Leitartikel “Quo vadis, Bundesheer?” vom 19.01.2020 von Mario Zenhäusern

Innsbruck (OTS) – Eine grundsätzliche Entscheidung über die inhaltliche Ausrichtung der heimischen Landesverteidigung ist überfällig.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hat angekündigt, das österreichische Bundesheer zu einer voll „einsatzfähigen, zukunftsfähigen“ Armee zu machen. Eine mutige Ansage angesichts des desaströsen Zustands der heimischen Landesverteidigung. Derzeit sind die Militärs nicht in der Lage, den laufenden Betrieb zu finanzieren. Es fehlt an allen Ecken und Enden.
Als eine der ersten Maßnahmen kündigte sie an, über eine so genannte Teiltauglichkeit mehr junge Männer als bisher zum Dienst für das Vaterland verpflichten zu wollen. Ein wichtiger Schritt, aber nicht die vordringlichste Aufgabe. Zuerst sollte sich die neue Ressortchefin und mit ihr alle für die Landesverteidigung Verantwortlichen Gedanken über die grundsätzliche Ausrichtung des Bundesheeres machen. Welche Ausgaben muss/soll es künftig bewältigen? Ist es unbedingt notwendig, sich mit Großwaffen – also auch einsatzfähigen Panzern und Abfangjägern – auf eine traditionelle Bedrohung einzurichten? Soll das Hauptaugenmerk in der Zukunft nicht vielmehr auf dem Katastrophenschutz liegen, sich also auf Hilfseinsätze im In- und Ausland konzentrieren? Oder sollen sich die Bundesheer-Angehörigen auf „hybride Bedrohungen“ – Propaganda, Desinformation, nachrichtendienstliche Aktivitäten, Cyber-Angriffe etc. – fokussieren, wie sie Tanner am Donnerstag skizzierte?
Jedes Ja auf eine dieser zentralen Fragen hat Konsequenzen, vor allem finanzieller Natur. Deshalb ist die grundsätzliche Entscheidung über das Bundesheer der Zukunft unabdingbar. In Wahrheit ist sie längst überfällig. Sonst stehen demnächst viele taugliche und teiltaugliche Rekruten vor den Kasernen und niemand weiß, was sie tun sollen und woher das Geld für ihre Ausrüstung beziehungsweise Bezahlung kommen soll.

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