
Gleichbehandlungsbericht Privatwirtschaft und ersterGender-Gesundheitsbericht zur Debatte im Gleichbehandlungsausschuss
Anträge der Opposition zu Arbeitsmarkt-Gleichstellung und Frauengesundheit vertagt
Wien (PK) – Nach der Aussprache mit Frauenministerin Juliane
Bogner-Strauß diskutierte der Gleichbehandlungsausschuss den
Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2016 und 2017 samt
einer Forderung der SPÖ nach einem Einkommenstransparenzgesetz und
einem NEOS-Antrag für ein
Arbeitsmarkt-Gleichstellungs-Maßnahmenpaket. Außerdem wurde der erste
Gender-Gesundheitsbericht mit Schwerpunkt auf der psychischen
Gesundheit am Beispiel Depression und Suizid und ein SPÖ-Antrag zur
Umsetzung des „Aktionsplans Frauengesundheit“ debattiert.
Die beiden Berichte nahmen die Abgeordneten einhellig zur Kenntnis,
der Gleichbehandlungsbericht Privatwirtschaft wandert auch ins
Plenum. Die Oppositions-Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP und
FPÖ vertagt.
Gleichbehandlungsanwaltschaft nun auch in Regionalbüros vertreten
Der Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft für 2016 und
2017 ( III-207 d.B. ), der gemäß Bundesgesetz über die
Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft
alle zwei Jahre erstellt wird, wurde vom Ausschuss einhellig zur
Kenntnis genommen und wandert zur Diskussion auch ins Plenum. Offene
Anliegen der Gleichbehandlungsanwaltschaft umfassen etwa nach wie vor
das sogenannte Levelling-up im Hinblick auf gleichen Schutz
betroffener Personen bei Diskriminierung auf Grund aller
Diskriminierungsgründe (Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit,
Religion, Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung) in allen
Bereichen des Gleichbehandlungsgesetzes. Aus Sicht der Anwaltschaft
sollte einerseits auch ihre Mitwirkungsmöglichkeit bei
Gerichtsverfahren, etwa in Form von Verbandsklagen, andererseits ihre
Mittel für Öffentlichkeitsarbeit – auch im „dringend notwendigen“
Bereich Social Media was z.B. Betroffene unter 25 Jahren anbelangt –
ausgebaut werden können. Das Interesse an
gleichbehandlungsrechtlichen Themen wie die #metoo-Debatte oder
gesellschaftspolitische Probleme im Zusammenhang mit Flucht und
Migration hat laut Bericht die Arbeit der
Gleichbehandlungsanwaltschaft im Zeitraum 2016 bis 2017 öffentlich
stärker bewusst gemacht. Aber auch Gender-Pricing, also verschiedene
Preisgestaltung, sei Thema, bei religiösen Themen bemühe sich die
Anwaltschaft um Versachlichung.
Eine wesentliche Forderung zur institutionellen Weiterentwicklung
wurde laut Gleichbehandlungsanwaltschaft mit der sogenannten
Regionalisierung ab Juli 2017 erfüllt, unterstrich die Leiterin der
Gleichbehandlungsanwaltschaft, Sandra Konstatzky. Die Anwaltschaft
bietet nun auch in den Regionalbüros Beratung und Unterstützung zu
allen Diskriminierungsgründen an, womit der Zugang zum Recht
verbessert und die Stärkung der regionalen Position verwirklicht
worden sei. Sie hob aber auch den Bedarf an Personalressourcen
hervor. Von Diskriminierungsfällen über Rechtsauskünfte bis hin zu
Informationsarbeit und Medienanfragen sind laut Bericht für die
Anwaltschaft in den beiden Jahren zusammen über 6.130 Aktivitäten
zusammengekommen. Konstatzky zufolge wäre auch
sozialwissenschaftliche Expertise zur weiteren Datenauswertung
wichtig. Gegenüber Petra Bayr (SPÖ) hob Konstatzky etwa den Plan
hervor, das Gleichstellungsthema auf EU-Ebene voranzubringen. Es sei
hier aber eventuell zielführender, für die einzelnen
Diskriminierungsgründe Maßnahmen zu überlegen. Hinsichtlich
Levelling-up betonte sie, dass Gleichbehandlungsfragen immer
individuelle Grenzziehungen erfordern und abzuwägen sei, wo die
Freiheit der einzelnen Bereiche den Ausschlag gibt. Nach dem Bereich
sexueller Belästigung sei ein großes Thema die Diskriminierung bei
Schwangerschaft und Wiedereinstieg, sagte die Anwaltschaftsleiterin
gegenüber Stephanie Cox (PILZ). Zur Frage von Mario Lindner (SPÖ) in
Bezug auf wenige Fälle zu sexueller Diskriminierung im
internationalen Vergleich erörterte Konstatzky, eine Grund dafür
könnte in der stark aufgestellten Community – etwa mit strategischen
Klagen – liegen.
