
Spitalseelsorge: Angriff der Kirchen auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) darf nicht erfolgreich sein!
Wien (OTS) – Spätestens seit dem Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 steht fest, dass das Recht von PatientInnen auf Achtung ihrer Privatsphäre wichtiger ist als die Wahrung der Partikularinteressen der Religionsgemeinschaften. Die bis zum Vorjahr geltende österreichische Regelung, wonach öffentliche Krankenanstalten personenbezogene Patientendaten an die evangelische bzw. orthodoxen Kirchen weiterzuleiten haben, steht nicht in Einklang mit EU-Recht und ist daher ungültig. Infolge haben Seelsorger dieser Kirchen nur dann Zutritt zu Patienten, wenn diese den expliziten Wunsch auf religiöse Betreuung geäußert haben. Die Auswirkungen dieser Stärkung der Patientenrechte sind weitreichend: laut eigenen Angaben ging die Krankenhausseelsorge dieser Kirchen um 90 Prozent zurück. Nun machen die betroffenen Kirchen – gemeinsam mit der Katholischen Kirche und mit dem abstrusen Verweis auf eine angebliche Verletzung der Religionsfreiheit – mobil um ihre Privilegien wiederherzustellen. Gemessen an der bisherigen Erfahrung ist auch tatsächlich zu befürchten, dass das Kultusamt – abermals – eine rechtswidrige Handlung im Sinne der Kirchen setzen wird; einer schwer bekämpfbaren Umgehung unmittelbar geltenden EU-Rechts könnte somit Tür und Tor geöffnet werden.
„Wie seinerzeit bei der Karfreitagsregelung zeigt sich nun auch bei der Krankenseelsorge, dass EU-Recht dazu geeignet ist, pro-religiöse Auswüchse der österreichischen Gesetzgebung einzudämmen. Es bleibt nur zu hoffen, dass das Kultusamt nicht abermals als Interessensvertretung der Kirchen dienen und Gesetze brechen wird“ meint Initiative-Sprecher Eytan Reif. Für den drastischen Rückgang bei der Krankenseelsorge hat Reif ferner eine andere Erklärung als die Kirchenvertreter: „Infolge der DSGVO werden Seelsorger erstmals daran gehindert, PatientInnen ungefragt zu besuchen und nun zeigt es sich sehr eindrucksvoll, dass nur ein verschwindend kleiner Teil der PatientInnen, die formal-rechtlich einer Kirche angehören, auch religiös ist. Diese Tatsache sollten Kirchenvertreter endlich verinnerlichen“. Scharfe Worte richtet Reif zudem an den evangelischen Synodenpräsidenten Peter Krömer, der eine „drastische Beschneidung der Religionsausübung“ beklagt. „Die Selbstverständlichkeit, mit der ein evangelischer Kirchenvertreter das Wort ‚Religionsfreiheit‘ missbraucht, um Privilegien seiner Kirche zu verteidigen, ist nicht nur atemberaubend, sondern auch zynisch: Krömer, als Jurist, sollte wohl wissen, welche Privilegien die Kirchen in Österreich nach wie vor genießen und dass ein uneingeschränkter Zugang zu Patienten für die Kirchen ideelle sowie wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt“.
Wie missbräuchlich ein uneingeschränkter Zugang zu Patienten sein kann, bezeugt der praktische Arzt Dr. Rainer Brandl, der sowohl in Österreich als auch in Europa, Afrika und Asien – und auch in kirchlichen Einrichtungen – viel Erfahrung und Beobachtungen sammeln konnte: „Krankheit und Tod gehören zu den intimsten und schützenswertesten Lebenserfahrungen. Ich habe bei meiner ärztlichen Tätigkeit erlebt, dass Religionsgemeinschaften immer wieder ungefragt in diese Bereiche eindringen, indem sie etwa Priester an Sterbebetten schicken, die Dinge sagen und rituelle Handlungen setzen, welche manche Patienten nicht wollen“. Für Brandl steht fest, dass die DSGVO „den Menschen auch in seinen ganz intimen und persönlichen Entscheidungen schützt“ und dass diese wichtige Regelung daher „aus unsachlichen Überlegungen nicht aufgeweicht werden darf“.
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