
Nationalrat beschließt Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte samtRegionalisierung der Mangelberufsliste
ÖVP-FPÖ-Antrag mit Abänderung im Plenum, SPÖ warnt vor Wirkung der Novelle
Wien (PK) – Eine Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes
passierte den Nationalrat heute mit Mehrheit. Zum einen
reagieren die Abgeordneten mit dem ÖVP-FPÖ-Antrag auf ein Erkenntnis
des Verfassungsgerichtshofs, der Teile der Bestimmungen zur
Rot-Weiß-Rot-Karte für Schlüsselarbeitskräfte aufgehoben hat. Konkret
geht es dabei darum, dass es über 40-jährigen Personen mit
abgeschlossener Berufsausbildung und speziellen Fertigkeiten, anders
als UniversitätsabsolventInnen, aufgrund des Punkteschemas derzeit
nicht möglich ist, eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung als
Schlüsselkraft zu erhalten. Diese Altersdiskriminierung wird nun
durch eine Aufwertung der Kriterien „Sprachkompetenz“ und
„Berufserfahrung“ bei gleichzeitig geringerer Gewichtung des
Kriteriums „Alter“ geändert.
Zum anderen wurde die sogenannte Regionalisierung der
Mangelberufsliste, zu der ÖVP und FPÖ einen Abänderungsantrag im
Plenum einbrachten, mehrheitlich beschlossen. Die Zulassung von
Fachkräften aus Drittstaaten in Mangelberufen ausschließlich über
eine bundesweite Erhebung trage dem regionalen Bedarf nicht
ausreichend Rechnung, so die Begründung. Um eine bedarfsgerechte
Steuerung sicherzustellen, soll daher die Arbeitsministerin neben
einer bundesweiten Mangelberufsliste künftig auch Mangelberufe für
bestimmte Bundesländer per Verordnung festlegen können. Zur Wahrung
der Beschäftigungschancen soll auch die Möglichkeit bestehen,
Höchstzahlen für die Zulassung von Fachkräften für bestimmte
Bundesländer festzusetzen. Die Beschäftigung von Fachkräften, die in
einem Mangelberuf für bestimmte Bundesländer zugelassen werden, soll
außerdem auf die Betriebsstätten des Arbeitgebers in diesem
Bundesland beschränkt sein, könne aber auch auswärtige Arbeitsstellen
umfassen.
Zusätzlich sollen im Einvernehmen von Arbeits- und
Wirtschaftsministerium per Verordnung Berufe im hochqualifizierten
Bereich festgelegt werden können, in denen AusländerInnen mit
bestimmten tertiären Ausbildungen bevorzugt zugelassen werden können.
Für diese Berufe bzw. Ausbildungen soll die erforderliche
Mindestpunkteanzahl um fünf Punkte herabgesetzt werden, um die
Zulassung gut qualifizierter Schlüsselkräfte in besonders
nachgefragten Berufen zu erleichtern und den Wirtschaftsstandort
Österreich zu stärken.
Darüber hinaus sollen beim Kriterium Sprachkenntnisse auch die
entsprechenden Niveaus nach dem Gemeinsamen Europäischen
Referenzrahmen für Sprachen (GERS) ergänzt werden, so die
Erläuterungen. Gleichzeitig werde klargestellt, wie die jeweiligen
Deutsch- bzw. Englischkenntnisse nachgewiesen werden können.
Während den NEOS die Maßnahmen zu wenig weitgehend sind, warnten SPÖ
und JETZT vor der Wirkung der Novelle, speziell auch im Hinblick auf
die Regionalisierung der Mangelberufsliste. Ein von Daniela
Holzinger-Vogtenhuber seitens JETZT eingebrachter Antrag, die Vorlage
an den Sozialausschuss rückzuverweisen, fand keine Mehrheit.
Bundesministerin Beate Hartinger-Klein unterstrich, es gehe mit der
Regionalisierung um Treffsicherheit im Hinblick auf den Bedarf der
Wirtschaft einerseits und auf das Angebot des Arbeitsmarkts
andererseits. Entgegen den Befürchtungen der SPÖ, es würde zu
Lohndumping kommen, stellte sie klar, dass es dagegen
Kollektivverträge gibt. Während die Sozialdemokratie für
unqualifizierte Arbeitskräfte gesorgt habe, gehe es jetzt um
qualifizierte, so Hartinger-Klein.
