
Bundesministerin Köstinger: Umbau des Energiesystems aufNachhaltigkeit ist Herausforderung und Chance
Wirtschaftsausschuss debattiert über aktuelle Energiestrategie der Bundesregierung
Wien (PK) – Das Thema Energieverbrauch und Energieeffizienz stand im
Mittelpunkt der Beratungen des Wirtschaftsausschusses mit der
Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus, Elisabeth
Köstinger. Sie erörterte mit den Abgeordneten in einer aktuellen
Aussprache die Energiepolitik der Bundesregierung vor dem Hintergrund
des derzeitigen EU-Ratsvorsitzes und betonte, die Herausforderungen
der Transformation des Energiesystems würden für Österreich und
Europa auch eine Chance zur Steigerung von Innovation und
Wettbewerbsfähigkeit bedeuten.
Aussagen über die aktuelle Entwicklung bei Energieverbrauch und
Energieeffizienz liefert auch ein Bericht ihres Ressorts über die
Wirkung des Bundes-Energieeffizienzgesetzes. Dieser Bericht wurde
einstimmig zur Kenntnis genommen.
Mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit wurde ein Initiativantrag von Abgeordneten der
Koalition angenommen, der darauf abzielt, Förderungen von
Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen auf Basis von Biomasse sicherzustellen.
Der Antrag braucht allerdings für seinen Erfolg eine
Zweidrittelmehrheit im Plenum.
Unzufrieden mit der Erarbeitung des Nationalen Energie- und
Klimaplans zeigt sich die SPÖ, die einen breiten Diskussionsprozess
dazu fordert. Der diesbezügliche Entschließungsantrag wurde aber
mehrheitlich vertagt.
Köstinger: Energiepolitik muss auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden
Als Herausforderung, aber auch Chance für Österreich und Europa sieht
Bundesministerin Elisabeth Köstinger die Transformation des
Energiesystems in Richtung nachhaltiger Energieerzeugung. Hierin
liegen für sie Möglichkeiten der Steigerung von Innovation und
Wettbewerbsfähigkeit, sagte sie in der aktuellen Aussprache im
Wirtschaftsausschuss. Das Clean Energy Package stelle einen Fokus der
derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft dar. Österreich habe im Rahmen des
gegenwärtigen Ratsvorsitzes wichtige Themen der Energieunion
erfolgreich vorantreiben können und dafür auch Anerkennung erhalten,
berichtete die Ministerin. Ihr ist es wichtig, dass es zu keiner
Förderung von Kohle und Atomkraft mehr kommt, nicht alle
Mitgliedsstaaten der EU würden diese Sichtweise aber teilen,
berichtete sie. Bei der Stromverbrauchsrichtlinie ist ihr ein
besonderes Anliegen, die Rechte der VerbraucherInnen zu stärken und
ihre aktive Teilnahme am Energiemarkt zu ermöglichen. Das sei eine
wichtige Voraussetzung für die Energiewende.
Als besonderen Erfolg wertete Köstinger, dass dank des
österreichischen Einsatzes 15% der Mittel, die im Rahmen der
Connecting Europe Facility für Energiethemen zur Verfügung stehen
werden, für erneuerbare Energie gesichert werden konnten. Mit der
Mission 2030 habe die Bundesregierung ihren klima- und
energiepolitischen Rahmen für die nächsten Jahre festgelegt. Die
Strategie sehe zwölf Leuchtturmprojekte vor, unter denen erneuerbare
Energie einen besonderen Schwerpunkt bilde. Die Dekarbonisierung
werde einen erhöhten Strombedarf bedeuten, vor allem im Verkehr. Ein
wichtiges Thema werde dabei die Entwicklung von anwendbarer
Wasserstofftechnik sein, sie habe dazu mit Verkehrsminister Hofer
gute Gespräche geführt. Neben der vollständigen Elektrifizierung des
österreichischen Bahnnetzes verfolge der Verkehrsminister auch eine
Wasserstoffstrategie. Zu den zentralen Themen gehören auch der Ausbau
der Fotovoltaik-Anlagen auf Gebäuden, der Ausstieg aus Ölheizungen
und eine Wärmestrategie, zu denen auch die Länder einen Beitrag
leisten sollen.
