27. Wiener Gemeinderat (1)

Die 27. Sitzung des Wiener Gemeinderats in der laufenden Wahlperiode begann um 9 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses. Der Gemeinderat kam auf Verlangen des Wiener ÖVP-Klubs zum Thema „Der Bund zahlt aus, Wien nimmt es raus – Stadt Wien greift eiskalt in die Taschen der Menschen! SPÖ-NEOS-Stadtregierung muss drohende Gebührenerhöhung aussetzen!“ zusammen.

LAbg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP) begründete die Einberufung des Landtages wie folgt: Bei Einberufung des Themas sei der „Skandal rund um die Wien Energie“ noch nicht aktuell gewesen. Das Thema Teuerung sei in Wien ohnehin relevant, denn es betreffe derzeit alle Wiener*innen, auch Klein- und Mittelunternehmer*innen sowie den Mittelstand. Wölbitsch-Milan sprach dabei von einem Spannungsbogen: Einerseits müssten Unternehmer*innen rasch unterstützt werden, andererseits sei „der Haushalt schon sehr gedehnt“ – vor allem auch aufgrund der Corona-Pandemie. Außerdem dürfe die Inflation nicht weiter „angeheizt“ werden. Auf Bundesebene sei dieser Spagat gelungen und einige Maßnahmen seien getroffen worden, meinte Wölbitsch-Milan. Zwar seien auch in Wien einige Maßnahmen getroffen worden, diese würden jedoch durch Teuerungen kompensiert, wie die städtischen Gebühren. Denn genau heuer, wo es Entlastung in der Bevölkerung brauche, seien Gebühren erhöht worden, etwa im Bereich Parken, Wasser, Abwasser, Müll, Bäder und Mieten in Gemeindebauten. Gebühren seien über die Inflationsrate hinaus erhöht worden. Wölbitsch-Milan zufolge sei dies „ein falsches Zeichen in einer falschen Zeit“. Und auch 2023 würden weitere Gebührenerhöhungen drohen. Die Preise in Wien müssten wieder sinken, forderte Wölbitsch-Milan. Er ging zudem auf die steigenden Energiekosten ein und kritisierte, dass die Stadt die Versorgungssicherheit Wiens gefährdet habe. Wölbitsch-Milan forderte von der Stadtregierung ein Schuldeingeständnis in der Causa Wien Energie. Zudem plädierte er für die Abschaffung des Valorisierungsgesetzes, da dies alle Wiener*innen treffe und sozial ungerecht sei.

StR Karl Mahrer (ÖVP) zufolge habe die Inflation im August einen Höchstwert erreicht. Viele Wiener*innen könnten sich nun die steigenden Kosten in der Stadt nicht mehr leisten. „So kann es einfach nicht weitergehen“, meinte Mahrer in Richtung SPÖ Wien. Der Bund würde hier den richtigen Weg gehen, etwa mit Unterstützungsleistungen wie Schulstartgeld, Klima- und Teuerungsbonus. Maßnahmen in Wien hingegen seien mit viel Bürokratie und Aufwand verbunden, etwa beim Energiebonus. „Entbürokratisierung und Entlastung schaut anders aus“, meinte Mahrer. Wiener*innen würden vielfach alleine gelassen, während der Bund „alle Hebel in Bewegung setzt“. Mahrer kritisierte die jährlichen Erhöhungen für Gebühren in der Stadt, die abgeschafft werden könnten. In diesem Zusammenhang forderte er wie bereits sein Vorredner Wölbitsch-Milan (ÖVP) die Abschaffung des Valorisierungsgesetzes, aber auch die Streichung von „unnötigen Steuern in Wien“, wie die Dienstgeberabgabe oder die Luftsteuer. Denn das Valorisierungsgesetz ermögliche es der Wiener Stadtregierung, Abgaben jedes Jahr zu erhöhen, ohne, dass es der Befassung eines Gremiums bedarf. Er betonte auch, dass bislang kein Koalitionspartner in der Wiener Stadtregierung an dem „Teuerungsgesetz“ gerüttelt habe. Mahrer forderte zudem ein „Öffi-Ticket“ für Senior*innen und Student*innen. Er ging auf die Erhöhung der Bäderpreise und der Fernwärme-Tarife ein. Durch die Vervielfachung der Energiepreise komme es nun zu Existenzängsten bei Unternehmer*innen. Mahrer kritisierte auch, dass Bürgermeister Dr. Michael Ludwig (SPÖ) den Wiener Gemeinderat über die Causa Wien Energie seit seiner Kenntnis der Situation nicht informiert habe. Ferner seien Gutachten zum Vorgehen der Wien Energie GmbH nach wie vor nicht dem Gemeinderat vorgelegt worden. Den Gemeinderat zu informieren sei jedoch eine „Bringschuld“, betonte Mahrer und plädierte für eine bessere Zusammenarbeit. Laut Mahrer habe die SPÖ Wien nicht verstanden, dass das „Drehen an der Abgabenschraube die Teuerung zusätzlich befeuert“. Wien werde so zu Österreichs „Teuerungshauptstadt“, meinte Mahrer. Das liege unter anderem daran, dass Wirtschaften nicht die größte Stärke der SPÖ sei.

GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ) zufolge würde die Wiener Stadtregierung alles tun, um das Leben der Wiener*innen zu verteuern. „Gerade in so einer Zeit“ seien jedoch vor allem Ehrlichkeit und Transparenz wichtig, meinte Krauss. Da dies nicht gegeben sei, würden immer mehr Menschen Vertrauen in die Wiener Stadtregierung verlieren. Krauss kritisierte, dass sich die „unfairen und asozialen Abgabenerhöhungen“ der SPÖ Wien – abgesehen von der Senkung der Staatsbürgerschaftsgebühr – durch alle Lebensbereiche ziehen würden. Das sei nicht nachvollziehbar, denn für die Wiener*innen werde das Leben immer weniger leistbar. Laut Krauss stehe es außer Frage, dass sich die Energiemarktpreise aus vielfachen Gründen erhöht haben, aber es sei Aufgabe der Politik, sicherzustellen, dass sich die Wiener Bevölkerung das Heizen trotzdem leisten kann. Stattdessen werde das Geld an der Börse „verzockt“, meinte Krauss. Zudem ortete er fehlende Aufklärung in der Causa Wien Energie. Es brauche eine Politik, welche die Wiener*innen und die Wiener Unternehmen entlaste. Krauss kündigte mehrere Anträge ein, unter anderem betreffend Gebührensenkung und Abschaffung des Valorisierungsgesetzes.

GR Markus Ornig, MBA (NEOS) kritisierte die Maßnahmen der Bundesregierung: Die Steuern und Lohnnebenkosten müssten dringend gesenkt werden anstatt „Helikoptergeld“ zu verteilen. Denn die Ausgaben des Bundes müssten von den nächsten Generationen gestemmt werden und die Verteilung der Unterstützungsleistungen sei nicht treffsicher. Die Bundesregierung habe finanzielle Mittel bereits in der Corona-Pandemie falsch verteilt, so Ornig. Er kritisierte, dass der Bund Maßnahmen nach dem „Gießkannenprinzip“ setze. Es müsste etwa das System des Klimabonus überarbeitet werden, da hier Geld unter anderem für Verstorbene ausbezahlt werde. Auch der Antiteuerungsbonus sei ein Effekt, der Ornig zufolge „sofort verpuffen wird“. Auch der „Strompreisdeckel“ sei teuer, ungerecht, nicht treffsicher und leiste keinen Beitrag zum Energiesparen. Er kritisierte weiter, dass die Aufstockung des Teuerungsausgleichs nicht über das Finanzamt abgehandelt werde. Er forderte auch die vollständige Abschaffung der kalten Progression auf Bundesebene, um jetzt und nicht erst im Jahr 2023 zu helfen. In Bezug auf die Beihilfen für Heizen und Energie meinte Ornig: „Das Problem der Teuerung wird nicht mit Einmalzahlungen gelöst werden.“ Man müsse bei den Löhnen anziehen und insbesondere die Lohnnebenkosten senken. Denn das entlaste vor allem Klein- und Mittelunternehmen. Ornig meinte, dass auch die NEOS Wien das Aussetzen des Valorisierungsgesetzes sehr begrüßt hätten: „Das wäre ein wichtiges Signal gewesen.“ Es gebe jedoch auch gute Gründe, das Valorisierungsgesetzes nicht abzuschaffen. Ornig plädierte zudem für finanzielle Entlastung durch das Aussetzen der Mitgliedsbeiträge der Kammern.

GR Georg Prack, BA (GRÜNE) bezog sich wie bereits sein Vorredner Ornig (NEOS) auf konkrete Maßnahmen der Bundesregierung, wie den Klimabonus, Strompreisbremse, zusätzliche Familienbeihilfe und Teuerungsausgleich für besonders betroffene Gruppen. Diese Mischung aus gezielt und breitenwirksamen Maßnahmen sei gut und wichtig, so Prack. Denn es sei notwendig, rasch Hilfe zu leisten und neue Instrumente zu entwickeln. Er lobte, dass die Abschaffung der kalten Progression auf Bundesebene: Das seien große Schritte und Reformen, an denen viele Bundesregierungen zuvor gescheitert seien, meinte Prack. Er kritisierte, dass die Maßnahmen der Stadtregierung weder rasch noch treffsicher seien: Unter anderem müsse beim Wiener Klimabonus etwa die Haushaltsgröße berücksichtigt werden. Prack zufolge mache es Sinn, die Gebühren niedrig zu halten oder sie aufgrund der besonderen Situation auszusetzen. Die Stadt müsse sich überlegen, wo die Gebührenerhöhungen weggelassen werden kann, um Menschen zu entlasten. Prack betonte, dass aber nicht die Bekämpfung, sondern die Vermeidung der Teuerungen wichtig sei. Vor allem der Ukraine-Krieg führe vor Augen, wie abhängig die Stadt von Öl und Gas sei. Hier gebe es nur einen einzigen Weg: Diese Abhängigkeit so schnell wie möglich zu bekämpfen und zu beenden. Prack meinte, es sei gefährlich, dass die Stadt das nicht bereits längst tue.

(Forts.) exm

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