Pflege: Schock über Absage des Innovationsfonds 2026

Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe sehen notwendige Digitalisierung der Pflege und geforderte ELGA-Anbindung gefährdet

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG), in der die fünf gemeinnützigen Träger Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe zusammenarbeiten, zeigt sich über die UNERWARTETE UND KURZFRISTIGE ABSAGE DES FÜR 2026 ANGEKÜNDIGTEN INNOVATIONSFONDS DURCH DAS SOZIALMINISTERIUM massiv irritiert. Mit den Mitteln des Fonds in der Höhe von 50 MILLIONEN EURO sollte die dringend notwendige Digitalisierung der Pflege in Österreich und deren mit 2028 gesetzlich vorgesehene Anbindung an ELGA angeschoben werden, insbesondere in der ambulanten Versorgung. Die BAG erbringt rund zwei Drittel der Versorgungsleistung mit mobilen Pflegediensten in Österreich und unterstützt laufend rund 150.000 pflegebedürftige Menschen zu Hause.

„WIR SIND IN SCHOCKSTARRE!“

„Wir sind in Schockstarre“, sagt ELISABETH ANSELM, Geschäftsführerin des HILFSWERK Österreich und aktuell Vorsitzende der BAG. „Kurz vor dem Jahreswechsel, nämlich am FREITAG, DEN 19. DEZEMBER, hat uns am Nachmittag die für uns VÖLLIG UNERWARTETE NACHRICHT DES SOZIALMINISTERIUMS erreicht, dass die im Regierungsprogramm dezidiert angekündigten und im Finanzausgleich explizit bedeckten Mittel des Innovationsfonds 2026 nun doch nicht zur Verfügung stehen. Wir bräuchten diese in Aussicht gestellten Mittel aber wirklich dringend, um die Digitalisierung in der Pflege ernsthaft voranzutreiben. Es geht hier nicht nur um mehr Effizienz und eine wirksame Entlastung des ohnehin knappen und mit Bürokratie belasteten Pflegepersonals, sondern auch um unsere bevorstehende Anbindung an ELGA. Mit 2028 müssen wir technisch aufgestellt sein, um dieser neuen GESETZLICHEN VERPFLICHTUNG nachkommen zu können. Dazu müssen wir im Vorfeld auch für durchgängig digitalisierte Pflegedokumentationen sorgen. Aktuell dokumentiert der chronisch unterfinanzierte Sektor zumeist noch auf Papier“, erläutert Anselm.

VÖLLIG ÜBERRASCHENDE KEHRTWENDE

„Diese völlig überraschende Absage ist doppelt ärgerlich“, sagt GERRY FOITIK, Bundesrettungskommandant des Österreichischen ROTEN KREUZES. „Denn einerseits haben wir uns darauf eingestellt und vorbereitet, im Jahr 2026 mit Hilfe der Aussicht gestellten Mittel die notwendigen Schritte zur Digitalisierung der Pflegedokumentationen und zur Herstellung der geforderten ELGA-Readiness mit voller Kraft anzugehen und zügig voranzutreiben. Schließlich bleiben unsere Verpflichtungen betreffend ELGA trotz Absage der Finanzierung bestehen. Die Zeit, die wir durch eine Verlängerung der Frist im Oktober im Gesundheitstelematikgesetz gewonnen haben, verlieren wir jetzt durch diese nicht vorhersehbare Kehrtwende aber wieder, weil wir nicht starten können – statt ‚digital vor ambulant vor stationär‘ heißt es jetzt offenbar ‚hin und her statt digital‘. Das ist verheerend. Denn es braucht Geld und Zeit, um die Pflegedokumentationen flächendeckend zu digitalisieren und entsprechende Schnittstellen zu ELGA zu schaffen“, erläutert Foitik. Er ärgere sich auch darüber, sagt Foitik, dass das Ministerium es seinerseits bis heute nicht geschafft habe, die Fristen in der ELGA-Verordnung dem Gesetz folgend nachzuziehen: „Selbst braucht man für derartig simple Vorhaben Monate, uns aber raubt man wertvolle Zeit für die wirklich aufwendige Prozesse!“