Außerdem werden in dem Bericht die Tätigkeiten der drei Senate der
Gleichbehandlungskommission in den beiden Jahren ausgeführt. An Senat
I wurden insgesamt 133 Anträge, an Senat II 61 Anträge eingebracht.
Senat III hat 28 Verfahren eingeleitet.
Die Vorsitzende des Senat I der Gleichbehandlungskommission Eva Matt
erzählte aus dem Verfahrensablauf von der gemeinsamen Arbeit der
Mitglieder von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, diese sei von
stark wertschätzender Haltung geprägt. Der Schwerpunkt sei nach wie
vor bei Antragstellerinnen, in den letzten Jahren kämen Anträge aber
auch stärker von Männern, etwa von sogenannten Karenzvätern, die sich
ähnlichen Diskriminierungen ausgesetzt sehen. Neu im Verfahren seien
vorbereitende Sitzungen, um die Möglichkeit einer Schlichtung zu
geben. Das werde sehr gut angenommen -„manchmal reicht auch eine
Entschuldigung“-, hielt Matt fest. Hinsichtlich der von Gudrun Kugler
(ÖVP) angesprochenen Situation zu Personal und Öffentlichkeitsarbeit
sagte Matt, der Wunsch nach mehr Personal sei auch in der Kommission
definitiv gegeben.
Sowohl Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß als auch Sozialm
inisterin Beate Hartinger-Klein lobten den Bericht für den
umfassenden Einblick in die umfangreichen Tätigkeiten der
Anwaltschaft und der Kommission. Hartinger-Klein zufolge haben die
niederschwelligen Verfahren große Bedeutung für Betroffene. Die
Anwaltschaft trage darüber hinaus zur Bewusstseinsbildung in der
Öffentlichkeit bei und sei mit entsprechenden Mitteln auszustatten.
Der gemeinsame Bericht sei ein wichtiger Beitrag zur
Weiterentwicklung und flankiere die Umsetzung des
Regierungsprogrammes in diesem Bereich.
Hinsichtlich der auch von Claudia Gamon (NEOS) angesprochenen Frage
nach personeller Ausstattung sagte Bogner-Strauß, es werde im Rahmen
des Stellenplans Personal erweitert. Sie wertet es schon als gutes
Zeichen, die Stellen nach Stellenplan zumindest halten zu können.
Hinsichtlich einer Verfahrensbeschleunigung stehe im Raum, etwa
Ausschüsse einzurichten, hier werde ein Evaluierungsbericht
abgewartet. Zur Diskussion um Levelling-up, die Gudrun Kugler (ÖVP)
im Sinn der Spartenfreiheit als problematisch, Mario Lindner (SPÖ)
hingegen als dringende Forderung erachtet, will Bogner-Strauß die
Entwicklungen auf EU-Ebene abwarten. Auch Hartinger-Klein will hier
eine Evaluierung, welche Maßnahmen zu treffen seien.
In Richtung Angela Baumgartner (ÖVP) und Sabine Schatz (SPÖ) betonte
Hartinger-Klein es als wichtiges Regierungsvorhaben, die
Benachteiligung von Frauen insbesondere hinsichtlich Einkommen zu
beseitigen. Das betreffe auch Kollektivverträge, hier werde eine
Studie in Auftrag gegeben. Ziel sei ein bundesweit einheitlicher
Standard. Im Hinblick auf die Anrechnung von Karenzzeiten, die Carmen
Schimanek seitens der FPÖ ansprach, sollen nun die
Kollektivvertragsverhandlungen abgewartet werden – falls hier keine
Einigung erzielt werde, werde es gesetzliche Maßnahmen geben, sagte
Hartinger-Klein. Von Edith Mühlberghuber (FPÖ) angesprochene
Verbesserungsmöglichkeiten zur Gleichstellung in den
Kollektivverträgen sei ebenso Thema von Analysen, so die Ministerin.
Einkommenstransparenzgesetz der SPÖ vertagt
Die SPÖ will mehr Lohngerechtigkeit in der Privatwirtschaft erreichen
und setzt sich neuerlich für ein Einkommenstransparenzgesetz ein (
332/A ). Dem Ausschuss lag dazu bereits ein gleichlautender Antrag
der SozialdemokratInnen vor ( 227/A ). Der Antrag wurde mit den
Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt.
Trotz Verbesserungen in den letzten Jahren zähle Österreich nach wie
vor zu den Ländern mit einem großen geschlechtsspezifischen
Einkommensunterschied, wirft Antragstellerin Gabriele Heinisch-Hosek
auf. Bereits geschaffene Instrumente wie Einkommensberichte oder
Gehaltsangaben in Stelleninseraten würden gut angenommen, seien aber
noch nicht wirksam genug. Frauen betreffe das Thema unfaire Bezahlung
und mangelnde Lohntransparenz in besonderem Maße.
Konkret fordern die AntragstellerInnen, dass künftig mit der Angabe
des Mindestentgelts in Stellenausschreibungen auch die maßgebliche
Einstufung enthalten sein soll. Weiters sei der Einkommensbericht
alle zwei Jahre von allen ArbeitgeberInnen mit mehr als 150
ArbeitnehmerInnen zu erstellen. Außerdem sollen darin Maßnahmen zur
Chancengleichheit, sowie Teilzeitbeschäftigung und Überstundenanzahl
nach Frauen und Männern aufgegliedert werden. Auch ein
MitarbeiterInnenverzeichnis soll demnach geführt werden, das neben
Qualifikationen, Verwendung und Einstufung auch das Ausmaß der
Arbeitszeit sowie die Höhe der Bezüge und sonstiger Zahlungen
umfasst. Selbiges sei den ArbeitnehmerInnen zugänglich zu machen,
wobei sie über den Inhalt grundsätzlich zur Verschwiegenheit
verpflichtet würden.
Gudrun Kugler beantragte seitens der ÖVP die Vertagung mit der
Begründung, es gehe jetzt etwa um die Analyse der bestehenden
Einkommensberichte im Hinblick auf einen einheitlichen Standard. Die
Arbeitsgruppe sei hier an der Arbeit. Gabriele Heinisch-Hosek und
Selma Yildrim (beide SPÖ) forderten mit Nachdruck, den Antrag ernst
zu nehmen und umzusetzen, etwa hinsichtlich Transparenz im
Unternehmen. Dem schloss sich Stephanie Cox (PILZ) an, Transparenz
führe sehr wohl zu Gleichbehandlung.
Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß will vorher differenzieren und
strukturell herausfinden, wie es etwa zu unterschiedlichen Zahlen
beim Gender Pay Gap komme. Das sei im Laufen, informierte sie, so
werde es demnächst ein Meeting mit Best Practice Beispielen aus
anderen Ländern geben. Die Einkommensberichte müssten einheitlicher,
vor allem aber auch bekannter werden, damit Frauen diese nutzen
können. Im Gegensatz zu Yildirim sieht die Ministerin keine
Lohnunterschiede im Bundesdienst, zumal es festgelegte Schemata und
jedenfalls keine individuellen Gehaltsverhandlungen gebe.
NEOS fordern Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Frauen und Männern
am Arbeitsmarkt
Ein Maßnahmenpaket zur Gleichstellung von Frauen und Männern am
Arbeitsmarkt mit dem Ziel, Vollerwerbstätigkeit für Frauen zu
fördern, fordern die NEOS. Beinhalten soll das Paket ( 308/A(E) )
insbesondere steuer- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, etwa die
Abschaffung negativer Erwerbsanreize und eine Zusammenfassung
steuerlicher Familienleistungen, sowie auch familienpolitische
Maßnahmen wie die Einführung eines individuellen Karenzanspruches und
den Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Gamon zufolge hat sich
das Thema Väterkarenz immer noch nicht verbessert, die Frage sei
auch, was man für Frauen tun könne, die gar nicht arbeiten gehen.
Auch dieser Antrag wurde vertagt. Claudia Plakolm (ÖVP) sieht einige
Maßnahmen bereits umgesetzt, etwa bis zu 24 Monate Karenzzeit. Dem
entgegnete Gamon, es handle sich dabei nicht um eine Umsetzung,
sondern lediglich um eine Entschließung an die Sozialpartner. Aber
auch Wolfgang Knes kann seitens der SPÖ dem NEOS-Antrag nichts
abgewinnen. So würden etwa Frauen durch individuellen Karenzanspruch
geschwächt.
Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß unterstrich, die Regierung
stehe für Wahlfreiheit. Dazu müsse man genau wissen, wofür man sich
entscheidet und was das für Auswirkungen habe. Hinsichtlich
Karenzzeit sei sie zwar bei Gamon, dass Väter diese Möglichkeit
vermehrt ergreifen sollten, das spreche sich in der jüngeren
Generation aber ohnedies bereits durch. Einige Faktoren wie das
Kinderbetreuungsgeld würden außerdem jetzt einmal evaluiert.
Erster Gender-Gesundheitsbericht, Thema: Depression und Suizid
26% aller Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Depression,
bei den Männern sind es nur 12%. Ein umgekehrtes Bild zeigt sich beim
Suizid: Männer sterben etwa dreieinhalb Mal häufiger durch Selbstmord
als Frauen. Diese Ergebnisse und noch viele andere sind dem ersten
österreichischen Gender-Gesundheitsbericht zu entnehmen, der von
Ministerin Beate Hartinger-Klein vorgelegt und heute im Ausschuss
debattiert wurde ( III-206 d.B .).
In den letzten Jahrzehnten haben Forschungsergebnisse zur Erkenntnis
geführt, dass sich Frauen und Männer in Gesundheitsbelangen mitunter
stark unterscheiden. Die strukturierte Aufbereitung und detaillierte
Veröffentlichung geschlechterspezifischer Daten – im vorliegenden
Bericht zum Thema „Psychische Gesundheit am Beispiel Depression und
Suizid“ – sei ihr daher ein großes Anliegen, so die Ressortchefin.
Daraus könnten nämlich wichtige Erkenntnisse im Hinblick auf
Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Männern und Frauen
sowie der gesundheitlichen Chancengerechtigkeit gewonnen werden.
Hartinger-Klein zufolge gewinnt Gendermedizin generell mehr an
Bedeutung – das Thema in den Vordergrund zu stellen sei auch im
Regierungsprogramm verstärkt verankert. Frauen und Männer seien bei
bestimmten Erkrankungen unterschiedlich, ein wesentlicher Bereich
sei, sich damit zu beschäftigen, welche unterschiedlichen Maßnahmen
zu treffen seien. Für den ersten Bericht habe man speziell die Themen
Depression und Suizid herausgenommen, weil in der Reihenfolge die
Depression an oberster Stelle stehe.
Der Experte des Ministeriums, Johannes Berchtold, bezeichnete den
vorliegenden Bericht als Meilenstein in der Reihe der
Gesundheitsberichte. Er zeige auch die Schwierigkeit, Grundlagen für
Entscheidungsträger zu finden, weil in der Analyse multikausale
Zusammenhänge zu beachten seien – von geschlechtsspezifischen oder
sozial bedingten Ursachen über sozioökonomische Bedingungen bis hin
zu Diagnostik und unterschiedlichem Hilfesuchverhalten. Frauen und
Männer würden verschiedene Auswege suchen, sprach der Experte auch
etwaige biologische Faktoren an, dazu würden aber weitere Studien
fehlen. Hinsichtlich Depression sei auch eine etwaige
Unterdiagnostizierung bei Männern ein Faktor. Außerdem gelte es als
weitere Herausforderung, betroffene Männer zu Psychotherapie zu
animieren – Frauen nutzen diese deutlich häufiger, so der Experte.
Als große Herausforderung nannte auch Hartinger-Klein die
Diagnostizierung von Depression und Suizidgefährdung. Hier sieht sie
vor allem die AllgemeinmedizinerInnen gefordert, die die PatientInnen
dann an FachärztInnen und PsychologInnen überweisen müssten. Geringe
formale Bildung erhöhe jedenfalls das Risiko psychischer
Erkrankungen, bestätigte sie gegenüber SPÖ-Abgeordneter Petra Bayr.
Dass in Zusammenhang mit dem von Betroffenen oft angegebenen hohen
Arbeitsdruck der 12-Stunden-Tag ein zusätzlicher Stressfaktor sein
könnte, glaubt Hartinger-Klein dagegen nicht, schließlich würde ein
solcher auch größere Freizeitblöcke bringen.
Aber nicht nur bei psychischen Erkrankungen gibt es Unterschiede
zwischen Frauen und Männern, wie Hartinger-Klein im Ausschuss
betonte. So sind etwa Frauen in Österreich häufiger von chronischen
Erkrankungen betroffen als Männer, vor allem was den Bewegungs- und
Stützapparat betrifft. Zudem gebe es bei Frauen oft ein Manko an
gesundheitswirksamer Bewegung. Hier will die Ministerin gemeinsam mit
dem Sportminister gegensteuern. Junge Burschen seien dafür mehr
übergewichtig als Mädchen. Was das Suchtverhalten anlangt, greif
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