3. Wiener Landtag (3)

Aktuelle Stunde

LAbg. Michael Stumpf, BA (FPÖ) bemerkte, er sei als fremdsprachiges Kind in den Kindergarten gekommen. Seine Eltern seien aus einer deutschen Minderheit aus Ungarn, zu Hause habe man nur Ungarisch geredet. Er habe so schnell Deutsch gelernt, „weil ich das einzige fremdsprachige Kind in meinem Umfeld war“, meinte Stumpf. Wenn es „zu viele Fremdsprachige“ seien, könne „Integration nicht funktionieren“. Wenn Wien eine Brücke sei, „dann die Reichsbrücke“, so Stumpf. Auch wenn Hinweise gebe, „es werden keine Maßnahmen ergriffen, um den drohenden Einsturz zu stoppen“. Er forderte „echte“ Deutschförderklassen, genug Lehrkräfte und dass die Zahl an außerordentlichen Schüler*innen nicht zu hoch werde. Sonst befürchte er „Stillstand und Chaos“ in den Klassen und Kindergärten, so Stumpf. Jede*r fünfte Volksschüler*in Wien sei als außerordentlich eingestuft, diese Schüler*innen hätten dann Schwierigkeiten, im Unterricht mitzukommen. Stumpf kritisierte, die Stadtregierung habe „weggeschaut“. Als Lösungsansätze schlug er Deutschkurse vor dem Schuleintritt, verpflichtende Kurse mit Anwesenheitspflicht, fixe Wochenstunden und regelmäßige Tests vor – und dann erst den Einstieg in die Regelklasse. „Förderklassen sollen kein Dauerparkplatz, sondern eine Beschleunigungsspur für die Kinder sein“, so Stumpf. Man müsse das Personal „radikal aufstocken“, er wünschte sich eine Sprachförderplanstelle. Es brauche „Integration ohne Ausreden“, forderte Stumpf.

LAbg. Safak Akcay (SPÖ) entgegnete, Sprache sei „weit mehr als ein Kommunikationsmittel, ist ein Schlüssel, der Türen zur Bildung, zur Teilhabe und zur Chancengerechtigkeit in unserer Gesellschaft öffnet“. Wer die Sprache beherrsche, habe bessere Chancen in der Schule, im Beruf und im gesellschaftlichen Leben, wer sie nicht beherrsche, bleibe ausgeschlossen. Daher setze man im Regierungsübereinkommen einen starken Schwerpunkt auf Sprachförderung – von Anfang an. Dieser ende nicht mit der Schule. Daher baue man die Sprachangebote für Erwachsene weiter aus. Dazu gehöre das Nachholen des Pflichtschulabschlusses und niederschwellige Formate wie Sprachcafés, Konversationskurse oder „Deutsch im Park.“ „Sprache wächst im Miteinander“, meinte Akcay. Daher werde man erfolgreiche Projekte wie „Mama lernt Deutsch“ weiter ausbauen. Menschen mit Migrationsgeschichte seien „wichtige Vorbilder“ und Multiplikator*innen, die neu Zugezogene auf Augenhöhe auf ihrem Weg in die Gesellschaft unterstützen. Man müsse aufhören, die Muttersprache von Kindern schlecht zu reden. „Mehrsprachigkeit ist keine Schwäche, sie stärkt. Wer seine Erstsprache beherrscht, lernt auch Deutsch schneller und besser“, so Akcay. Daher brauche es Förderung in beiden Sprachen – der Erstsprache und Deutsch. „Sprache darf keine Barriere sein, sie soll Türen öffnen – zu Bildung, zu Arbeit, zu einem selbstbestimmten Leben“, schloss Akcay. Und: „Sprache schenkt uns eine gemeinsame Stimme. Daher lassen wir niemanden stumm bleiben in dieser Stadt.“

