44. Wiener Gemeinderat (8)

Dringliche Anfrage der Grünen an Bürgermeister Ludwig

44. Wiener Gemeinderat (8)

DRINGLICHE ANFRAGE DER GRÜNEN AN BÜRGERMEISTER LUDWIG

Um 16 Uhr wurde die laufende Sitzung für die Behandlung einer dringlichen Anfrage an Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) unterbrochen. Die Anfrage hatte die Grüne Rathausfraktion gestellt, sie lautete: „Liegenschaftstransaktionen der Stadt Wien“

GR David Ellensohn (GRÜNE) lieferte die Begründung für die „Dringliche“. Die Medien und die Öffentlichkeit würden sich bereits seit zwei Monaten mit dem Thema beschäftigen. Seitens der politisch Verantwortlichen bekomme man den Eindruck, man wolle „abwarten, bis das Thema vorüberziehe“. „Schritte der Stadt habe ich kaum bzw. keine gesehen“, so Ellensohn. Die zuständige Baupolizei (MA 37) beteuere bei Widmungsverfahren Stichproben durchzuführen und anonymen Anzeigen nachzugehen, für genauere Kontrollen aber keine Zeit oder Ressourcen zu haben. So ginge die Widmungspraxis der SPÖ „einfach munter weiter“. Die Baupolizei solle den Auftrag bekommen, Kleingartensiedlungen auf Gesetzeskonformität zu prüfen. Es ginge dabei insgesamt um sehr viel Geld.

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wies in seiner Beantwortung eingangs auf die Vorbildwirkung Wiens hin, wobei „eine weitsichtige Bodenstrategie und Liegenschaftsbevorratung ein entscheidender Faktor“ sei. So sei Wien mit einem Grünraumanteil von über 50% eine der grünsten Metropolen der Welt, was auf gutes Management zurückzuführen sei. Die Stadt sei außerdem der drittgrößte Grundeigentümer Österreichs mit Flächen von 270 km², und weiteren 370 km² außerhalb der Stadtgrenzen. Zu einem weitsichtigen Liegenschaftsmanagement gehöre auch, Ankäufe und Verkäufe vorzunehmen. Liegenschaften würden aber seit einiger Zeit in erster Linie auch im Baurecht vergeben, so dass diese nutzbar würden, ohne aus dem Eigentum der Stadt zu fallen. Die Umsetzung der Stadtentwicklungsgebiete erfordere eine Bodenbevorratung, um die Flächen für den dringend gebrauchten leistbaren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können.

In der „Kleingartenaffäre“ seien Ludwig keine rechtlichen Verstöße bekannt, der Stadtrechnungshof Wien sei aber eingeschaltet. Außerdem sei eine Prüfung durch die Magistratsdirektion – Geschäftsbereich Personal und Revision, Gruppe Interne Revision und Compliance im Laufen. Der Prüfauftrag umfasse auch die diesbezüglichen Verfahren der Baupolizei (MA 37). Die im städtischen Eigentum befindlichen Kleingartenanlagen würden zum größten Teil vom „Zentralverband der Kleingärtner und Siedler Österreichs“ gepachtet werden. Einzelpachtverträge würden nur einen verschwindend kleinen Teil der Kleingärten ausmachen. Die Stadt Wien habe keinen Einfluss auf die Vergabe von Kleingärten innerhalb der einzelnen Kleingartenvereine.

Zum Grundstückskauf von Thomas Weninger, dem Städtebund- Generalsekretär, sagte Ludwig, der Verkauf an Herrn Thomas Weninger sei auf Basis eines kurz davor „gutachterlich festgestellten Schätzwerts“ erfolgt und ein öffentliches Bietverfahren durchgeführt worden. Letzteres sei erfolglos geblieben. Eine Neubewertung durch die Amtssachverständigen der Stadt Wien Immobilienmanagement berücksichtigte daraufhin wertmindernde Faktoren, wie die eingeschränkte Bebaubarkeit des Grundstückes, den hohen Anteil der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche, die Hanglage und den Baumbestand, der teils schon unter das Baumschutzgesetz gefallen sei. Das Stadt Wien Immobilienmanagement habe ein drittes Gutachten von Dezember 2010 beauftragt, das die Grundlage für den Vertragsabschluss mit Herrn Weninger darstelle. Die Bewertung sei durch einen beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen erfolgt. Die Abweichung zum Gutachten von Jänner 2009 sei innerhalb des normalen Schätzspielraumes von 5-10% gelegen. Die Ausarbeitung der Entwürfe für Flächenwidmungs- und Bebauungspläne würden der Kontrolle durch diverse Instanzen innerhalb der Stadt Wien unterliegen. Die rechtliche Kontrolle der Widmungsverfahren erfolge durch die Magistratsdirektion – Geschäftsbereich Recht (MDR). Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zeuge mit den Worten „keine Bedenken bezüglich der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes“ von der gewissenhaften Verwaltung durch die Stadt Wien.

Den Rechnungshofbericht zum Flächenwidmungsverfahren der Stadt Wien betreffend erläuterte Bürgermeister Ludwig, die Empfehlungen befänden sich „derzeit in Evaluierung“. Momentan werde auf Basis der Immobilienstrategie und der ergangenen Empfehlungen eine Verbesserung der Schnittstelle zwischen Stadtplanung und Immobilientransaktionen angestrebt. Im Rahmen der geltenden Immobilienstrategie würden Veräußerungen von Grundstücken im Stadtgebiet nur noch in Ausnahmefällen in Frage kommen. Liegenschaften würden nur noch im Rahmen eines Bietverfahrens verwertet und das vorwiegend „im Wege der Baurechtseinräumung“, wobei das Grundstück im Eigentum der Stadt Wien erhalten bliebe. Weiters sei die MA 6 – Rechnungs- und Abgabenwesen beauftragt, eine tiefergehende rechtliche Überprüfung anzustreben, um Alternativen und Lösungsansätze herauszuarbeiten. Diese Analyse werde aber ob der rechtlichen Komplexität etwas Zeit in Anspruch nehmen.

GRin Mag. Heidemarie Sequenz (GRÜNE) meinte, es seien „zwar einige Fragen beantwortet worden, andere aber noch offen“. Konsequenzen habe es bislang noch nicht gegeben. Ludwig habe den Bezirksvorsteher der Donaustadt trotz der Untersuchungen im Amt belassen. Letzterer müsste „hellseherische Kräfte“ besitzen, um die erfolgte Umwidmung schon zwei Jahre früher vorhersagen zu können. Die Vergabe von Kleingärten im städtischen Eigentum müsse neugestaltet werden. Man käme „nicht vom Fleck“, darum solle nun die Anfrage „ein wenig Licht“ in die Sache bringen. Alle diese Skandale würden das Vertrauen in die demokratischen Grundwerte schwächen. So würden einer Sora Studie zufolge auch 94% der Jugendlichen ihre Interessen nicht mehr von politischen Entscheidungsträger*innen vertreten fühlen. Schlechtes politisches Verhalten würde „auf uns alle abfärben“. Es gebe Handlungsbedarf, nicht nur „aus Gründen der politischen Hygiene“. Die SPÖ sollte „innehalten und nachdenken“.

GR Stefan Berger (FPÖ) meinte, man wisse „wie die SPÖ in Wien“ sei. Jetzt sehe man die Auswirkungen von „jahrzehntelangem Regieren“, und dabei sei „wahrscheinlich jetzt nur die Spitze des Eisbergs“ zu erkennen. Die Fragen der „Dringlichen“ hätten Berger überrascht, da die Grünen selber in der Regierungsverantwortung gewesen seien. Damit seien sie „genauso mit im Boot“, denn die Grünen seien, was Widmungen und Verkäufe angehe, selber mitverantwortlich. Von der SPÖ erwarte er sich nicht mehr viel. Ein „koalitionsfreier Raum“ würde die Möglichkeit bringen, viele Dinge zum Besseren zu ändern – die SPÖ habe keine absolute Mehrheit. Was die Glaubwürdigkeit der Politik angehe, so müssten sich auch die Grünen hinterfragen. Ebenso hätten die NEOS im Vorfeld ihrer Regierungsbeteiligung viel vorgeschlagen und versprochen, was bis jetzt nicht in die Tat umgesetzt worden sei. (Forts.) wei

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