44. Wiener Gemeinderat (19)

Spezialdebatte GGr. Kultur und Wissenschaft

Wien (OTS/RK) – GR Thomas Weber (NEOS) sagte, „Kulturpolitik ist in
Wiens DNA eingeschrieben und mehr als Weltkulturerbe“. Im „großen
Zahlenwerk“ des Stadtbudgets sehe er diesmal „bessere
Rahmenbedingungen für eine vielfältige und freie Kulturszene“, was er
als wichtiges Zeichen deute. In Gesprächen mit KünstlerInnen sei
immer wieder die Infrastruktur ein Thema: Es fehle an Kulturräumen.
Früher seien in Gemeindebauten Atelier- und Proberäume vorgesehen
gewesen, heute sei das nicht mehr er Fall. Ein Problem konstatierte
er rund um die Vereinigten Bühnen Wien, für deren Förderungen keine
konkreten Zahlen ersichtlich seien. Er wünsche sich mehr Transparenz
und brachte einen Antrag ein betreffend „Gesamtevaluierung der
Vereinigten Bühnen Wien“. Weiters forderte er eine Dezentralisierung,
zum Beispiel sei das Gloriatheater das einzige Haus über der Donau.
Pläne, die Kunsthalle zu verlegen sowie eine Mehrzweckhalle zu
errichten, sehe er positiv. Ebenso wie neue Ziele für die
Bezirksmuseen, die ein „guter Ort für die Grätzelkultur“ seien und
kulturelle Vielfalt ermöglichten. Er kritisierte abschließend die
Förderung parteinaher Vereine.

GR Dkfm. Fritz Aichinger (ÖVP) lobte den „neuen Stil“, der unter
der Leitung von Stadträtin Mag.a Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) im
Kulturressort Einzug gehalten habe. Der Kulturbericht 2017 zeige
außerdem „Ansätze von Neuerungen“, er sei „kompakter und
informativer“ als zuvor. Nach wie vor vermisse Aichinger im Bericht
aber Informationen über die Kultureinrichtungen der Wien Holding.
Aichinger thematisierte auch die Verwaltungsreform „Wien neu denken“,
in deren Rahmen 788 Vorschläge von MitarbeiterInnen des Magistrats
eingebracht worden seien. Darunter hätte sich unter anderem die
Forderung nach der Abschaffung der Festwochen befunden – das könne
Aichinger nicht befürworten. Beim Kulturbudget kritisierte Aichinger,
dass dies über die Jahre immer weniger würde. Außerdem seien
kulturpolitische Fragen offen, wie: Wie geht es mit der Kunsthalle
weiter? Wie wird sich das Volkstheater künftig positionieren? Ein
„großer Brocken“ im Budget seien die Vereinigten Bühnen Wien. Für sie
habe die Stadt schon lange ein neues Konzept versprochen, passiert
sei aber nichts.

GR DI Martin Margulies (Grüne) beschwichtigte seinen Vorredner
betreffend dessen Bedenken, im Rahmen von „Wien neu denken“ würden
die Festwochen gestrichen oder die Bezirksmuseen geschlossen. Das
seien lediglich Einzelvorschläge von MitarbeiterInnen des Magistrates
gewesen und längst wieder verworfen worden. Zu den Vereinigten Bühnen
Wien sagte er: Er stehe zu ihnen, es sei aber zielführend die
Subventionen zu reduzieren. Ein wichtiges Anliegen sei für Margulies,
mehr Räume für Kunst zu schaffen und kulturelle Aktivitäten aus dem
Zentrum in die Außenbezirke zu holen. Kunst im öffentlichen Raum
(KÖR) habe in den letzten Jahren viele gute Initiativen gesetzt,
allen voran auch für die Erinnerungskultur. Wichtig sei es, der
Gedenkkultur auch über das Gedenkjahr hinaus Aufmerksamkeit zu
schenken.

GR Mag. Gerald Ebinger (FPÖ) erklärte, warum seine Partei dem
Kulturbudget nicht zustimmen werde: Hauptgrund sei die
Förderungspolitik der Stadt, die „nur der Systemerhaltung dient,
nicht der Kunst“. Kunst müsse von Politik unabhängig sein, in Wien
sei das aber nicht der Fall. Zum Thema „Wien neu denken“ fragte
Ebinger, warum abgelehnte Ideen von MitarbeiterInnen der Stadt nach
wie vor auf der Homepage der Stadt Wien auffindbar seien, abgelehnte
Förderungsansuchen aber nicht. Ebinger lobte, so wie sein Vorredner
Margulies von den Grünen, den neuen Stil in der Kulturpolitik. Es
gebe zwar Luft nach oben, „aber der Wille zählt“. Abschließend
kritisierte Ebinger den Stillstand bei den Vereinigten Bühnen Wien.
Obwohl die Stadt im Jahr 2014 eine „fundamentale Neuausrichtung“
angekündigt hätte, habe sich bislang nichts getan und man befinde
sich noch immer in einer „Subventionsspirale, aus der man nicht
herauskommt“.

GR BA Petr Baxant (SPÖ) sprach über die „prekäre soziale Lage“ von
Kunstschaffenden in Wien. Ihre mangelnde soziale Absicherung sei
eines Sozialstaates unwürdig. Viele der KünstlerInnen seien
akademisch gebildet, seien aber trotzdem auf ein zusätzliches Gehalt
angewiesen. Dadurch entstehe eine komplexe Versicherungsstruktur,
welche häufig zu Problemen führe. Er forderte alle Parteien zu einem
Schulterschluss im Interesse der KünstlerInnen auf. Baxant wünschte
sich zudem, dass der bürokratische Aufwand bei Förderungsansuchen
reduziert werde. Als positiv im Budget hob er die Neuausrichtung der
Musikförderung hervor sowie die Einrichtung eines Topfes für
Clubkultur.

GR Dipl-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) konzentrierte sich in seiner
Rede auf das Thema Wissenschaft in der Stadt. Über sie werde im
Gemeinderat „viel zu wenig“ gesprochen. Wien müsse aber nicht nur
Kultur-, sondern auch Wissenschaftshauptstadt werden. Wien brauche
deutlich mehr Spitzenforschung, da dies langfristig auch für den
Innovationsstandort Wien von Vorteil sei. Forschenden müsste die
Stadt bessere Rahmenbedingungen bieten, um deren Abwanderung in
andere Länder verhindern. Wien habe das Potential Wissens-Hotspot
Europas zu werden. Dazu sei es wichtig, die Universitäten stärker mit
Unternehmen zu vernetzen. Als idealen Standort dafür nannte Gara die
Arsenal-Gründe im dritten Bezirk: Jetzt schon übersiedelten Labors
der TU dorthin. Das sei gut, gleichzeitig müsse man aber auch
Betriebsansiedelungen dorthin fördern. Positiv hob Gara hervor, dass
sich Wien um die Ansiedelung der Centrual European University bemüht
hat.

GR Dr. Wolfgang Ulm (ÖVP) brachte einen Antrag ein, in dem er
forderte, ein Wiener Kunst- und Kulturförderungsgesetz auszuarbeiten.
Es sei sinnvoll, dass es ein derartiges Gesetz auch in Wien gebe, um
der Kulturförderung eine gesetzliche Basis zu geben. Alle anderen
österreichischen Bundesländer hätten bereits ein solches
Landesgesetz. Außerdem werde das Förderwesen damit transparenter.

(Forts.) heb/sep/fis

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