SPÖ und JETZT bleiben mit Kritik in der Minderheit
Josef Muchitsch (SPÖ) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) ist
vor allem die Regionalisierung der Mangelberufsliste ein Dorn im
Auge. Holzinger-Vogtenhuber kritisierte, diese Politik bedeute
maximale Ausbeutung auf der einen Seite, maximalen Gewinn auf der
anderen Seite und dementsprechend das „maximale Glück bei Ihren
Parteispendern“. Daher könne sie keinesfalls mehr zustimmen, obwohl
sie beim ursprünglichen Antrag, die Altersdiskriminierung aufzuheben,
dabei gewesen wäre. Die Vorgehensweise, mittels Abänderungsantrag im
Plenum an der Opposition, an Entscheidungsträgern und
Interessensgruppen vorbei zu regieren, stelle außerdem eine
Aushebelung und Geringschätzung des Parlamentarismus dar, unterstrich
sie ihre diesbezügliche Kritik. Drei „Fouls“ an Menschen mit und ohne
Job in Österreich ortet Josef Muchitsch in den Vorhaben der
Koalition. Hier würde „Lohndrückern“ außerhalb der EU der Zugang
ermöglicht. Außerdem sei mit der Regionalisierung der
Mangelberufsliste im Vorfeld auch eine Verbilligung der
Gehaltsgrenzen angekündigt worden. Zudem werde der Arbeitsmarkt für
Drittstaaten noch weiter aufgemacht, um noch mehr Menschen in die
Arbeitslosigkeit abzuschieben: „Das ist keine faire
Arbeitsmarktpolitik“, sagte Muchitsch.
Gerald Loacker (NEOS) sind die Maßnahmen hingegen zu wenig
weitgehend. Die Abänderung zu den Mangelberufslisten könne man
begrüßen, „epochal“ sei aber etwas anderes. Die angekündigte Senkung
der erforderlichen Gehaltsgrenzen sowie der Entfall eines Nachweises
einer ortsüblichen Unterkunft seien außerdem nicht zu erkennen, so
Loacker. Aus seiner Sicht werden daher die Änderungen keinen Beitrag
leisten, Hochqualifizierte anzuziehen, zumal der Unterkunftsnachweis
zu viel Zeit brauche.
Efgani Dönmez (o.F.) schloss sich dem an – für hochqualifizierte
Zuwanderung im internationalen Wettbewerb gelte es, attraktive
Rahmenbedingungen schaffen. Dazu brauche es eine Strategie und
Kooperation mit den Herkunftsländern. Er sprach sich auch dafür aus,
den vielen hart arbeitenden Menschen mit Migrationshintergrund den
notwendigen Respekt und Dank entgegenzubringen – niemand nehme
jemandem den Arbeitsplatz weg, so Dönmez.
ÖVP und FPÖ: Maßnahmen sind wichtiger Schritt gegen Fachkräftemangel
Deutlich gegen die Unterstellung – wie es Rebecca Kirchbaumer (ÖVP)
nannte -, es würde nicht der Kollektivvertrag bezahlt werden oder zu
Lohndumping kommen, sprach sich etwa auch Peter Wurm seitens der FPÖ
aus. Gegenüber Gerald Loacker verteidigte Wurm die bestehenden
Gehaltsgrenzen, zudem werde das Punktesystem adaptiert. Der
Arbeitsmarkt habe auch hinsichtlich der Vorgängerregierungs-Politik
mit AsylwerberInnen ein strukturelles Problem, das die
SozialdemokratInnen verursacht haben, so Wurm. Es gebe auch
hinsichtlich Ausbildung 100.000 Arbeitslose, die vermutlich nicht
einsetzbar seien, parallel suche die Wirtschaft händeringend nach
FacharbeiterInnen. Diese würden dringend gebraucht, ergänzte
Kirchbaumer, die auch den Abänderungsantrag zur Regionalisierung
einbrachte. Die neue Regierung schaue darauf, dass die Menschen
entlastet würden und der Wirtschaftsstandort gestärkt werde,
unterstrich auch Christoph Zarits (ÖVP). Für letzteres werde nun ein
erster wichtiger Schritt gesetzt. Das Paket würde keineswegs
bedeuten, dass unendlich viele Arbeitskräfte von außerhalb der EU
aufgenommen würden, unterstrich Dagmar Belakowitsch (FPÖ), die
Aussagen der SPÖ seien „Angstparolen“. Man höre permanent vom
Fachkräftemangel, dagegen würden nun Maßnahmen gesetzt, um
qualifizierte Kräfte bekommen zu können, wo sie gebraucht werden.
(Fortsetzung Nationalrat) mbu
———————————————————————
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender