5. Wiener Gemeinderat (11)

Sachkreditgenehmigung für das Jugendcollege Wien – Bekämpfung von Armut und Förderung der aktiven Inklusion

GRin Mag. Stefanie Vasold (SPÖ) zeigte sich über die Aussagen ihres direkten Vorredners „fassungslos“. Mit dem Jugendcollege werde gezeigt, „wie aktive Arbeitsmarktpolitik funktioniert“. Nicht nur die Jugendlichen selbst würden vom Jugendcollege profitieren, sondern auch das Sozialsystem und die Wiener Wirtschaft, die dringend nach ausgebildeten Fachkräften suche. Die Investition lohne sich langfristig, aber auch unmittelbar durch die Einsparungen etwa der Mindestsicherung. „Im besten Fall ist die Maßnahme ausgabenseitig neutral“, sagte Vasold. Das Projekt werde evaluiert, kündigte Vasold an.

GR Michael Stumpf, BA (FPÖ) warf seiner Vorrednerin und ihrer Partei vor, „dass Sie Österreicher als Menschen zweiter Klasse betrachten“. Der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) würde die Zertifikate den Jugendlichen im Gegensatz zur Stadt Wien nicht hinterherwerfen, behauptete Stumpf. In Wien würden mehr als 60 Prozent der Erstklässler in Wien nicht Deutsch sprechen, trotzdem habe die Stadtregierung bereitliegende Mittel vom Bund nicht abgerufen; dazu brachte Stumpf einen Antrag ein. Ein weiterer eingebrachter Antrag fordert, dass Dokumente ausschließlich in Deutsch und Englisch aufgelegt werden. Außerdem gab es Anträge für ein Sicherheitskonzept in Summer City Camps, „keine Gemeindebauwohnungen für Flüchtlinge“ und zur Beendigung der „Bildungsmisere. „Solange Gemeindebauwohnungen für Flüchtlinge bereitgestellt werden, solange sprechen wir über eine Benachteiligung von einheimischen Jugendlichen“, kündigte Stumpf an.

GR Theodor Felix Löcker (GRÜNE) meldete sich kurz zu Wort und meinte, dass das Projekt gut, sinnvoll und unterstützenswert sei.

Abstimmung: Die Sachkreditgenehmigung für das Jugendcollege Wien wurde mehrstimmigangenommen. Sechs Anträge der Opposition fanden keine erforderliche Mehrheit.

DRINGLICHE ANFRAGE

Die ÖVP hatte eine Dringliche Anfrage an Finanzstadträtin Barbara Novak betreffend „Ausgabenseitige Konsolidierung des Budgets“ gestellt.

Zur Begründung der Dringlichen Anfrage trat GR Harald Zierfuß (ÖVP) vor den Gemeinderat. Er stellte die Frage, wo das Budget strukturell saniert werde und was mit den Schulden von 3,8 Milliarden Euro passiere. Das Budget der Stadt sei in den vergangenen Jahren in eine massive Schieflage geraten. 2024 erreichte die Nettoneuverschuldung mit 1,77 Milliarden Euro einen Höchststand. Der Schuldenstand habe sich damit in der Ära der SPÖ-NEOS-Koalition nahezu verdoppelt – „das ist kein Grund zur Freude, vor allem für junge Leute“. Die 500 Millionen Euro, die eingespart werden sollen, „sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte Zierfuß. Die Anfrage drehe sich um drei Aspekte: Welche Förderungen werden evaluiert und eingespart, welche Gebühren werden erhöht, und was sind die konkreten Einsparungsschritte in der Struktur?

