Die Zukunft der stalinistischen Vergangenheit

Simon Wiesenthal Lecture von Nanci ADLER, Programmdirektorin am Institut für Genozidstudien (NIOD) und Professorin an der Universität Amsterdam.

Wien (OTS) – Welche Aussichten gibt es für Versöhnung, wenn der Staat die Geschichte der Repression leugnet? Dreißig Jahre nach dem Ende einer Diktatur, die Millionen von Opfern forderte, haben die post-sowjetischen Regierungen – abgesehen von symbolischen Wiedergutmachungen – wenige institutionelle Mechanismen eingesetzt, um diese Vergangenheit zu bewältigen: Es gab nur andauernde, politisch gesteuerte Bestrebungen das nationale und öffentliche Gedächtnis zu steuern – durch Unterdrückung, Kontrolle oder sogar mittels Vereinnahmung der Erinnerung an die Repression. Gerade eben, wie auch zu Zeiten von Chruschtschow und Gorbatschow, betont zwar die Regierung die Unsterblichkeit der Opfer, aber zieht auch eine klare Trennlinie, wenn es zur Frage der Täter kommt. Kein einziger Handlanger wurde je verurteilt, keine Wahrheitskommission eingesetzt, die Kompensation der Opfer ist ebenso eingeschränkt wie der Zugang zu Archiven, die Darstellung in Geschichts-büchern ist politisch gefärbt, die Stalinismusforscher werden wieder mittels falscher Anschuldigungen verfolgt. Erst im Jahre 2015 billigte der Staat den Plan, ein offizielles Denkmal für die Opfer des Stalinismus zu errichten. Die meisten von ihnen starben, bevor sie es hätten sehen können. Der Vortrag untersucht einige der Ursachen und Konsequenzen der ambivalenten Haltung des post-sowjetischen Russland gegenüber seiner stalinistischen Vergangenheit und reflektiert Möglichkeiten den gegenwärtigen Sackgassen zu entkommen.

Nanci ADLER, ist Professorin für Erinnerungskultur, Geschichte und Übergangsjustiz an der Universität Amsterdam und Programmdirektorin am Institut für Kriegs-, Holocaust- und Genozidstudien (NIOD). Sie ist Autorin bzw. Herausgeberin unter anderen der Bücher Keeping Faith with the Party. Communist Believers Return from the Gulag (2012), The Gulag Survivor. Beyond the Soviet System (2002), Victims of Soviet Terror. The Story of the Memorial Movement (1993), Understanding the Age of Transitional Justice. Crimes, Courts, Commissions, and Chronicling (2018). Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Übergangsjustiz und das Erbe des Kommunismus.

The Future of the Stalinist Past

Simon Wiesenthal Lecture (in englischer Sprache) von Nanci ADLER,
Professorin für Erinnerung, Geschichte und Transnational Justice an
der Universität Amsterdam. Autorin und Mitherausgeberin zahlreicher
Bücher, u.a. Understanding in the Age of Transnational Justice,
Crimes, Courts, Commissions, and Chronicling (2018).

Moderation: Dr. Béla RÁSKY, Wiener Wiesenthal Institut für
Holocaust-Studien (VWI).

Datum: 21.11.2019, 18:30 – 20:00 Uhr
Ort: Haus-, Hof- und Staatsarchiv Dachfoyer
Minoritenplatz 1, 1010 Wien
Url: http://www.vwi.ac.at

Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI)
Dr. Jana Starek
+43-1-890 15 14-150
jana.starek@vwi.ac.at
www.vwi.ac.at

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