Neues Saatgutrecht: Agrar-Industrie stellt sich gegen Interessen der bäuerlichen Landwirtschaft

„Euroseeds“ blockiert mit 31 Anträgen Vielfalt und Rechte der Bäuer:innen

IN NUR ZWEI TAGEN – AM MITTWOCH, DEN 24. APRIL 2024 – STIMMT DAS PLENUM DES EU-PARLAMENTS ÜBER EIN NEUES SAATGUTRECHT AB. DIE NEUE „VERORDNUNG ÜBER DIE PRODUKTION UND DAS INVERKEHRBRINGEN VON SAATGUT UND SONSTIGEM PFLANZENVERMEHRUNGSMATERIAL“ (SAMEN, SAATKARTOFFEL, EDELREISER USW.) KÖNNTE NACH HEUTIGEM STAND DRASTISCHE VERSCHLECHTERUNGEN FÜR DIE BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT BRINGEN. _„DIE AGRAR-LOBBY EUROSEEDS VERSUCHT IN LETZTER MINUTE DAS NEUE SAATGUTRECHT ZU VERSCHLECHTERN. FÜR BÄUER:INNEN UND GÄRTNER:INNEN KÖNNTE ES IN ZUKUNFT PRAKTISCH KEINE ALTERNATIVE ZUM GROSSKONZERN-SAATGUT MEHR GEBEN“_, WARNT MAGDALENA PRIELER, SAATGUTRECHTS-EXPERTIN VON ARCHE NOAH. SCHON HEUTE KONTROLLIEREN NUR MEHR VIER KONZERNE 51% DES GLOBALEN SAATGUTMARKTS. DIESELBEN VIER KONZERNE VERKAUFEN AUCH 62% DER AGRO-CHEMIKALIEN WELTWEIT. 

In einem Brief an alle EU-Abgeordneten fordert die Industrie-Lobby Euroseeds, die unter anderem die vier marktbeherrschenden Agrar-Konzerne vertritt, 31 neue Änderungen. Die Industrie-Vertreter:innen wollen es u. a. Bäuer:innen untersagen, Vermehrungsmaterial wie Knollen, Knoblauch oder Beerensträucher unter einander zu tauschen oder auf wertvolle alte Sorten aus Sammlungen oder Genbanken zurückzugreifen. Öffentliche Initiativen wie Saatgutbibliotheken würden in die Illegalität abgedrängt. Die Einfuhr von alten Sorten oder Saatgut für Haus-Gärtner:innen z.B. aus der Schweiz und Großbritannien wäre nach den Wünschen von Euroseeds verboten, selbst wenn das Saatgut die EU-Vorschriften erfüllt! _„Der Industrie-Angriff auf die Vielfalt ist haarsträubend. Laut Euroseeds müssten sogar Bäuer:innen, die Saatgut in Kleinstmengen mit ihren Nachbar:innen tauschen, dieselben bürokratischen Vorschriften erfüllen wie globale Konzerne,“_ so Prieler. _„Argumentiert wird dabei oft fälschlicherweise mit der Pflanzengesundheit – obwohl diese in einem eigenen Rechtsakt, der Pflanzengesundheits-Verordnung, geregelt ist und unabhängig von den saatgutrechtlichen Bestimmungen einzuhalten ist“,_ stellt Prieler klar. 

Tatsächlich haben die Fraktionen im EU-Parlament für die Abstimmung in Straßburg 40 neue Änderungsanträge eingebracht – etwa die Hälfte davon spiegelt direkt die Wünsche der Agrar-Lobby wieder. Für heute werden weitere Anträge erwartet. Mit diesen sollen, wenn es nach der Industrie-Lobby geht, Änderungen des federführenden Landwirtschafts-Ausschusses ausgehebelt werden.  

Am 19. März 2024 hat der Landwirtschafts-Ausschuss des EU-Parlaments über 300 Änderungen zum Vorschlag der EU-Kommission beschlossen. ARCHE NOAH begrüßte diesen Beschluss. _„Uns fehlt zwar der große Wurf, etwa Anreize für die Züchtung neuer Sorten, die ohne Pestizide und synthetische Düngemittel gedeihen, um Bäuer:innen neue Werkzeuge für einen nachhaltigen Anbau zu geben. Aber der Landwirtschafts-Ausschuss hat zumindest die größten Bedrohungen für die Vielfalt im Gesetzesvorschlag abgewendet,“_ erklärt Magdalena Prieler von ARCHE NOAH. Der Bericht des Landwirtschafts-Ausschusses sichert etwa die Arbeit von Genbanken ab, er ermöglicht Bäuer:nnen weiterhin Zugang zu alten Sorten und schützt Erhaltungsorganisationen, Betriebe, die Saatgut nur für Haus-Gärtner:innen produzieren, und Bäuer:innen, die Saatgut tauschen, vor neuer überbordender Bürokratie.  

Gemeinsam mit Erhaltungsorganisationen und lokalen Saatgut-Produzent:innen aus Europa wehrt sich ARCHE NOAH gegen diesen Angriff der Saatgut-Industrie auf die Kulturpflanzenvielfalt und das bäuerliche Recht auf Saatgut. _„Jede Bäuerin, jeder Gärtner und alle Bürger:innen haben das Recht, Pflanzen anzubauen und zu essen,  die abseits der Saatgut-Industrie erhalten und produziert wurden. Wir fordern die EU-Abgeordnete auf, dem Druck von Euroseeds nicht nachzugeben, sondern die Vielfalt zu schützen und zu fördern“,_ fasst Magdalena Prieler zusammen.

ARCHE NOAH, Gesellschaft zur Erhaltung und Verbreitung der Kulturpflanzenvielfalt

Axel Grunt
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Magdalena Prieler
Referentin für Saatgutpolitik
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