KEIN SPIELRAUM FÜR DIGITALISIERUNG

ERICH FENNINGER, Direktor der VOLKSHILFE Österreich, weist auf eine finanzielle „Doppelmühle“ im Kontext hin: „Wir haben es angesichts des ALLGEMEINEN BUDGETDRUCKS und der MASSIVEN EINSPARUNGEN bereits jetzt mit realen Kürzungen in der Finanzierung unserer Kerndienstleistungen zu tun. Das führt teilweise schon heuer zu Schließungen von Einrichtungen und zur Reduktion von Angeboten, aber auch zu enormem Druck auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und die Perspektiven für 2026 sind nicht besser, im Gegenteil. Das spüren wir etwa auch bei den ungeheuer schwierigen Kollektivvertragsverhandlungen, die uns aktuell herausfordern. Vor diesem Hintergrund ist die Hiobsbotschaft von der Absage des Innovationsfonds für 2026 ein Desaster. Wir haben einfach keinen Spielraum für zusätzliche Projekte wie Digitalisierung und Innovation, obwohl wir sie dringend bräuchten, gerade, um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten“, sagt Fenninger. Der Sektor sei laut Fenninger ohnehin traditionell schlecht finanziert und stehe derzeit in einem Ausmaß unter Finanzierungsdruck, wie er es bisher noch nicht erlebt hätte.

FRISTGERECHTE ELGA-ANBINDUNG GEFÄHRDET

„Die geplante ANBINDUNG DER PFLEGEDIENSTE AN ELGA ist wirklich WICHTIG, um Schnittstellen zwischen Gesundheitswesen und Pflegesystem besser zu überbrücken“, ist ANNA PARR, Generalsekretärin der CARITAS Österreich überzeugt. Daher begrüße sie seitens der Caritas ebenso wie die anderen Träger der BAG die vorgesehene Einbindung der Pflegedienste in ELGA. „Unsere Klientinnen und Klienten wechseln laufend zwischen den Welten. Wenn wir auf sichere und aktuelle Daten zugreifen können, wird das sowohl den Spitälern und Ärzten als auch uns in der Pflege helfen. Wie jedoch sollen wir diese sinnvollen, aber aufwändigen Digitalisierungsprozesse organisatorisch und finanziell stemmen und zeitgerecht finalisieren, wenn sich nun durch die Absage des Fonds kurz vor Jahresende alles zeitlich nach hinten verschiebt?“, fragt Parr. Die BAG, sagt Parr, sehe vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse die FRISTGERECHTE ANBINDUNG der Pflegedienste an ELGA mit 2028 GEFÄHRDET.

REGIERUNGSPROGRAMM IM WIDERSPRUCH

„Der INNOVATIONSFONDS 2026 ist ein wichtiges Instrument, um die Digitalisierung voranzubringen, die dringend notwendig ist zur Entlastung der Pflegekräfte. Er ist daher richtigerweise auch IM REGIERUNGSPROGRAMM ANGELEGT. Unsere Mitarbeitenden stöhnen unter Dokumentation und Bürokratie – Digitalisierung hilft und schafft mehr Zeit für das, was Pflege zu einem sinnstiftenden Beruf macht: Zeit für Menschen und Beziehungen“, kritisiert MARIA KATHARINA MOSER, Direktorin der DIAKONIE Österreich. „Wir HABEN NICHTS VON LIPPENBEKENNTNISSEN UND GEDULDIGEM PAPIER. Wir brauchen reale Maßnahmen zur Umsetzung, so Moser. „So kurz vor dem Jahreswechsel mit einer solchen Nachricht konfrontiert zu werden, die den selbst vermittelten Vorhaben derart widerspricht, fördert das Vertrauen in die Politik jedenfalls nicht. Wir brauchen gerade in schwierigen Zeiten mit großen Herausforderungen verlässliche Rahmenbedingungen. Wie sollen wir sonst unseren Part verlässlich leisten?“, fragt Moser abschließend.

KURZINFORMATION ZUR BUNDESARBEITSGEMEINSCHAFT FREIE WOHLFAHRT

Die BAG (Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt) ist der größte Zusammenschluss von Langzeitpflege-Anbietern in Österreich. Seit 1995 haben sich die großen gemeinnützigen Sozialorganisationen Österreichs – Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe – zusammengeschlossen. Im BAG-Verbund sind rund 22.500 Menschen in Pflege und Betreuung beschäftigt. Sie pflegen, begleiten und betreuen 155.000 Menschen mit Pflegebedarf in mobilen, stationären und sonstigen Betreuungsformen. In der mobilen Pflege übernehmen die BAG-Organisationen zwei Drittel aller geleisteten Stunden.

Hilfswerk Österreich
Mag. Barbara Tober
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