StRin Barbara Novak, MA (SPÖ) begann die Beantwortung damit, dass sie direkt aus Stabilitätspaktverhandlungen im Finanzministerium käme, die die Verteilung des gesamtstaatlichen Defizits zum Thema hatten. Eine Einigung darüber habe es nicht gegeben, „da wird es wohl noch einige Diskussionsrunden benötigen, da hinter jeder Zahl eine Leistung der jeweiligen Gebietskörperschaft steht“. Das gesamte Konsolidierungsziel für den Voranschlag 2026 sei noch nicht zu beziffern, da noch unklar sei, welche Ertragsanteile die Gemeinden, Städte und Länder im kommenden Jahr erhalten würden. Außerdem sei noch vollkommen unklar, unter welchen Rahmenbedingungen sich die Zinsen oder die Personalkosten im öffentlichen Dienst entwickeln würden. Novak kündigte an, dass das Ziel von 500 Millionen Euro Einsparungen im Jahr 2025 erreicht werden könne, genaueres würden die Zahlen aus dem dritten Quartal ergeben. Die Maßnahmen wie etwa Kürzungen in Förderverträgen oder im Baubereich, Maßnahmen bei der Sanierungsförderung würden nicht für neue Projekte, sondern zum Defizitabbau verwendet werden, sagte Novak. Auch bestätigte Novak, dass der Konsolidierungspfad zu zwei Dritteln ausgabenseitig beschritten werde und zu einem Drittel einnahmenseitig. Abgaben würden einer ständigen Valorisierung unterliegen, konkrete Maßnahmen, die über die Valorisierung hinausgehen würden, seien derzeit nicht geplant. Konkrete Maßnahmen betreffend Bauprojekte, die Abgeltung von Überstunden in Freizeit oder mögliche Konsolidierungsbeiträge städtischer Unternehmen würden umgesetzt. Die Bezirksvorsteher*innen seien von ihr persönlich über das „Einfrieren“ der Bezirksbudgets vor dem Schreiben des Magistrats informiert worden. Damit sei es möglich gewesen, rechtzeitig Änderungen im Budgetsystem vorzunehmen. Die vorgesehenen Maßnahmen würden nach den rechtlichen Vorgaben erfolgen und in den zuständigen Gremien der Stadt debattiert werden.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) gab Stadträtin Novak insofern recht, als diese „Causa prima“ nicht nur Wien betreffen würde, sondern ebenfalls viele Kommunen, Länder und „ganz Mitteleuropa“. In Zeiten multipler Krisen wie der Covid-Pandemie, dem Überfall Russlands auf die Ukraine oder der damit zusammenhängenden Energiekrise sei die Inflation in ganz Europa stark gestiegen. Durch die Schulden habe Wien nun keine Spielräume mehr, dadurch könnten die gewohnten Leistungen der Stadt aufs Spiel gesetzt werden, befürchtete Juraczka. Er finde es „gut“, dass das Sparziel von 500 Millionen Euro zu zwei Dritteln ausgabenseitig erfolgen solle. Juraczka äußerte die Hoffnung, dass in dieser Legislaturperiode noch ein Nulldefizit zustande käme. „Das Geld ist nicht geschenkt, der Schuldendienst der Stadt ist immerhin in einer Höhe einer dreistelligen Summe“, beklagte Juraczka. Die von der Stadt bereits angekündigten Tariferhöhungen würden rund 240 Millionen Euro in die Stadtkasse spülen, „doch der Schuldenstand beträgt 3,3 Milliarden Euro“, rechnete Juraczka vor. Er hoffe, dass Stadträtin Novak neue Wege beschreiten werde, um Einsparungen im Magistrat umzusetzen. Nach seiner Ansicht sei es „absurd“, dass Wien, Niederösterreich und das Burgenland über die Spitalsfinanzierung diskutieren und damit die Patient*innen „belästigen, das sollen die drei sozialdemokratischen Landesräte untereinander ausmachen“. In Wien solle der Standort gestärkt, der Arbeitsmarkt stimuliert und wirklich im System gespart werden, verlangte Juraczka von Stadträtin Novak.

GRin Dr. Maria In der Maur-Koenne (NEOS) betonte, eine ausgewogene Budgetpolitik sei die Voraussetzung, um die öffentlichen Finanzen abzusichern und Handlungsspielräume für kommenden Generationen zu schaffen. Da der Budgetvoranschlag derzeit gerade verhandelt werde, sei es für sie selbstverständlich, dass von laufenden Verhandlungen nicht berichtet werde. Sie freue sich aber auf eine konkrete Diskussion, sobald der Voranschlag vorliege. Mögliche Kürzungen oder Anpassungen sollen nicht mit der Gießkanne, sondern sozial gerecht erfolgen. Die Schritte auf der Einnahmenseite seien zwar notwendig, doch der Schwerpunkt der Konsolidierung würde auf der Ausgabenseite liegen. Damit sei sichergestellt, „dass die Stadt finanziell gesund bleibt und die Bürgerinnen und Bürger sich weiterhin auf die Leistungen der Stadt verlassen können“, so die Mandatarin. „Wir arbeiten seriös und verlässlich für die Wienerinnen und Wiener und für eine Stadt, die auch in Zukunft stark und handlungsfähig ist“, schloss In der Maur-Koenne.

GRin Theresa Schneckenreither, MSc (GRÜNE) blickte zu Beginn ihrer Wortmeldung auf die Gemeinderatssitzung vom vergangenen Montag zurück, in der sie gefordert habe, dass die Budgetkonsolidierung nicht auf Kosten der Schwächsten und des Klimaschutzes erfolge, sondern faire Beiträge bei Vermögen oder sehr hohen Einkommen einhebt. Daraufhin sei ihr seitens der ÖVP die Anfachung einer Neiddebatte vorgeworfen worden, „die armen Reichen können einem fast leidtun“. Aber die Stadt Wien könne auf ihrer Ebene sehr wohl bei Vermögenden Geld holen, etwa durch eine Leerstands- oder Widmungsabgabe. Es sei in ihren Augen moralisch verwerflich und nicht schlau, den Ärmsten etwas wegzunehmen. Sie wundere sich darüber, dass die ÖVP sich so vehement gegen die Umverteilung in der Gesellschaft sträuben würde, „denn ohne faire Umverteilung funktioniert unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft nicht“. Zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass der Neoliberalismus nicht funktioniere. Budgetdiskussionen würden sich stets darum drehen, „wer etwas hergeben muss und wer mehr bekommt“. Bei ÖVP und FPÖ drehe sich die Diskussion stets darum, den Ärmsten den letzten Cent aus der Tasche zu ziehen“, sagte Schneckenreither. Ausgabenseitig zu sparen, bedeute in Wien, dass im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich gekürzt werde, meinte Schneckenreither. Von diesen Leistungen würde aber die gesamte Gesellschaft profitieren, vor allem aber die Reichen, die von einer intakten Gesellschaft und der Umverteilung am meisten profitieren würden. Das Budget dürfe nicht dadurch konsolidiert werden, dass die Schwächsten weiter geschwächt würden, sondern durch gerechte Verteilung und das Einbeziehen der Starken. „Am Ende geht es nicht nur ums Budget, sondern ums Fundament unserer Demokratie“, schloss Schneckenreither. (Forts.) nic

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