
2. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2024 (20)
Beratung der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Integration, Transparenz und Märkte
GRin Astrid Pany, BEd, MA (SPÖ) stellte in ihrer Rede das schulische Bildungssystem in den Mittelpunkt, das sie als ein Zusammenspiel vieler „Puzzleteile“ beschrieb. Sie betonte, dass es trotz parteipolitischer Unterschiede Überschneidungen mit anderen Fraktionen gebe, da man letztlich ein gemeinsames Ziel verfolge. Pany hob hervor, dass Wien auf den Zuzug geflüchteter Kinder und Jugendlicher aus der Ukraine rasch reagiert habe. So seien beispielsweise 132 neue Klassen geschaffen worden, und an 59 Schulstandorten seien umfangreiche Sanierungspakete umgesetzt worden. Der Anstieg der Schüler*innenzahl betrug in kurzer Zeit 3,6 %. Als konkretes Beispiel nannte Pany den Schulcampus in der Hinaysgasse, der im Jahr 2024 eröffnet wurde. Dort seien 17 neue Volksschulklassen, 16 neue Mittelschulklassen sowie Kindergartengruppen und Musikschulen untergebracht – allesamt ganztägig geführt. Insgesamt würden in Wien mittlerweile 151 Volksschulen, 56 Mittelschulen und 16 Schulzentren ganztägig geführt, sagte die SPÖ-Abgeordnete. Im Vergleich zu 2022 entspreche das einem Anstieg von 10,4 % bei der Anzahl der betreuten Schüler*innen. Diese Entwicklung sei laut Pany in dieser Form österreichweit einzigartig. Die Mandatarin betonte weiter, dass die ganztägige Schule nicht nur eine sinnvolle Kombination aus Pädagogik und Freizeit ermögliche, sondern auch soziale und finanzielle Entlastung bringe. Das warme Mittagessen sei dabei kostenlos, ebenso wie die Nachmittagsbetreuung, da diese verpflichtend bis 15.30 Uhr dauere. An der Hinaysgasse sei zudem ein Sportplatz errichtet worden, der auch von Anrainer*innen genutzt werden könne. Es sei gelungen, eine kindgerechte, qualitätsvolle Freizeitpädagogik umzusetzen, meinte Pany. Die Gemeinderätin verwies darauf, dass jede Schule individuelle Workshops mit externen Partnern buchen könne – auch dies ein Teil der Wiener Bildungsoffensive. In der Deutschförderung beschreite man neue Wege, indem man etwa das Sprachenlernen mit Ausflügen verbinde. Die kostenlosen Schulausflüge bedeuteten nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine administrative Entlastung für Eltern und Lehrkräfte. Zusätzlich würden in Wien seit Jahren auch die Unterrichtsmaterialien bezahlt. Auch der Ausbau von Schulassistent*innen an jedem Standort sowie die verbesserte Inklusion durch Integrationsassistenzkräfte seien sichtbare Fortschritte der vergangenen Jahre. Pany betonte, dass Wien auch Kinder aus anderen Bundesländern aufgenommen habe und sich zur Inklusion bekenne. Für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache habe man Sommerdeutschkurse sowie die Summer City Camps eingeführt. Auch im Bereich der psychologischen Betreuung für Kinder und Jugendliche seien wichtige Maßnahmen getroffen worden, so die SPÖ-Mandatarin. Abschließend rief sie dazu auf, die Bildungsleistungen der Stadt zu würdigen: „Feiern wir die Bildung in unserer Stadt“, erklärte Pany.
GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) zog in ihrer Rede eine kritische Bilanz zur Integrationspolitik der letzten fünf Jahre. Ihrer Ansicht nach sei in diesem Zeitraum wenig erreicht worden. Nun sei es an der Zeit „reinen Tisch zu machen“ und sich weiterhin konstruktiv in die kommenden Jahre einzubringen. Dass im aktuellen Regierungsprogramm ein Integrationskodex vorgesehen sei, begrüßte sie ausdrücklich. Hungerländer wies darauf hin, dass sich seit 2015 die Form der Zuwanderung massiv verändert habe. Die Integrationspolitik habe darauf jedoch bisher nicht angemessen reagiert, kritisierte sie. Umso wichtiger sei es, dass das Thema nun Eingang in das Programm gefunden habe. Die ÖVP-Mandatarin betonte, dass es entscheidend sei, klare Regeln zu definieren und auch durchzusetzen: Die Frage müsse lauten, „nach wessen Regeln wir leben und wie wir sie durchsetzen“. Für den bevorstehenden Erstellungsprozess eines Integrationskodex forderte sie, dass am Ende auch tatsächlich das umgesetzt werde, was beschlossen wurde. Die Zeit verlange nach einer konsequenten und zielgerichteten Vorgehensweise. Niederschwellige, partizipative Prozesse reichten allein nicht aus – sie dürften sich nicht nur auf stadtnahen Vereine oder ausgewählte Expert*innen beschränken. Wenn der Anspruch sei, für alle Menschen zu sprechen, müssten tatsächlich auch alle eingebunden werden inklusive konservativer Stimmen, rechter Positionen sowie geflüchteter Menschen, sagte Hungerländer. Sie forderte auc, jegliche Naivität gegenüber jenen Kräften abzulegen, die eine freie Gesellschaft ablehnen. Es brauche so etwas wie eine „geistige Landesverteidigung“. Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass die Gegner liberaler Gesellschaften gut organisiert und strategisch langfristig agierend seien. Dass das Thema „politischer Islam“ im Regierungsprogramm nicht vorkomme, kritisierte Hungerländer scharf. Dieses Thema gehöre ihrer Ansicht nach zwingend in ein solches Papier. Auch die mangelnde Durchsetzung bestehender Regeln in der Vergangenheit sei ein Problem gewesen. Dabei verwies die Gemeinderätin auf Bandenkriege, die letztlich von sogenannten Friedensrichtern und nicht durch staatliche Institutionen befriedet worden seien. Das werfe die Frage auf, wo die staatliche Autorität geblieben sei. Wenn dieser Zustand zunehme, müsse man entschlossen gegensteuern. Darüber hinaus warnte sie vor zunehmendem ausländischen Einfluss auf bestimmte Gruppierungen in Wien. Es gebe Organisationen, die unter direkter Kontrolle ausländischer Regierungen stünden, das müsse ernst genommen werden. Hungerländer vermisste außerdem die Aufnahme eines Integrationsgesetzes in das Koalitionsabkommen, obwohl dieses im NEOS-Wahlprogramm enthalten gewesen sei. Solche gesetzlichen Regelungen, inklusive klarer Sanktionen, seien notwendig: „Für Beschäftigungstherapie ist es im Integrationsbereich zu spät“, sagte sie. Den jährlich geplanten Integrationsbericht beurteilte Hungerländer grundsätzlich positiv. Wichtig sei es aus ihrer Sicht, Segregation aktiv entgegenzuwirken. In der ÖVP habe man sich intensiv Gedanken gemacht, wie man Segregation sichtbar machen und messen könne – es sei gelungen, diese sichtbar zu machen, nun müsse man konsequent handeln. Sie sprach von einer bedenklichen Tendenz, dass immer mehr österreichische Staatsbürger*innen aus Wien wegziehen. Man dürfe keine Gesellschaft zulassen, die sich entlang von Religion, Herkunft oder Einkommen spalte. Im Hinblick auf das Kapitel LGBTIQ+ im Regierungsprogramm zeigte sich Hungerländer ebenfalls kritisch. Es sei aus ihrer Sicht problematisch, wenn man aktivistischen Vereinen Geld gebe und sich dann einseitig von diesen beraten lasse. Für eine sachlich-wissenschaftliche Diskussion müssten beide Seiten zu Wort kommen. Nur dann könne man eine ernsthafte Evaluation durchführen. Sie forderte die Verantwortlichen auf, auch kritische Stimmen zuzulassen, bevor irgendwelche Maßnahmen getroffen würden.
