TV-Premiere für „Universum History“-Doku „Aufstand im Bordell – Frauenhandel um 1900“ am 5. März um 21.05 Uhr in ORF 2

Zum Weltfrauentag-Programmschwerpunkt mit Maria Hofstätter, Alice Prosser, Markus Schleinzer, Fanny Altenburger, Gina Christof und Julia Wozek

Wien (OTS) – Die Bordellbesitzerin Regine Riehl wird vom k.k. Landesgericht Wien im November 1906 zu dreieinhalb Jahren Kerker verurteilt. Sie hat junge Prostituierte in ihrem Haus eingesperrt, ausgebeutet und misshandelt. Eine von ihnen, Marie König, hat den Aufstand gewagt und sich einem Journalisten anvertraut. Seine Veröffentlichungen lösen einen Skandal aus, der die Wiener Gesellschaft erschüttert und ihre Doppelmoral offenbart. Zugleich werfen Marie Königs Enthüllungen ein scharfes Licht auf die Abgründe des weltweiten Prostitutionsgeschäfts des Fin de Siècle.

Die bewegende, auf den originalen Prozessakten basierende „Universum History“-Neuproduktion „Aufstand im Bordell – Frauenhandel um 1900“ von Stefan Ludwig spannt im Rahmen des ORF-Programmschwerpunkts zum Weltfrauentag (Details unter presse.ORF.at) am Dienstag, dem 5. März 2024, um 21.05 Uhr in ORF 2 den Bogen von Wien über Hamburg bis Buenos Aires. Die mit Maria Hofstätter in der Rolle von Regine Riehl, Alice Prosser als Marie König und Markus Schleinzer als Richter Feigl hochkarätig besetzte österreichische Produktion entstand als Koproduktion von ORF, NDR-ARTE und Geyrhalter Film, gefördert vom Fernsehfonds Austria und Filmfonds Wien, mit Unterstützung von VAM und ORF-Enterprise.

Die 16-jährige Wiener Arbeitertochter Marie König läuft im Frühjahr 1902 ihrem prügelnden Vater davon. Kurz darauf wird sie in der Praterstraße von einer Kupplerin angesprochen, die sie gegen eine Vermittlungsprovision in das Bordell der Regine Riehl bringt. Statt des versprochenen „selbstbestimmten Lebens in Reichtum“ erlebt Marie dort Sklaverei: Die Türen sind verschlossen, Geld bekommt sie nicht, psychische und körperliche Gewalt sind an der Tagesordnung. Ihr Vater kassiert von Riehl eine monatliche Zahlung. Drei Jahre später vertraut sich Marie dem Journalisten Emil Bader an, der die Zustände im „Salon Riehl“ öffentlich macht und die Bordellbetreiberin vor Gericht bringt. Der Riehl-Prozess, über den auch Karl Kraus berichtet hat, wühlt die Öffentlichkeit auf, weit über Wien hinaus. Mit einer Mischung aus Voyeurismus, Empörung und Mitleid nimmt das Publikum detaillierten Einblick in die Lebensumstände der „Freudenmädchen“.

Marie König ist kein Einzelfall. Die boomende Metropole Wien ist damals Schauplatz einer riesigen Elends- und Gelegenheitsprostitution, von der die polizeilich tolerierten Bordelle nur die Spitze des Eisbergs ausmachen. Prostitution ist zwar illegal, aber geduldet: Die Mehrheit der Gesellschaft betrachtet sie als „notwendiges Übel“ für die sexuellen Bedürfnisse der Männer. Um den Schutz vor Geschlechtskrankheiten zu gewährleisten, überwacht die Polizei die Prostituierten und zwingt sie zu regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen. Feministinnen laufen Sturm gegen dieses System der Doppelmoral. Sie wollen die Prostitution abschaffen, anstatt sie staatlich zu regulieren. Die Debatte um Moral, Prostitution und Frauenrechte wird weltweit geführt. Die Parallelen zu heute – sowohl in der internationalen Debatte als auch in den Mechanismen, die zur Ausbeutung der Frauen führen – sind dabei nicht zu übersehen.

In „Aufstand im Bordell“ weist Historikerin Nancy Wingfield darauf hin, dass manche Frauen in der Prostitution – trotz ausbeuterischer und gewalttätiger Strukturen – Handlungsoptionen besaßen und selbst an der Verbesserung ihrer Situation arbeiten konnten. Etwa, indem sie aufbegehrten – wie Marie König. Andere schafften innerhalb des Systems Prostitution den Aufstieg oder verließen irgendwann still und leise das Gewerbe, heirateten oder wechselten in andere Jobs. Das Ende des Wiener Riehl-Prozesses zeigt diese unterschiedlichen Lebenswege auf. Riehl wird verurteilt. Marie König lässt die Prostitution hinter sich. Andere bleiben, klagen aber in einem Zivilprozess vorenthaltene Verdienste ein. Eine der Frauen macht später selbst ein Vermögen als Bordellchefin. Der Riehl-Prozess war mehr als ein Skandal. Er war ein Schlüsselmoment, in dem Frauen in der Prostitution erstmals öffentlich aus ihrer Opferrolle heraustraten.