TAGESORDNUNG: BERICHT DER WIENER PFLEGE- UND PATIENT*INNENANWALTSCHAFT ÜBER IHRE TÄTIGKEIT IM JAHR 2024

LAbg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP) sprach dem Team rund um den Leiter der Wiener Pflege- und Patient*innenanwaltschaft Dr. Gerhard Jelinek seinen großen Dank für die hervorragende Arbeit aus. Es würde „jährlich die Spitze des Eisberges aufzeigen“. Das „Bashing“ gegen Gastpatientinnen und -patienten aus anderen Bundesländern kritisierte Gorlitzer besonders. Viele würden „die meiste Zeit ihres Lebens in Wien verbringen. 23 Prozent der Beschäftigten in Wien sind aus Niederösterreich“. Der Lebensmittelpunkt sei in Wien, da sei es verständlich, wenn man Besuche bei Ärzt*innen auch hier erledigen wolle. Es sei nicht erklärbar, „dass eine Krankenschwester arbeitet, aber eine Wohnung in Stockerau hat oder ein IT-Techniker, der in Purkersdorf lebt und in Wien arbeitet“ von der medizinischen Versorgung ausgeschlossen werden solle. Das Gesundheitssystem stehe „enorm unter Druck“. Es gebe „Pflegemangel, gesperrte Betten, lange Wartezeiten, verschobene OPs, fehlende Fachärztinnen und Fachärzte“, zählte Gorlitzer auf. Er vermutete ein „Ablenkungsmanöver“, wenn dies etwa auf die Privatärzt*innen geschoben werde. Im Bericht der Pflege- und Patient*innenanwaltschaft stehe, die Ablehnung von Gastpatient*innen wäre wohl vermeidbar, wenn die drei betroffenen Bundesländer der Ostregion eine Vereinbarung über eine gemeinsame Planungsfinanzierung schließen würden, zitierte Gorlitzer. Er kritisierte „unterschiedliche Wartelisten für unterschiedliche Postleitzahlen“. Die Bundesländer Niederösterreich und Burgenland würden diesbezüglich rechtliche Schritte prüfen. Es müsse eine „Vereinbarung durch ein allseits akzeptiertes Kostenabrechnungssystem ergänzt werden, das eine nachträgliche Korrektur der vereinbarten Ausgleichszahlungen ermöglicht“, zitierte Gorlitzer den Bericht. Er begrüßte den aktuellen Vorstoß von Bürgermeister Michael Ludwig für eine gemeinsame „Gesundheitsregion Ost“. Geld würde „am Bett, in der Pflege und in den Ambulanzen“ gebraucht, so Gorlitzer. Es sei ohne Privatversicherung kaum möglich, „eine adäquate Gesundheitsversorgung zu finden“, kritisierte Gorlitzer. Die ÖVP fordere einen „Schluss der Bettensperren“, eine Attraktivierung der Arbeitsbedingungen für Ärzt*innen und Pflegekräfte, eine „echte Patient*innenorientierung“ und den Ausbau von psychiatrischer Versorgung. Der Bericht der Pflege- und Patient*innenanwaltschaft sei „ein Hilfeschrei, der nicht ungehört verhallen“ dürfe. Gorlitzer wünschte sich „eine echte Wende im Gesundheitssystem“.

LAbg. Jing Hu, BA, MPharm (NEOS) schloss ebenfalls mit Dank an die Pflege- und Patient*innenanwaltschaft an. Der Bericht zeige, wo es Verbesserungsbedarf gebe, und dass man in wichtigen Bereichen „vor großen Herausforderungen“ stehe. Die Kinder- und Jugendgesundheit liege ihr besonders am Herzen. Der Bericht halte fest, dass es hier und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Versorgungslücken und lange Wartezeiten gebe. Mit Projekten wie den „School Nurses“ und der Erweiterung der Kinder-Primärversorgungseinheiten habe man bereits für Verbesserungen für Kinder und Jugendliche gesorgt. „Fridolina“, ein neues stationäres Pflegeangebot für chronisch erkrankte Kinder, sei ebenfalls geschaffen worden. Man wolle die Kinder- und Jugend-PVEs flächendeckend ausbauen, „damit jedes Kind in Wien schnell versorgt werden kann“, so Hu. Kinder und Jugendliche von 14 bis 25 Jahren sollen eine bessere psychiatrische Versorgung bekommen, so Hu. Die „School Nurses“ würden dafür sorgen, dass es an Wiener Schulstandorten mehr Gesundheitsförderung gibt. Das flächendeckende Ausrollen sei das Ziel, so Hu. Eltern, Pädagog*innen, Ärzt*innen und Menschen im Gesundheitssystem sollen entlastet werden. „Große Reformen entlasten die Spitäler“, kündigte Hu an. Ein zentrales Element der Gesundheitsversorgung seien gut ausgebildete Fachkräfte. Der Bericht zeige, dass es hier Engpässe gebe. Man stehe vor der Herausforderung einer großen Pensionierungswelle. Man habe bereits „eine große Ausbildungsoffensive für Ärzt*innen und Pflegepersonal mit mehr als 2.700 Plätzen aufgestockt“. Diese Ausbildungswelle solle ausgebaut, auf Aus- und Weiterbildung gesetzt werden. Eine KI- und Digitalisierungsoffensive zur Unterstützung der Bürokratie und in der Diagnose sei geplant. Digitale Serviceangebote sollen ausgebaut werden, außerdem solle eine Gesundheitsplattform „Wien Gesund“ mit Terminbuchungstools geschaffen werden. „Bis 2030 sollen mehr als 100 dezentrale Gesundheitseinrichtungen in unserer Stadt etabliert werden“, so Hu.