Ein wichtiger Eckpfeiler der Mission 2030 ist für Köstinger das
Erneuerbare-Ausbau-Gesetz, mit dem unter anderem die Fördersystematik
neu aufgestellt werden soll. Es handle sich um ein umfangreiches
Gesetz, für das sich die Bundesregierung einen ambitionierten
Zeitplan gesetzt habe. Bis Ende des heurigen Jahres sollen die
Eckpfeiler feststehen und das Gesetz dann kommendes Jahr umgesetzt
werden, kündigte Köstinger an.
Aus Sicht von Muna Duzdar (SPÖ) ist die große Frage der Energiewende,
wer letztlich die Kosten dafür tragen wird. Sie wollte wissen, ob die
derzeit mögliche Befreiung von der Ökostrompauschale weiter gelten
werde. Auch Doris Margreiter (SPÖ) hielt es für wichtig, die Energie-
und Klimastrategie unter breiter Einbeziehung der Öffentlichkeit zu
entwickeln. Bundesministerin Köstinger erklärte, dass Befreiungen von
der Ökostrompauschale aus sozialen Gründen weiterhin möglich sein
sollen. Der soziale Aspekt, Stichwort „Energiearmut“, müsse aus ihrer
Sicht stets berücksichtigt werden, betonte sie.
Josef Schellhorn (NEOS) sprach die Kostenfrage für die Industrie an,
diese müsse zweifellos einen Beitrag leisten, doch müsse auch die
Konkurrenzfähigkeit gewahrt bleiben. Dieser Aspekt war auch Josef
Lettenbichler (ÖVP) wichtig. Die Frage der Finanzierung sei ein
wesentlicher Punkt, die Energiewende müsse mit den Menschen umgesetzt
werden, wobei Gruppen mit geringeren Einkommen entsprechend zu
berücksichtigen seien. Er sieht noch Potenzial bei Sanierungen.
Köstinger stimmte den Abgeordneten zu und verwies auf eine gute
Entwicklung der Sanierungsoffensive 2018. Sie teilte auch die Sicht
von FPÖ-Abgeordnetem Wolfgang Klinger, dass besonders für den
Schwerverkehr eine Wasserstoffstrategie notwendig sei, da hier
E-Mobilität auf Basis von Batterietechnik nicht umsetzbar sein werde.
Eine Wasserstoffstrategie sei in Ausarbeitung und solle im Herbst
2019 präsentiert werden, stellte Köstinger in Aussicht.
Reinhold Einwallner (SPÖ) und Bruno Rossmann (JETZT) forderten
Maßnahmen für mehr Energieeffizienz. Rossmann drängte auf eine
ökosoziale Steuerreform, die einen Ausgleich der Energiekosten für
niedrige Einkommen bringt. Er sprach zudem die Möglichkeit eines
Vertragsverletzungsverfahrens an, da Österreich seinen
Verpflichtungen bei der CO2-Einsparung offenbar nicht nachkomme, wie
er meinte.
Köstinger zeigte sich überzeugt, dass Österreich mit dem Energie- und
Klimaplan die gesteckten Ziele bei der CO2-Reduktion erreichen wird
und keine Strafzahlungen zu befürchten sind. Sie setze auf das
Funktionieren der ökosozialen Marktwirtschaft, betonte sie. Die
Bundesregierung handle ambitioniert im Rahmen der
Ratspräsidentschaft, wenn es um die Energieunion gehe. Die
Verantwortung für die Steuerreform liegen beim Finanzminister, sie
habe mit ihm jedoch bereits gute Gespräche geführt und sei überzeugt,
dass der ökosoziale Aspekt in die 2020 vorgesehene Steuerreform
einfließen werde. Sie stehe auch für eine parlamentarische Enquete
zur Verfügung, um das weitere Vorgehen in der Klima- und
Energiestrategie zu diskutieren, hielt Köstinger fest.
