
Sexuelle Belästigung im Netz: Justizausschuss sieht Handlungsbedarf
Regierungsparteien wollen Ergebnisse der Taskforce abwarten und vertagen Anträge der Opposition
Wien (PK) – Dass sexuelle Beschimpfungen und psychische Gewalt im
Netz nichts verloren haben, machten die Abgeordneten aller Fraktionen
im Justizausschuss klar. Während die Opposition Maßnahmen im
Strafrecht fordert, um den Schutz vor allem von Frauen zu verbessern,
setzen die Regierungsparteien zunächst auf die Arbeiten der im
Justizministerium eingerichteten Taskforce und vertagten
entsprechende Initiativen von SPÖ, NEOS und JETZT.
Auf der Tagesordnung standen überdies ein Antrag des Parlamentsklubs
JETZT betreffend Aus- und Fortbildung von StaatsanwältInnen im
Umweltstrafrecht sowie ein Vorstoß der SPÖ für ein Gruppenverfahren.
Die NEOS wiederum forderten entsprechende gesetzliche Adaptionen, um
digitale Vignetten sofort nutzbar zu machen. Auch diese Anträge
wurden jeweils in die Warteschleife verwiesen. Einstimmig zur
Kenntnis nahmen die Abgeordneten schließlich den Weisungsbericht über
die vom Justizministerium erteilten Weisungen nach Beendigung des
betreffenden Verfahrens.
Opposition will Schutz vor sexuellen Belästigungen und Beschimpfungen
im Netz ausbauen
Den Anstoß zur Debatte gaben Initiativen der Opposition auf einen
Ausbau des Schutzes insbesondere von Frauen vor sexuellen
Belästigungen und Beschimpfungen sowie psychischer Gewalt im Netz.
SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek appellierte zunächst in
einem gemeinsam mit Irmgard Griss (NEOS) und Stephanie Cox (JETZT)
eingebrachten Entschließungsantrag (430/A(E)) an Justizminister Josef
Moser, entsprechende gesetzliche Schritte auszuarbeiten.
Schwerpunktmäßig sollten die legistischen Maßnahmen dabei das
Strafrecht betreffen, für gelindere Fälle wären nach Meinung
Heinisch-Hoseks auch Regelungen im Verwaltungsstrafrecht denkbar,
diese allerdings mit spürbar hohen Höchststrafen. Eine ähnliche
Stoßrichtung verfolgen auch die NEOS, wobei Irmgard Griss in ihrer
Initiative (422/A(E)) auf eine Verankerung von psychischer Gewalt und
verbaler sexueller Belästigung als Straftatbestand im StGB drängt.
In diesem Zusammenhang lag dem Ausschuss auch ein gemeinsamer Antrag
(334/A(E)) der Abgeordneten Martha Bißmann (ohne Fraktion) und
Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) vor, in dem ebenfalls Initiativen zum
besseren Schutz vor Hass im Netz sowie eine Revision des
Straftatbestands der Ehrenbeleidigung gefordert werden. Das
geschützte Rechtsgut sollte jedenfalls die Menschenwürde sein, heißt
es darin. Angemessene Sanktionen verlangen die Initiatorinnen zudem
gegen verbale sexuelle Beleidigungen.
Fälle der letzten Monate wie etwa die Causa Sigrid Maurer hätten
gezeigt, dass derzeit bei Weitem kein ausreichender rechtlicher
Schutz vor sexuellen Belästigungen, Beschimpfungen, Beleidigungen und
Drohungen im Netz besteht, stellten Heinisch-Hosek und Bißmann fest
und gaben dabei zu bedenken, dass die Opfer meist Frauen sind. So
würden die StGB-Tatbestände der Beleidigung und der üblen Nachrede
kein taugliches Mittel zur Abwehr derartiger Übergriffe darstellen.
Beleidigungen seien nur dann zu ahnden, wenn sie öffentlich erfolgen,
bei der üblen Nachrede wiederum sei es erforderlich, dass diese für
einen Dritten wahrnehmbar ist.
Heinisch-Hosek bedauerte, dass es nicht möglich war, sich beim Kampf
gegen sexuelle Belästigung im Netz auf einen Fünf-Parteien-Antrag zu
einigen. „Die Zeit drängt“, unterstrich SPÖ-Justizsprecher Johannes
Jarolim die Dringlichkeit des Anliegens. Seine Fraktionskollegin Muna
Duzdar wiederum stellte die Idee einer Sonder-Staatsanwaltschaft für
Fälle sexueller Belästigung im Netz in den Raum und sprach überdies
von derzeit bestehenden Gesetzeslücken.
„Das Internet ist kein rechtsfreier Raum“, betonte ÖVP-Mandatarin
Johanna Jachs. Das Ausmaß einer allfälligen Ausweitung des
Strafrechts sollte ihrer Meinung nach aber gut überlegt werden.
Ausschussobfrau Michaela Steinacker (ÖVP) hielt gewisse
Nachschärfungen im Strafrecht für sinnvoll, trat aber ebenso wie
Justizminister Josef Moser für eine verstärkte Nutzung des
Verwaltungsstrafrechts ein. Sie wies in diesem Zusammenhang auf den
Straftatbestand der Ehrenkränkung hin, den es in sechs Bundesländern
bereits gibt. Seitens der FPÖ zeigte Susanne Fürst grundsätzlich
Sympathie für das Anliegen der Opposition, plädierte aber ebenfalls
für die Anwendung bereits bestehender Instrumentarien. So bestehe der
in den Anträgen verlangte niederschwellige Zugang bereits auf
Länderebene in Form des Verwaltungsstraftatbestands der genannten
Ehrenkränkung.
