Einstimmiger Beschluss des Nationalrats: Mehr Sicherheit, aber auch mehr Bürgernähe im Justizbereich

RichteramtsanwärterInnen sollen in Bezug auf Gewalt gegen Frauen sensibilisiert werden

Wien (PK) – Mit einstimmigen Beschlüssen im heutigen Plenum

unterstützte der Nationalrat nicht nur eine Gesetzesvorlage von Justizministerin Alma Zadić, die mehr Sicherheit im Gerichtsbereich gewährleisten und Verbesserungen im Bürgerservice der Justiz bringen soll. Die Abgeordneten sprachen sich darüber hinaus auch einhellig dafür aus, RichteramtsanwärterInnen im Rahmen ihrer Ausbildung verstärkt in Bezug auf Gewalt gegen Frauen zu sensibilisieren.

Novelle mit Anpassungen in der Gerichtsorganisation

Ein adäquates Sicherheits- und Bedrohungsmanagement bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie Verbesserungen im Bereich des Bürgerservice sind Kernpunkte der Novelle zum Gerichtsorganisationsgesetz, Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 sowie zum Bundesfinanzgerichtsgesetz.

So soll die in der Praxis bereits bewährte Funktion der Sicherheitsbeauftragten gesetzlich verankert sowie die Grundlage für zentrale Anlaufstellen in Bedrohungsfällen geschaffen werden. Anlass dafür sei, dass Justizbedienstete in zunehmendem Maße übergriffigem oder gar bedrohendem Verhalten ausgesetzt sind, heißt es in der Begründung. Das Gesetz bietet auch die rechtliche Grundlage für die von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Justiz festzulegenden allgemeinen Richtlinien für Sicherheitsstandards in Gerichtsgebäuden. Ausgebaut wird auch die Digitalisierung im Justizbereich.

Ferner sollen Justiz-Servicecenter für BürgerInnen nicht nur wie bisher nur für einen bestimmten Standort (einfache Justiz-Servicecenter), sondern auch unabhängig vom Standort zentral für alle Gerichte und Staatsanwaltschaften (zentrale Justiz-Servicecenter) eingerichtet werden. Die einfachen, bereits eingerichteten Servicecenter sollen jedenfalls erhalten bleiben.

Weitere Punkte der Novelle umfassen unter anderem eine konkrete Regelung, dass mit Strafverfahren, die Sexualdelikte zum Gegenstand haben, gebündelt speziell geschulte Richterinnen und Richter befasst werden sollen, die über besondere Kenntnisse und ausreichende Erfahrung im Umgang mit den Opfern solcher Straftaten verfügen sollen, wie Justizministerin Alma Zadić hervorhob.

Mit der Novelle werde man dem Ansinnen ein Stück gerechter, die Justiz bürgernäher und bürgerfreundlicher zu machen, damit Menschen schneller und einfacher zu ihrem Recht kommen – etwa durch die zentralen Servicestellen zusätzlich zu den bestehenden, so Justizministerin Zadić.

Agnes Sirkka Prammer (Grüne) hob die Vereinfachungen für BürgerInnen durch die zentralen Servicecenter hervor. Auch Johanna Jachs (ÖVP) betonte, ein einfacher Zugang zum Recht sei wichtig. Im Sinne der Sicherheit in Gerichten werde auch die zentrale Anlaufstelle für Bedrohungsfälle in das Gesetz geschrieben. Außerdem strich sie das Ziel hervor, dass nur besonders geschulte RichterInnen in Verfahren mit Opfern von sexueller Gewalt zum Einsatz kommen sollen.

Harald Troch (SPÖ) meinte zu den zentralen Servicecentern, diese können eine Zeitersparnis für BürgerInnen bedeuten. Es gebe hier aber eine Vorgeschichte, nämlich eine Ausdünnung von Infrastruktur in den Bundesländern, was nicht bürgerfreundlich gewesen sei. Außerdem sei die Überlastung der Justiz bekannt, kritisierte er zusätzliche Aufgaben ohne zusätzliches Personal etwa in der Sicherheit oder bei RichterInnen im Hinblick auf “ehrenamtlich” zu übernehmende Aufgaben in der internen Revision.

Christian Ragger (FPÖ) wiederum sprach sich dafür aus, künftig die Einnahmen aus den Gerichtsgebühren nicht mehr dem allgemeinen Budget zuzuführen, sondern für die Justiz selbst zu verwenden. Johannes Margreiter (NEOS) ging es um die grundsätzliche Frage, warum eine Erhöhung der Sicherheit in Gerichtsgebäuden, die er an sich begrüße, überhaupt notwendig geworden sei. Aus seiner Sicht könnte es möglicherweise damit zu tun haben, dass sich immer wieder Menschen als “Justizopfer” sehen würden. Dazu wäre ihm zufolge überlegenswert, im Verfahrensrecht Maßnahmen zu setzen.

Sensibilisierung für Gewalt gegen Frauen

Bei der geplanten Neugestaltung der RichteramtsanwärterInnen-Ausbildung soll die Justizministerin verstärkt Inhalte zur Sensibilisierung für Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt verankern. Das ist die Zielrichtung der Entschließung, die ebenfalls die Unterstützung aller Abgeordneten fand. Sie sprechen sich darin auch dafür aus zu prüfen, ob angehende RichterInnen und StaatsanwältInnen jedenfalls einen Ausbildungsdienst bei einer Opferschutzeinrichtung leisten sollen.

Die Entschließung basiert auf einem Antrag der SPÖ, der wie schon im Ausschuss allerdings keine Mehrheit fand. Darin fordern die SozialdemokratInnen, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, damit RichterInnen und StaatsanwältInnen in Bezug auf Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie Gewalt in der Familie in ihrer Ausbildung und Fortbildung entsprechend geschult und sensibilisiert werden.

Justizministerin Alma Zadić begrüßte den einstimmigen Antrag ausdrücklich. In Österreich gebe es leider eine sehr hohe Zahl an Frauenmorden und häuslicher Gewalt. Es komme zu vielen Anzeigen, aber die Verurteilungsrate sei niedrig und sinke sogar. Sie sehe sich daher gefordert, etwas zu tun, verwies sie etwa auf einen Erlass, Behörden besonders für Opfer häuslicher Gewalt zu sensibilisieren. In der generellen Überarbeitung der Ausbildung für RichteramtsanwärterInnen werde sie darauf achten, diesen Bereich der Sensibilisierung noch weiter zu verbessern.

Selma Yildirim (SPÖ) betonte, die Justiz spiele eine gewichtige Rolle in der Bekämpfung von Gewalt. Das gemeinsame Ziel sei, Gewalt gegen Frauen zu stoppen. Agnes Sirkka Prammer (Grüne) schloss sich dem an. Es gebe schon viele gute Regeln, die die Belastung von Opfern in Verfahren verringern soll. Trotzdem würden Dinge wie etwa abgesonderte Einvernahmen in Anwesenheit des Täters passieren. Auch Gudrun Kugler (ÖVP) unterstrich das Ansinnen, in der Ausbildung Sorge zu tragen, dass die Situation besser verstanden werde – etwa, welche Dimension Gewalt in der Familie habe. Harald Stefan (FPÖ) sprach sich dafür aus, in der Ausbildung auch für den kulturellen Hintergrund zu sensibilisieren, vor allem im Hinblick auf Kulturen, in denen Frauen schlechter behandelt würden. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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