45. Wiener Gemeinderat (22)

Beratung der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

GR Georg Prack, BA (GRÜNE) nannte zwei zentrale Ziele der Wohnbaupolitik: Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. Das bedeute unter anderem, sich aus der Abhängigkeit von Gas und Öl zu „befreien“, alten Baubestand vor dem Abriss zu bewahren, Spekulation mit Wohnungsbestand zu verhindern und wo Neubau nötig werde, diesen in sozialem Wohnbau auszuführen. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit duldeten keinen Aufschub, so Prack. Es gebe keinen Ort, wo dies so einfach zu beginnen sei, wie bei den 220.000 Wohnungen in Gemeindebesitz. Es gebe „massive Probleme“ mit der Energieeffizienz der Gemeindebauten. Nur durch eine rasche Sanierung könne man die Mieter*innen der Gemeindewohnungen vor teuren Energiekosten bewahren. Mit den geplanten Investitionen des Budgets würde jedoch umgekehrt ein weiterer Sanierungsrückstand entstehen. Zwar gebe es Ankündigungen seitens Wiener Wohnen, den Sanierungsrückstand zu beheben, dieser steige aber trotzdem weiter. Es liege nicht einmal ein Plan vor, wie diesem Rückstand beizukommen sei. Hinzu komme der langsame Ausbau bei Solarthermie, Photovoltaik und Wärmepumpen auf den Dächern der Wiener Gemeindebauten. Dieser sei ein „Armutszeugnis“, so Prack. Auch seien weiterhin keine Erträge aus Leerstandsabgaben zu erwarten, obwohl „zehntausende leerstehende Wohnungen“ existierten. Dabei sei es hinsichtlich des Bodenverbrauchs wichtig, zunächst bestehende Kapazitäten bestmöglich zu nutzen. Dennoch müsse die Bauleistung von Wiener Wohnen erhöht werden. Die Stadt wachse, der Anteil an Gemeindewohnungen jedoch würde sinken, so Prack. Die nächste große Herausforderung für Wien sei es, die bestehenden Gebäude klimafreundlich zu sanieren. Der Abriss von Gebäuden müsse zudem zur Ausnahme werden, so Prack, da die meisten Treibhausgasemissionen beim Neubau entstünden. Das vorliegende Budget sei nicht fortschrittlich und nicht klimasozial. Es brauche nicht bloß gute Worte, sondern auch gute Taten, weshalb er dem Budget auch nicht zustimmen werde, so Prack abschließend.

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP) sagte, dass die Gesellschaft von Menschen lebe, die „anpacken“ würden. Das seien auch jene, die am Bau „hackeln“ und „das Wohnen schaffen“. Allerdings würden groß angekündigte Projekte nicht realisiert werden. Beispiele seien die Multifunktionsarena und der verzögerte Bau des Busbahnhofs, so Sittler. Es gebe beim Thema Wohnen große Herausforderungen. Die Preise würden aufgrund der Inflation steigen, etwa die Energie- und Baustoffpreise. Laut Sittler tue sich „nichts“ im Budget im Bereich der Wohnbauförderung und Wohnhaussanierung. So könne man keinen Wohnbau machen. Mittlerweile kämen laut gemeinnützigen Wohnbauträgern auf eine Wohnung bis zu 50 Interessent*innen. Es sei nicht mehr möglich, gemeinnützigen Wohnraum zu schaffen, da es sich mit den Kosten nicht ausgehe. Es sei anscheinend zu schwierig und bürokratisch, Förderungen abzuholen. Man müsse sich fragen, aus welchem Grund bestehende Förderungen nicht ausgeschöpft würden. Angekündigt worden seien 5.500 neue Gemeindewohnungen bis 2025. Dies sei ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein, so Sittler. Die Sanierung der bestehenden Bauten sei von der Stadt selbst auf 30 Jahre festgelegt worden. Nun sei die Frist auf 40 Jahre ausgedehnt worden. Im Budget könne er auch diesen Zeitrahmen nicht erkennen, daher werde er diesem Budget nicht zustimmen, so Sittler abschließend.

GR Georg Niedermühlbichler (SPÖ) sah den gemeinnützigen Wohnbauträgern durch die Bundesregierung Prügel vor die Füße geworfen. Wenn die Stadt Förderungen bereitstelle, achte sie darauf, dass gewisse Regeln eingehalten würden. Dazu gehöre auch die Dekarbonisierung. Fördermittel blieben dann übrig, wenn manche Anwärter die vorgegebenen Regeln nicht erfüllen könnten. Es seien bereits neue Gemeindebauwohnungen erbaut und es werden bis 2025 5.500 sein. Daneben gebe es viele geförderte Wohnungen in Wien. Insgesamt seine Investitionen von fast einer Milliarde Euro bei Wiener Wohnen geplant. Diese Gelder würden auch in die Sanierungsoffensive fließen, mit der weitere Schritte in Richtung Dekarbonisierung gegangen würden. Zusätzlich werde mehr als 100 Millionen Euro in den Klimaschutz investiert. Auch private Hausbesitzer*innen würden von der Stadt unterstützt – etwa durch die kostenlose Sanierungsberatung der „Hauskunft“. Das vorliegende Budget sei „notwendig für die Menschen in der Stadt“ und er könne es „guten Gewissens“ zur Beschlussfassung empfehlen, so Niedermühlbichler abschließend.

GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ) eröffnete mit Ihrer Rede die Debatte zum Thema Frauenpolitik. Die Gewalt gegenüber Frauen in Wien nehme „leider Gottes immer mehr überhand“. Es sei noch ein langer Weg hin zur Gleichstellung zwischen Männern und Frauen. Sie habe sich stets für die Entscheidungsfreiheit von Frauen eingesetzt – insbesondere innerhalb der Familie. Dies sei keine Selbstverständlichkeit, sondern sei ein langer Weg gewesen. Es sei nicht hinnehmbar, dass Frauen für die gleiche Arbeit weniger Geld verdienen würden. Dies sei ungerecht. Das in der Vergangenheit Erreichte sah Nittmann in Gefahr. Jeder Rückschritt in der Gleichstellung sei entschieden zu bekämpfen. Hierbei seien der wesentliche Punkt jene Männer, die Frauen unters Kopftuch zwingen, diese zwangsverheiraten und Frauen allgemein nicht respektieren würden. Das Problem seien die Unterdrücker und nicht die Unterdrückten. Es reiche nicht, bloß am Papier für Gleichstellung zu kämpfen. Sie stehe für kulturelle Werte und Traditionen. Der Kampf für Gleichstellung sei daher auch eine Frage der Integration. Die Frage sei, wie jungen zugewanderten Männern diese Werte beigebracht werden könnten. Für jene, die sich nicht daran halten wollten forderte Nittmann ein „One-way-Ticket“ und Abschiebung. Es sei Zeit für eine Politik, die nicht bloß fördert, sondern auch fordert, so Nittmann abschließend.

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) bezeichnete Fortschritte in der Gleichstellung als wichtige Anliegen der Politik. Dazu zitierte sie den Gleichstellungsmonitor, der durch Zahlen und Fakten die aktuelle Situation darstelle. In dessen Erstellung habe es 77.000 Rückmeldungen von Frauen und Mädchen gegeben, die mitgeteilt hätten, wie sie die Stadt gestaltet haben wollten. Zu den daraus erwachsenen Angeboten gehörten Beratungsangebote, Töchtertage oder die Rote Box. Sie sei froh, dass dieses Projekt gegen Periodenarmut nach einem Piloten in der Brigittenau nun auch in ganz Wien ausgerollt werde. Es handle sich um einen riesigen Fortschritt, der sich zeigen lassen könne. Auch im Frauengesundheitszentrum in Favoriten werde darauf geachtet, dass Frauen die „bestmögliche gesundheitliche Versorgung“ erhalten. Dies seien Dinge, in denen die Stadt unterstützend wirken wolle. Dies zeigt wie fortschrittlich Wien sei. In Wien betrage die Gehaltsschere zwischen den Geschlechtern 11 Prozent – zwar sei dies weniger als in anderen Bundesländern, aber nichts, worauf man sich ausruhen sollte. Eine der Maßnahmen, um diese Schere weiter zu schließen, sei, mehr Frauen in technische Berufe zu bringen. Auch der Gewaltschutz werde in Wien großgeschrieben. Dies passiere teils über Kampagnen gegen Gewalt oder auch mittels 24-Stunden-Frauennotruf, der im vergangenen Jahr täglich 34 Beratungen durchzuführen gehabt habe. Hier seien auch die Frauenhäuser in Wien zu nennen, so Bakos. Abschließend bedankte sie sich bei allen Mitarbeiter*innen der Stadt, die diese auch zu einer „Stadt der Frauen“ machen würden.

GRin Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE) betonte, dass Gewalt gegen Frauen nicht Frage der Kultur, sondern des „weltweiten Patriarchats“ sei, das überall auf der Welt bekämpft werden müsse. Es ärgere sie, dass in der Debatte zum Budget das „Gender Budgeting“ kein Thema gewesen sei. Es sei sehr wichtig, sich anzusehen, welche Auswirkungen das Budget auf über die Hälfte der Wiener Bevölkerung habe. Frauen gehörten in die Mitte der Budgetüberlegungen gestellt und nicht an den Rand, so Spielmann. Es würden bei manchen Maßnahmen die Indikatoren für den Genderaspekt fehlen. Sie wisse aus eigener beruflicher Erfahrung wie wichtig Gender Budgeting sei. Es ginge hierbei um die Qualität der einzelnen Maßnahmen im Hinblick auf die Geschlechtergerechtigkeit. Es müsse ihrer Ansicht nach vermehrt an der Verbesserung des Gender Budgeting in der Stadt gearbeitet werden. Die Budgeterhöhungen etwa bei den Frauenhäusern sowie Mädchen- und Frauenvereinen bezeichnete sie als „gut und richtig“. Es fehle jedoch an weiteren Investitionen für Prävention und opferschutzzentrierte Täterarbeit. Zudem gebe es erneut kein Budget für „Stadtteile ohne Partnergewalt“. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso derart wichtige Projekte nicht im Budget der Stadt aufscheinen würden. Spielmann erinnerte daran, dass in diesem Jahr bundesweit bereits 26 Frauen bereits ermordet worden seien. Die meisten Menschen würden eine Frau kennen, der Gewalt angetan worden sei und die meisten Gewalterfahrungen passierten innerhalb von Beziehungen und in den eigenen vier Wänden. Diese Gewalt sei ein „Männlichkeitsphänomen“ und fuße in der „Unfähigkeit Konflikte ohne Gewalt zu lösen“. Es sei sehr wichtig, so Spielmann, insbesondere beim Thema Femizid überparteilich an der Verhinderung von derartiger Gewalt zu arbeiten. Spielmann bedankte sich abschließend bei allen, die daran Anteil hätten, Frauen aus der Gewaltspirale zu befreien. (Forts.) jaz

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