LAbg. Mag. Barbara Huemer (GRÜNE) bedankte sich ebenfalls bei der „unverzichtbaren Stimme, wenn es um Patient*innen geht“. Missstände, Lücken im System würden sichtbar gemacht. „Dramatische Einzelschicksale“, die die „Folge von strukturellen Problemen“ seien, würden aufgedeckt. „Menschen mit E-Card müssen Monate oder bis zu einem Jahr auf Behandlungen warten“, mit Privatversicherung bekomme man schneller einen Termin, kritisierte Huemer eine „Zwei-Klassen-Medizin“. Das sei im Bericht nachzulesen. Es sei „eine Bankrotterklärung, dass die E-Card hinter der Kreditkarte steht“, so Huemer. Man müsse „alles tun, damit sich die Entwicklung umkehrt“. Die Grünen fordern eine „Behandlungsgarantie“, dass Menschen, die medizinische Versorgung brauchen, innerhalb von 14 Tagen einen Termin bekommen. Das Thema einer „Versorgungsregion Ost“ müsse man „wirklich angehen“. Auch Gesundheitsökonom*innen würden das mittlerweile fordern. Man brauche eine „patient*innenorientierte Versorgung“, so Huemer. Es brauche den Ausbau der Primärversorgungszentren, „Community Nurses“ und viel mehr spezialisierte Ambulatorien. Beim Personal dürfe nicht gespart werden, man müsse Gesundheitsberufe aufwerten und fair bezahlen, forderte Huemer. Man habe einen Mangel bei der Pflege und müsse „an der Schraube der Arbeitsbedingungen drehen“. Eine durchschnittliche Verweildauer von zehn Jahren im Beruf sei ein Zeichen, dass „an Verbesserungen gearbeitet werden“ müsse. Auf einen kinderpsychiatrischen Ersttermin warte man viel zu lang, führte Huemer aus. Im Bericht sei davon die Rede, dass Kinder mit Autismus zum Teil von Stellen abgewiesen werden müssten, weil die Kapazitäten fehlen. „Vier Fünftel bleiben ohne Unterstützung, die Zentren für Entwicklungsförderung sind am Limit“, so Huemer. Das sei inakzeptabel. Es müsse klar sein, „dass Kinder die Behandlung unabhängig vom Geldbörserl der Eltern bekommen“, forderte Huemer. Im Bericht würden auch negative Geburtserfahrungen thematisiert, Huemer forderte mehr Hebammenbetreuung bei der Geburt. Das „Chaos“ rund um die Schließung des Lorenz-Böhler-Krankenhauses werde im Bericht ebenfalls angesprochen – dadurch habe es eine „Mehrbelastung in anderen Spitälern“ gegeben. Auch bei Long-Covid-Ambulanzen warte man auf entsprechende Versorgungsstrukturen. Psychotherapie auf Krankenschein werde laut unzureichend zur Verfügung gestellt, zitierte Huemer den Bericht. Auch das Thema Hitze werde aufgegriffen – in einer Dialyseeinrichtung gebe es etwa mehr als 30 Grad. Hitze und Gesundheit müsse man mehr in den Fokus rücken, so Huemer. Der Bericht sei „ein Weckruf“. Es sei eine Frage der Demokratie und der sozialen Gerechtigkeit, der Solidarität, die öffentliche Gesundheitsversorgung zu verbessern, schloss Huemer.

LAbg. Angela Schütz, MA (FPÖ) schloss an, es müsse sich „dringend etwas ändern“. Zu wenige Fachärzte und -ärztinnen, überlange Wartezeiten und ein „massives Problem mit der zukünftigen Finanzierung des Gesundheitswesens“, zeige der Bericht auf. Personalmangel, Wartezeiten von mehr als einem Jahr auf geplante Operationen sowie „ein Einzementieren in Zwei-Klassen-Medizin“ verursache einen „unhaltbaren Zustand“ – gerade für Patient und Patientinnen, die etwa auf einen Strahlentherapie-Platz oder einen OP-Termin warten würden. Viele Operationstermine würden immer wieder verschoben. Daraus würden Folgeerscheinungen entstehen, aber auch „Stress und Frustration“. Das sei „einem sozialen System, wie wir es in Wien haben, nicht würdig“, so Schütz. Dazu kämen „noch einmal lange Wartezeiten, um einen Befund besprechen zu können.“ Es gebe „einen massiven Mangel an Personalressourcen für die Langzeitpflege“, auch das zeige der Bericht, ergänzte Schütz. Man brauche „eine umfassende Personaloffensive im ärztlichen und pflegerischen Bereich“, forderte Schütz, eine faire Entlohnung, um mehr Personal zu finden, einen Gesundheitsplan für die gesamte Ostregion. Man müsse sicherstellen, dass im Gesundheitssystem künftig nicht gespart werde. Es müsse einen „bundesweiten Gesamtvertrag für Kassenleistungen geben, um den niedergelassenen Bereich zu stärken“, forderte Schütz, die mit Dank an die Wiener Pflege- und Patient*innenanwaltschaft schloss. (Forts.) mag

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