Energieeffizienz: Köstinger hält Zielerreichung bis 2030 für möglich
Auf der Tagesordnung stand auch der Bericht ( III-218 d.B.) an den
Nationalrat über die aktuellen Entwicklungen bei Energieverbrauch und
Energieeffizienz. Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger
teilte dem Wirtschaftsausschuss mit, dass nach den vorliegenden
Zahlen ein Erreichen des im Bundes-Energieeffizienzgesetzes
festgelegten Zielwerts für den Energieverbrauch im Jahr 2020 von
1.050 PJ auf Basis der aktuellen Daten nicht realistisch sei. Als
Hauptursachen für den gestiegenen Energieverbrauch verwies die
Ressortchefin vor allem auf das Bevölkerungs- und
Wirtschaftswachstum, ein erhöhtes Verkehrsaufkommen sowie klimatische
Bedingungen.
Günstiger sieht nach den Worten der Ministerin die Situation in Bezug
auf das kumulative Energieeffizienzziel in der Höhe von 310 PJ im
Zeitraum von 2015 bis 2020 aus. So seien für die Jahre 2014-2016
insgesamt 25.712 aktive Energieeffizienzmaßnahmen-Meldungen an die
Monitoringstelle Energieeffizienz gegangen. Die mit diesen Maßnahmen
verbundenen Energieeinsparungen ließen erwarten, dass bis zum Jahr
2020 die Einsparungsziele erreicht werden können, sagte Köstinger.
Der Großteil der jährlichen Einsparungen könne in der Kategorie
„Heizsysteme und Warmwasser“ erreicht werden, gefolgt von
Einsparungen durch Energiesteuern. Der Bericht mache deutlich, dass
eine Weiterentwicklung des Gesetzes stattfinden müsse. Die notwendige
Evaluierung sei bereits in Angriff genommen worden, teilte Köstinger
mit.
Unzufrieden mit den bisherigen Maßnahmen zur Energieeffizienz zeigte
sich Muna Duzdar (SPÖ). Sie forderte effektive Schritte zur
Zielerreichung ein und kritisierte, wie Josef Schellhorn (NEOS), dass
das Gesetz zu hohen bürokratischen Aufwand mit sich bringe.
Schellhorn verwies auch auf die Wirkung eines Rebound-Effekts, womit
die Einsparungen der Mikroebene nicht auf der makroökonomischen Ebene
ankommen. Bruno Rossmann hinterfragte die Wirksamkeit des
europäischen Emissionsrechtehandelssystems ETS und meinte, er teile
die Schlussfolgerungen des Berichts dazu nicht. Man müsse effektivere
Maßnahmen stärker ausbauen. Zudem seien die Ziele bei der Rate von
Gebäudesanierungen zu wenig ambitioniert. Josef Lettenbichler (ÖVP)
sagte, auch wenn man das Ziel für 2020 wohl nicht erreiche, gebe die
Zahl der gemeldeten Energieeffizienzmaßnahmen Anlass zu Optimismus,
dass die Ziele der Mission 2030 erreicht werden. Allerdings habe sich
gezeigt, dass der Dokumentationsaufwand für Energielieferanten zu
hoch sei, hier sei man offen für Änderungen.
Bundesministerin Köstinger stellte in Aussicht, dass man die
Berichtspflichten hinterfragen und allenfalls verbessern wolle. Sie
sei zuversichtlich, dass man auf die richtigen Maßnahmen setze, um
die Ziele bis 2030 erreichen zu können. Die Mittel dafür würden
jedenfalls zur Verfügung stehen. Auch bei der Gebäudesanierungsrate
halte die Bundesregierung mit 2% jährlich an einem ambitionierten
Ziel fest, wies sie die Kritik von Rossmann zurück. Sie sei auch
überzeugt, dass das ETS-System sehr wohl Steuerungswirkung entfalte.
