Parlament skeptisch zu EU-Vorschlag für Rechtsharmonisierung beidigitalen Diensten

EP-Vizepräsidentin Gebhardt: EU-Recht muss Verbraucher und Anbieter schützen

Wien (PK) – Wie steht es um Verbraucherrechte und
Unternehmensinteressen in der digitalen Geschäftswelt? Darüber
diskutierten heute Nationalratsabgeordnete von ÖVP, FPÖ, SPÖ und
Liste Pilz mit der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments (EP),
Evelyne Gebhardt. Sorge herrscht bei allen Fraktionen, neue
Verbraucherschutzregelungen der EU könnten vor allem für kleine und
mittelständische Betriebe (KMU) zu überbordender Bürokratie führen
und somit der Entwicklung des digitalen Binnenmarkts entgegenstehen.
Gebhardt versicherte als Mitglied des EP-Ausschusses für
Verbraucherschutz, die Anliegen der Wirtschaft im Blick zu haben.
Dennoch müsse die EU angesichts der Zunahme von Produkten wie
selbstfahrende Autos schon aus Sicherheitsgründen über eine klare
Rechtsgrundlage verfügen. Auch Anbieter aus Drittstaaten hätten dann
diese EU-Vorgaben zu befolgen.

Debattengrundlage für den Austausch mit Vizepräsidentin Gebhardt bei
ihrem Besuch im Parlament war ein Richtlinienvorschlag der
EU-Kommission, der eine einheitliche Regelung der Gewährleistung für
digitale Inhalte und Dienste vorsieht. Mängel bei Spotify
beispielsweise sollten so für MusikkonsumentInnen in der gesamten
Union die gleichen vertragsrechtlichen Ansprüche nach sich ziehen.
Komplizierter wird es allerdings bei Produkten wie
softwareunterstützen Fernsehern oder Handys mit vorinstallierten
Apps, führte Gebhardt aus. Das Gewährleistungsrecht für die Ware wäre
nämlich von der ebenfalls noch zu finalisierenden
Warenhandelsrichtlinie umfasst, jenes für die digitalen Inhalte
müsste aber auf die vorgeschlagene Richtlinie für Digitale Inhalte
abstellen, wodurch Rechtslücken entstehen könnten.

Offene Fragen bei Gesprächen auf EU-Ebene

Knackpunkte in den laufenden Gesprächen zu den beiden
Kommissionvorschlägen zwischen Europäischem Parlament und Rat sind
Gebhardt zufolge zum einen der Harmonisierungsgrad der
Gewährleistungsfrist und deren Dauer sowie die Beweislastumkehr in
Haftungsbelangen und zum anderen die Frage, von welcher Richtlinie
Softwareupdates umfasst sind. Jedenfalls müssten schon zum Schutz vor
Cyberkriminalität Sicherheitsupdates ausreichend lange angeboten
werden, unterstrich die Europapolitikerin. Im Zusammenhang mit der
Gewährleistung sei den Mitgliedstaaten wichtig, dass bei einer
Vollharmonisierung der Regelungen für den Binnenmarkt ihre nationalen
Standards nicht gesenkt würden. Sie hoffe jedoch, dass die
Trilog-Verhandlungen über die Digitale Inhalte-Richtlinie noch unter
dem österreichischen Vorsitz abgeschlossen werden, sagte Gebhardt auf
Nachfrage von Stephanie Cox (Liste Pilz), die dabei auch die
Elektromobilität als zentrales Thema beim Umgang mit digitalen
Diensten ins Treffen führte.

Österreich warnt vor zusätzlichen Hürden für KMU

Österreichs kritische Haltung zum Richtlinienentwurf für Digitale
Inhalte drückten die GesprächsteilnehmerInnen der ÖVP, Eva Maria
Himmelbauer und Maria Theresia Niss, sowie Doris Margreiter (SPÖ) und
Christian Höbart (FPÖ) in ihren Wortmeldungen aus. Margreiter und
Höbart betonten zwar die hohe Bedeutung des Verbraucherschutzes, sie
vermissen im aktuellen Kommissionsvorschlag aber eine ausreichende
Balance zwischen Verbraucher- und Unternehmensinteressen. Die EU
müsse für beide Seiten eine praktikable Lösung finden, so Höbart,
ansonsten falle die Union im globalen Wettbewerb zurück.
Wirtschaftspolitisch problematisch sehen das Kommissionsvorhaben auch
Himmelbauer und Niss, besonders hinsichtlich der angedachten
Haftungsverpflichtungen für Betriebe. Grundsätzlich dürften
EU-Regelungen kein Hindernis für KMU darstellen, grenzüberschreitend
im Binnenmarkt tätig zu werden, appellierte Himmelbauer.

Digitale Inhalte-Richtlinie soll auch kostenfreie Dienste umfassen

Zu den spezielle Gewährleistungsregeln im Richtlinienvorschlag für
Digitale Inhalte gehören unter anderem Update-Verpflichtungen für
Unternehmen. Weiters wird darin VerbraucherInnen das Recht
eingeräumt, eine Mängelbehebung nicht nur bei Verträgen, durch die
sie für die digitalen Inhalte und Dienste mit Geld zahlen,
einzufordern, sondern auch in Bereichen, in denen sie ihre
personenbezogenen Daten für die kostenlose Nutzung eines Dienstes zur
Verfügung stellen. Datenanbieter, die ihre Dienste mit freiwilligen
Spenden durch die NutzerInnen verbinden, würden die neuen Regelungen
allerdings nicht treffen, versicherte Gebhardt. (Schluss) rei

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