GR Mag. Lukas Burian (NEOS) betonte in seiner Rede, dass sich die Realität gewandelt habe und Schule heute deutlich mehr leisten müsse als früher. Aus diesem Grund seien multiprofessionelle Teams wichtiger denn je. Das gelte laut Burian nicht nur innerhalb der Schule, sondern auch in ihrem Umfeld. Die Herausforderungen seien vielfältig, ebenso wie die Möglichkeiten, doch auch der Druck auf junge Menschen und das System sei massiv gestiegen. Burian unterstrich deshalb die Notwendigkeit, Orte der Entfaltung und Teilhabe außerhalb der Schule zu schaffen. Die Stadt Wien leiste hier mit Angeboten wie den geförderten Jugendvereinen, dem Programm wienXtra sowie zahlreichen Jugendzentren einen wichtigen Beitrag. Besonders hob der NEOS-Abgeordnete die sogenannte Kinder- und Jugendmillion hervor, die ein „klares Bekenntnis“ der Stadt zur Mitgestaltung darstelle. Damit würden Kinder und Jugendliche nicht nur als Zielgruppe wahrgenommen, sondern bekämen auch die Möglichkeit, bei Entscheidungen „mit am Tisch zu sitzen“.Gerade in Krisenzeiten dürfe man nicht darauf verzichten, junge Menschen mitbestimmen zu lassen. Sie seien nicht nur die Zukunft, sondern auch die Gegenwart, so Burian. Um die Demokratie lebendig zu halten, sei es entscheidend, der Jugend das nötige „Werkzeug und Rüstzeug“ zu geben, damit sie ihre eigene Meinung bilden und vertreten könne. Dafür brauche es gezielte Investitionen. Die Jugend habe klare Werte, etwa in den Bereichen Klimaschutz, psychische Gesundheit und persönliche Freiheit. Burian stellte weiters klar, dass sich die Stadtregierung in diesen Bereichen ihrer Verantwortung nicht entzogen habe. Als eine der tragenden Säulen nannte der Gemeinderat die MA 11, die er auch aus persönlicher Erfahrung kenne. Sie sei weit mehr als nur eine Verwaltungseinrichtung – sie bilde ein tragendes Sicherheitsnetz für Kinder, die gefährdet seien. Die Mitarbeiter*innen dort stünden unter großem Druck, arbeiteten aber mit dem Ziel, Kindern wieder Vertrauen und Stabilität zurückzugeben. Auch präventiv sei die MA 11 eine wichtige Anlaufstelle. Er freue sich auf die kommenden Jahre und betonte, wie wichtig eine Stadt sei, die gezielt und fair in die Startbedingungen der Jugend investiere. Das zahle sich langfristig aus, so seine Überzeugung. Abschließend lud er alle Fraktionen ein, gemeinsam an dieser Gestaltung.
GR Felix Stadler, BSc, MA (GRÜNE) übte in seiner Rede deutliche Kritik an der aktuellen Bildungspolitik in Wien. Er pflichtete seiner Vorrednerin von der ÖVP, GRin Olischar, bei und stellte fest, dass das seiner Ansicht nach „offensichtliche Desinteresse der SPÖ“ auch im Bildungsbereich weiterhin spürbar sei. Trotz Rekordausgaben seien keine nennenswerten Verbesserungen erzielt worden. Vielmehr würden die Baustellen, Herausforderungen und Probleme im Bildungsbereich immer größer – für Stadler eine „Blamage für die Bildungspartei NEOS“. Der grüne Abgeordnete stellte klar, dass ein höheres Budget allein kein Garant für Erfolg sei. Ziel müsse es sein, dass Kinder am Ende ihrer Bildungszeit bessere Chancen hätten, gerne in die Schule gingen und Pädagog*innen ihre Arbeit mit Freude verrichten könnten. Er zeigte sich verwundert darüber, dass ausgerechnet eine liberale Partei wie die NEOS, die sich sonst stets für Effizienz im Staat einsetze, in diesem Bereich keine klare Linie zeige. Die Vorgehensweise widerspreche nach seiner Auffassung den eigenen Grundwerten der Partei. Beim großen Teil der Budgeterhöhung im Bildungsbereich sei laut Stadler eine tatsächliche Leistungssteigerung nicht abzuleiten. Ein positives Beispiel nannte Stadler dennoch: den Ausbau der Ganztagsschulen, den er grundsätzlich begrüßte. Gleichzeitig widersprach er der Aussage, dass die Nachmittagsbetreuung in Wien grundsätzlich kostenlos sei. Diese Darstellung stimme so nicht, betonte er, auch mit dem Hinweis auf seine eigene Tätigkeit an einer Schule. Die derzeitige Lage im Bildungssystem bezeichnete Stadler als „so schlecht wie nie zuvor“. Wenn das, was im Rechnungsabschluss zu sehen sei, tatsächlich das Maximum darstelle, das die NEOS in den letzten Jahren herausholen konnten, bereite ihm das große Sorgen für die kommenden fünf Jahre. Der Mandatar der Grünen ärgere sich darüber, dass Angebote wie die „Wiener Bildungschancen“ teilweise auf einen einzigen Workshop an einem Vormittag beschränkt seien. Eine Schulsozialarbeiterin oder eine Assistenzkraft, die ganztägig vor Ort sei, wäre aus seiner Sicht weitaus hilfreicher. Ebenso forderte er, die Bürokratie in der MA 56 oder in der Bildungsdirektion auf ein Minimum zu reduzieren. (Forts.) kri
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