Köstinger sieht auch Anzeichen dafür, dass das Fördervolumen der
Sanierungsoffensive ausgeschöpft wird, die Antragsstellung entwickle
sich jedenfalls sehr positiv, sagte sie. Als besonders positiv
vermerkte die Ministerin, dass der Ausstieg aus Ölheizungen rasch
vorangehe. Der angesprochene Rebound-Effekt, der dazu führe, dass das
Einsparpotenzial von Effizienzsteigerungen nicht oder nur teilweise
verwirklicht wird, werde in die Klima- und Energiestrategie
einfließen. Sie setze dabei auch auf bewusstseinsbildende Maßnahmen,
damit die Möglichkeiten der Energieeffizienz tatsächlich ausgenützt
werden und ein Sinken des Energieverbrauchs bewirken. Die Ziele,
welche sich die EU zur Energieeffizienz gesetzt habe, halte sie für
realistisch, diese müssen nun in nationale Strategien umgesetzt
werden.
Regierungsparteien: Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen auf Basis von
Biomasse absichern
Ein von Johann Lettenbichler (ÖVP) und Axel Kassegger (FPÖ)
eingebrachter Initiativantrag auf Änderung des Ökostromgesetzes (
505/A) zielt darauf ab, den Fortbestand von
Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen, die auf Basis von Biomasse arbeiten,
sicherzustellen. Die Initiative sei wichtig, um die Vergabe der
Fördermittel für Biogasanlagen über 2021 hinaus sicherzustellen und
den Anlagen, von denen einige bereits vor der Schließung stehen, eine
Perspektive zu geben. Schließlich werde jede einzelne davon für die
Erreichung der Klima- und Energieziele benötigt, sagte Lettenbichler.
Zudem müsse man auf das derzeitige große Angebot an Holz reagieren.
In derselben Richtung argumentierte auch Erwin Angerer (FPÖ).
Die Abgeordneten der Koalition appellierten an die
Oppositionsparteien, dem Antrag, der für eine Beschlussfassung im
Plenum eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt, ihre Zustimmung zu geben.
Die Oppositionsfraktionen zeigten zwar grundsätzliches Verständnis
für das Anliegen, waren aber ungehalten über die kurzfristige
Einbringung des Antrags. Der parlamentarische Prozess erfordere Zeit
zur Diskussion, waren sich Josef Schellhorn (NEOS), Bruno Rossmann
(JETZT) und Muna Duzdar (SPÖ) einig. Der Antrag von Duzdar, den
Tagesordnungspunkt zu vertagen, wurde nur von den
Oppositionsabgeordneten unterstützt und der Antrag mit einfacher
Mehrheit der Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen.
Sie begrüße den Antrag, sagte Bundesministerin Köstinger, denn es
gehe um das Vorziehen von Fördermaßnahmen, um damit auf das
derzeitige Überangebot an Schadholz reagieren zu können.
Nationaler Energie- und Klimaplan: SPÖ fordert breiten
Diskussionsprozess
Österreich sei nach den Vorgaben der Europäischen Union in Sachen
Energieunion verpflichtet, bis Jahresende einen Entwurf für den
Nationalen Energie- und Klimaplan vorzulegen, hält SPÖ-Abgeordnete
Muna Duzdar fest. Ein entsprechender Stakeholder-Prozess fehle jedoch
bisher, kritisiert die Abgeordnete. Duzdars Entschließungsantrag (
462/A(E)), der die Nachhaltigkeitsministerin auffordert, für einen
breit angelegten Diskussionsprozess zu sorgen, wurde von den
Abgeordneten der Koalition vertagt. Die Ministerin habe den Prozess
begonnen und sich auch bereit erklärt, hierzu für eine
parlamentarische Enquete zur Verfügung zu stehen, hielt Abgeordneter
Erwin Angerer (FPÖ) fest und begründete damit die Vertagung.
(Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) sox
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