Alfred Noll(JETZT) drängte auf einen besseren Schutz von Frauen vor
Belästigungen und Beleidigungen im Internet, meinte jedoch im
Gegensatz zu NEOS-Mandatarin Irmgard Griss, die Ausdehnung des
Strafrechts sei hier ein untaugliches Mittel.
Die drei Initiativen wurden schließlich vertagt, zumal die
Regierungsparteien nun die Ergebnisse der im Justizministerium
eingerichteten Taskforce abwarten wollen.
JETZT fordert Aus- und Fortbildung im Umweltstrafrecht für
StaatsanwältInnen
Das Fehlen einer verpflichtenden Aus- und Fortbildung für
StaatsanwältInnen im Zusammenhang mit dem Umweltstrafrecht beklagt
Alfred Noll (JETZT). Es sei zu befürchten, dass Umweltstraftaten
aufgrund des Mangels an spezialisiertem Wissen nur selten verfolgt
werden, meint der Justizsprecher des Parlamentsklubs JETZT und
erinnert daran, dass in den letzten vier Jahren 1.313 Anzeigen nur 44
Verurteilungen gegenüberstanden. Noll schlägt deshalb in einem
Entschließungsantrag (412/A(E)) eine Erweiterung der Aus- und
Fortbildung von StaatsanwältInnen um ein verpflichtendes Modul zum
Umweltstrafrecht vor.
Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien
vertagt, nachdem sich FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger für die
Einrichtung von spezialisierten Referaten zur Bündelung der
Umweltstrafsachen aussprach.
Neuerlicher Vorstoß der SPÖ auf Reform des kollektiven Rechtsschutzes
„Die herkömmlichen Möglichkeiten des österreichischen
Zivilprozessrechts reichen zur Bewältigung von Massenverfahren nicht
aus“, lautet der Befund eines SPÖ-Initiativantrags (96/A) betreffend
ein Gruppenverfahrensgesetz. Der Gesetzesvorschlag von Johannes
Jarolim und Peter Wittmann, der nun bereits zum wiederholten Mal im
Justizausschuss beraten wurde, baut dabei in weiten Teilen auf dem
bereits verhandelten Reformentwürfen der Jahre 2007 und 2008 auf und
berücksichtigt zudem die zwischenzeitig gemachten zahlreichen
Erfahrungen aus der Praxis in der Abwicklung von Massenschäden.
Justizminister Josef Moser teilte mit, Österreich habe das Thema auf
EU-Ebene aktiv vorangetrieben. Stellungnahmen zu den Vorschlägen der
Ratsarbeitsgruppe werden bis 14. 12. einlangen. Die Richtlinie soll
dann prioritär unter rumänischem Vorsitz erarbeitet werden. Die
Initiative der SPÖ wurde aus diesem Grund mit den Stimmen der
Regierungsparteien abermals vertagt.
NEOS fordern Ausnahme vom Rücktrittsrecht bei digitaler Vignette
Aufgrund der Rücktrittsfristen bei Außerhausgeschäften sind digitale
Vignetten derzeit erst 18 Tage nach dem Kauf gültig. NEOS-Mandatarin
Irmgard Griss zweifelt an der Sinnhaftigkeit dieser Bestimmung und
argumentiert, die KonsumentInnen sollten eine digitale Vignette
kurzfristig kaufen und nutzen können, um von den Anwendungen und
Vorteilen der Digitalisierung zu profitieren. Sie schlägt deshalb
eine entsprechende Ausnahme vom Rücktrittsrecht im Fern- und
Auswärtsgeschäfte-Gesetz vor (458/A).
Auch hier entschied der Ausschuss mehrheitlich auf Vertagung, da die
Regierungsparteien zunächst die europarechtlichen Aspekte klären
wollen.
2012 bis 2017 54 ministerielle Weisungen nach Verfahrensende
Einstimmig nahmen die Abgeordneten schließlich den sogenannten
Weisungsbericht (III-190 d.B.) zur Kenntnis, aus dem hervorgeht, dass
das Justizministerium im Zeitraum von 2012 bis 2017 54 Weisungen
erteilte, nachdem das zugrunde liegende Verfahren bereits beendet
war. In 25 Fällen lautete die Weisung auf Einleitung bzw. Fortsetzung
des Verfahrens. Acht Weisungen bezogen sich auf die Einstellung des
Verfahrens, je zweimal forderte das Ministerium die Erhebung bzw.
Zurückziehung einer Anklage. In fünf Fällen hatte die Weisung die
Anwendung anderer Rechtsgrundlagen zum Inhalt, vier Weisungen zielten
auf die Erhebung eines Rechtsmittels ab. Bei acht weiteren Weisungen
fällt die Begründung unter die Kategorie „Sonstiges“. Erstmals floss
auch die Tätigkeit des Weisungsrates in den Bericht ein.
Von SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim zu Schlussfolgerungen aus dem
BVT-Untersuchungsausschuss befragt, stellte Justizminister Josef
Moser klar, bei allfälligen Reformen sei in keiner Weise an
irgendeine Art von politischem Einfluss gedacht. Im Übrigen geht der
Ressortchef davon aus, dass auch in Zukunft so wie in der
Vergangenheit dem Weisungsrat gefolgt werde. Die Zusammenarbeit mit
dem Gremium bezeichnete Moser als hervorragend. (Schluss) hof
———————————————————————
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender