlüsselfiguren für die zeitgenössische Kunstdiskussion“, so ALBERTINA-Kuratorin Antonia Hoerschelmann.

UNVERWECHSELBARE KRITIK: RASSENUNRUHEN, POLIZEIGEWALT, UNTERDRÜCKUNG

Das Schaffen Basquiats entsteht zum überwältigenden Teil in einer kurzen Zeitspanne, in den Jahren 1980-88: Basquiats kurzes Leben ist gezeichnet von Rassenunruhen, dem Kampf um Gleichberechtigung bis hin zur Black-Power-Bewegung.

Dr. Daniel Benyes
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