OLG Oldenburg zum VW-Abgasskandal: Auch Käufern von betroffenen Fahrzeugen, die sie nach der Aufdeckung des Dieselabgasskandals erwarben, können Schadenersatzansprüche zustehen

Köln (ots) – Wieder ein Paukenschlag aus Niedersachsen, dem Heimatland des VW-Konzerns. Wie die in der rechtlichen Aufarbeitung des Abgasskandals führende Rechtsanwaltskanzlei Rogert & Ulbrich aus Köln mitteilt, hat sich in Niedersachsen wieder einmal eine Wendung ergeben, die nicht unbedingt zu erwarten war. Nachdem eine Fülle von Klagen betroffener Dieselbesitzer von Landgerichten bundesweit mit dem lapidaren Hinweis abgewiesen worden waren, die Kläger hätten doch wohl von dem Abgasskandal gewusst oder zumindest wissen müssen, hat ausgerechnet ein übergeordnetes Gericht aus dem Heimatbundesland des VW-Konzerns eine vollkommen andere Marschrichtung vorgegeben.

In dem Verfahren 5 U 151/18 kam es am 08. Mai 2019 zur mündlichen Verhandlung, weil die Volkswagen AG sich in Fällen, die sie selbst “Kauf nach Kenntnis-Fälle” nennt, siegessicher zeigt und daher keine der ansonsten üblichen Vergleichsangebote unterbreitet. Diesmal hatten sich die Strategen der Kanzlei Freshfields, der Hauptbevollmächtigten in Abgasskandalfällen des VW-Konzerns, offensichtlich verspekuliert: “Sehr deutlich folgte der erkennende Senat unserer Argumentation, wonach genau zu hinterfragen sei, wer wem was wann mit welcher Konsequenz mitgeteilt haben soll, was zu einer vollständigen und richtigen Aufklärung des Klägers über die Betroffenheit seines individuellen Fahrzeugs vom Abgasskandal, der Verfügbarkeit und Wirkung eines Softwareupdates und dessen Folgen geführt haben soll”, so Rechtsanwalt Niephaus, der den Termin für Rogert & Ulbrich wahrnahm. Die Rechtsanwälte hatten auch darauf hingewiesen, dass diesbezüglich die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet sei, so Niephaus.

Zudem habe der Senat anklingen lassen, ein Sachverständigengutachten über die negativen Folgen des Software-Updates einholen zu wollen. Ein Umstand, den VW so fürchtet, weil dann ans Licht käme, dass das Update nicht geeignet ist, einen rechtskonformen Zustand herzustellen und gar neue Abschalteinrichtungen in diesem Zuge implementiert wurden.

“Der Senat gab ebenfalls zu bedenken, dass ein pauschaler Vortrag für eine Annahme positiver Kenntnis der Betroffenheit seines individuellen Fahrzeugs ebenso wenig ausreiche wie ein pauschales Bestreiten negativer Auswirkungen durch das Softwareupdate bzw. die Nichtherstellung des vertraglich ursprünglich vereinbarten Zustands”, erläutert Rechtsanwalt Prof. Dr. Rogert, geschäftsführender Partner der Klägeranwälte. Der Wirtschaftsrechtprofessor (FOM) vertritt mit seinen 14 Anwaltskollegen rund 11.000 Geschädigte im VW-Abgasskandal und erstritt mit seinem Sozius Tobias Ulbrich das erste deliktische Urteil gegen Volkswagen – ebenfalls in Niedersachsen. “Mit unserem in Hildesheim erstrittenen Urteil wurde der Weg für Tausende erfolgreiche Einzelklagen und für die nunmehr ebenfalls von uns gemeinsam mit den Kollegen Dr. Stoll und Sauer vertretene Musterfeststellungsklage geebnet. Darauf sind wir stolz. Das war und ist ein Meilenstein für den deutschen Verbraucherschutz”, zeigt sich Prof. Dr. Rogert zufrieden. Wir haben mittlerweile alleine ca. 1.000 stattgebende Urteile aus Delikt und etliche mehr aus Gewährleistung erstritten. Tausende Vergleiche wurden geschlossen. Mittlerweile sind wir auch bei den Oberklassemodellen mit größerem Hubraum (2.5 TDI, 2.7 TDI, 3.0 TDI) der Marken Volkswagen und Audi sowie bei Porsche-Fahrzeugen (Macan, Cayenne) erfolgreich”, fügt Rechtsanwalt Ulbrich hinzu. “Dass wir jetzt auch dicht davor sind, ein Umdenken bei den “Kenntnisfällen” zu erreichen, freut uns sehr” schließt der Anwalt seine Ausführungen.

“Die Einschätzung des OLG Oldenburg kommt für VW zur Unzeit. In naher Zukunft wird vor dem OLG Braunschweig die Musterfeststellungsklage verhandelt. Dort wird es unter anderem auch um die “Kenntnisfälle” gehen. Ein sich pro Kläger positionierendes Oberlandesgericht im selben Bundesland dürfte die Richter am Oberlandesgericht Braunschweig durchaus dazu motivieren, sich der Fragestellung einmal unter Berücksichtigung der Argumente des Oldenburger Senats zu nähern” meint Prof. Dr. Rogert. “Geschädigte, die ihr Fahrzeug nach September 2015 gekauft haben, dürfen mit Fug und Recht hoffen, ebenfalls entschädigt zu werden”, so der Anwalt.

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Dirk Fuhrhop
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