In den Reenactments agiert Maria Hofstätter in der Hauptrolle der Regine Riehl. Markus Schleinzer, der 2023 im aufsehenerregenden TV-Film „Die Wannseekonferenz“ mitwirkte, spielt Richter Feigl. Mit Alice Prosser als Marie König ist eine aufsteigende Jungschauspielerin zu sehen, die zuletzt in Marie Kreutzers Film „Corsage“ brilliert hat. In weiteren Rollen sind Fanny Altenburger als Angeklagte Marie Winkler, Gina Christof als Angeklagte Marie Pokorny und Julia Wozek als Angeklagte Anna Christ zu sehen.

Statements zur Produktion

Markus Glaser, Produzent Geyrhalter Film: „Ungleichbehandlung und Gendergerechtigkeit sind die Themen der Stunde. Vor dem Hintergrund der #metoo-Diskussion und der Retro-Rache von Bewegungen in ganz Europa, die die Emanzipation der Frauen wieder zurückdrängen wollen, ist ‚Aufstand im Bordell‘ ein zeitgemäßer, gesellschaftspolitisch relevanter und höchst aktueller Film.“

Caroline Haidacher, „Universum History“-Chefin: „Mit dieser außergewöhnlichen Produktion gibt ‚Universum History‘ jenen Akteurinnen eine Stimme, die zu den am meisten diskriminierten und unsichtbarsten Gruppen gehören: den Sexarbeiterinnen. Selbstverständlich haben auch sie in der österreichischen Geschichte eine Rolle gespielt und durch ihren Mut, vor Gericht auszusagen, eine europaweite Debatte ausgelöst. Die Geschichte dieser Frauen muss erzählt werden, ihnen – Frauen wie Marie König, Marie Pokorny, Marie Winkler, Anna Christ – gehört ein Denkmal gesetzt. Auch um zu zeigen, wie wenig sich in manchen Bereichen im gesellschaftlichen Umgang mit Frauen in den vergangenen 120 Jahren verändert hat.“

Stefan Ludwig, Regisseur: „Die Riehl-Akten faszinieren mich immer wieder neu: Sie sind ein Stück ‚Geschichte von unten‘, ein Stück Frauengeschichte und ein ganz seltenes historisches Dokument: Hier treten ein Bordellbetrieb um 1900, der Alltag der Sexarbeiterinnen und die enorme Zivilcourage der Frauen detailreich und ungeschminkt zu Tage. Der Prozess gegen die Bordellchefin Riehl war ein Wendepunkt: Sexarbeiterinnen ließen sich Einschüchterung und Stigmatisierung nicht mehr gefallen und forderten vor Gericht ihre Rechte ein. Die Prozessakten erzählen eine beeindruckende Geschichte vom harten Alltag im Bordell, aber auch von Mut und Zusammenhalt.“

Maria Hofstätter: „In diesem ‚Universum History‘ wird ein ganz spannender Prozess aufgearbeitet, der 1906 stattgefunden hat: Von jungen Prostituierten wurde eine Bordellbesitzerin angeklagt – und dann auch verurteilt. Zum ersten Mal hat man öffentlich und offiziell über Prostitution gesprochen. Es ist erschreckend, wie wenig sich in den letzten 120 Jahren geändert hat: Schulden, Sklaverei und Abhängigkeiten, die es Frauen sehr schwer machen, wieder auszusteigen. Geschichten wie diese spielen sich heute genauso ab wie damals.“

Markus Schleinzer: „Der Mut dieser Frauen ist bewundernswert – und der Film ist auch eine Geschichte über Zivilcourage: Menschen, die unter schwierigsten Bedingungen ihr Leben fristen mussten, taten sich zusammen und schafften auf diese Art gesellschaftliche Veränderungen. Das ist das, was mich an der Geschichte so berührt.“

Alice Prosser: „Marie König ist ein zeitloses Vorbild für mutige Frauen, die sich gegen eine Welt der Unterdrückung wehren. Es war ein Privileg, dieser historischen Persönlichkeit erneut Leben verleihen zu dürfen! Ihre Geschichte ist nach wie vor aktuell: Kampfgeist für Veränderung der Frauenrolle im System.“

Details zur „Universum History“-Produktion „Aufstand im Bordell – Frauenhandel um 1900“ sowie zum ORF-Programmschwerpunkt zum Weltfrauentag sind unter presse.ORF.at abrufbar.

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