Bundesrats-Enquete thematisiert Perspektiven für Kinder

Arpa: Zugang zu Bildung als Schlüsselrolle und Basis für gutes Leben

Unter dem Motto „Kindern Perspektiven geben – unbeschwert, chancenreich und demokratisch erwachsen werden“ hielt heute der Bundesrat eine Enquete im Parlament ab. Nach der Eröffnung durch Bundesratspräsidentin Claudia Arpa hielten der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser und die Leiterin des Momentum Instituts Barbara Blaha die Keynotes. Ergänzend zu drei Panels befasste sich im zweiten Teil EU-Jugendbotschafter Ali Mahlodji in einem Impulsreferat mit den Herausforderungen für Kinder und junge Menschen.

Die anwesenden Expert:innen würden heute unterschiedliche Perspektiven erläutern, die für eine zukunftsgerichtete Bildungspolitik wesentlich sind, so Bundesratspräsidentin Arpa in ihrer Begrüßung. So entscheide Bildung ganz zentral über das berufliche und wirtschaftliche Fortkommen junger Menschen. Daher müsse Benachteiligungen in diesem Bereich möglichst früh entgegenwirkt werden. Es brauche einen chancengerechten Zugang zu Bildung und ein wirtschaftlich stabiles Umfeld für Kinder, zumal Armut Kinder ein Leben lang präge, betonte die Bundesratspräsidentin. Die Auswirkungen von Armut würden nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale und kulturelle Teilhabe junger Menschen betreffen. Darüber hinaus müsse für Kinder und Jugendliche auch die Teilhabe am demokratischen Prozess unterstützt und gefördert werden.

KAISER: DURCH ARMUT ENTGEHEN DER GESELLSCHAFT ENORME POTENZIALE

Landeshauptmann Peter Kaiser als Vertreter des derzeit vorsitzführenden Bundeslandes Kärnten wies darauf hin, dass eine Bedrohung durch Armut das genaue Gegenteil von Kindeswohl darstelle. Das Thema Armut habe aber im politischen Bewusstsein an Bedeutung verloren oder zumindest nicht jenen Stellenwert, den es eigentlich haben müsse. Die entscheidende Theorie sei, dass Kinderarmut zu Benachteiligung, zur Verfestigung von Ungleichheit, zu gesundheitlicher Beeinträchtigung sowie zu Exklusion in vielen gesellschaftlichen Bereichen führe. Die negativen Begleiterscheinungen der Armut wirken sich ein Leben lang aus, so Kaiser. Zugleich würden der Gesellschaft enorme Potenziale entgehen. Ein einziger Euro an Maßnahmen in Kinderbildung bringe den zehn- bis sechzehnfachen Nutzen, hob der Kärntner Landeshauptmann hervor. Er pochte darauf, dass es Aufgabe der Politik sei, dort einzugreifen, wo Armut beginnt. Obwohl Österreich eines der reichsten Länder der Erde sei, befinde sich jedes fünfte Kind an oder unter der Armutsgrenze. Auch wenn der Sozialstaat – als eine der größten Errungenschaften der Geschichte – die Armutsgefährdung mildere, gebe es angesichts dieser immer noch hohen Zahl dringende politische Maßnahmen zu setzen. Kaiser wies dazu unter anderem auf Ansätze wie mehr Verteilungsgerechtigkeit, auch beim Thema Erbschaften, hin.

BLAHA: ÖSTERREICH IST KLASSENGESELLSCHAFT, DIE SO TUT, ALS WÄRE SIE KEINE

Armut mache unsichtbar und man rede in diesem Land nicht gern darüber, meinte die Leiterin des Momentum Instituts, Barbara Blaha. Sie erachtete dabei Österreich als Klassengesellschaft, die so tut, als wäre sie keine. Blaha kritisierte eindringlich, dass es einem der reichsten Länder nicht gelinge, die Armut abzuschaffen. Ähnlich wie Kaiser meinte sie, dass Armut am effektivsten bereits im Kindergarten abgefangen werden könne. Jeder Euro komme hier vielfach zurück, so Blaha. Wer keine Kindergärten baue, schade der Familie mehrfach und generationenübergreifend – bis hin zur geringen Pension von Frauen.

Bildung ist aus Sicht der Momentum-Institutsleiterin zudem der größte Hebel im Sozialen und bei der Gesundheit. Menschen mit höherer Bildung seien und fühlten sich weniger krank und leben länger, so Blaha. Das Angebot an Kinderbetreuung habe sich in Österreich allerdings seit den 1980er Jahren nur verdoppelt, während es in anderen europäischen Ländern bis zum Siebenfachen angestiegen sei. Neben einem „beschämend schlechten“ Betreuungsschlüssel habe Österreich außerdem nur eine minimale Steigerung bei der Ganztagsbetreuungsquote.

„Eine wirksame Armutsbekämpfung ist institutionell, nicht individuell“, betonte Blaha. Die Hebel zur Armutsbekämpfung seien alle vorhanden, aber in Österreich würden sie nicht „gedrückt“. Kinderarmut werde in Österreich bewusst in Kauf genommen, so ihre weitere Kritik. Vielmehr werde den Menschen in Armut die Schuld dafür ihnen selbst zugeschoben. Indem alles dem Leistungsprinzip untergeordnet werde, stelle die Armut als „Funktion im Kapitalismus“ auch ein Disziplinierungsinstrument dar. (Fortsetzung Enquete Bundesrat) mbu

HINWEIS: Fotos von der Enquete finden Sie im Webportal des Parlaments. Nachsehen können Sie die Enquete in der Mediathek des Parlaments.

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