Greenpeace-Gutachten: Ungarisches Mega-Projekt am Neusiedler See verletzt internationale Naturschutzbestimmungen

Umweltschutzorganisation fordert sofortigen Baustopp des Tourismuskomplexes

Wien (OTS) – Das von Greenpeace Österreich beauftragte Gutachten des Biologen Dr. Helwig Brunner vom Grazer ÖKOTEAM stellt dem ungarischen Megaprojekt am Neusiedler See bei Fertőrákos ein vernichtendes Zeugnis aus. Denn das von der ungarischen Regierung unter Premier Viktor Orbán vorangetriebene Projekt eines riesigen Freizeitresorts wird mitten im mehrfach geschützten Nationalpark, Natura 2000-Gebiet und international bedeutenden Ramsar-Feuchtgebiet erbaut. 60 Hektar Natur, umgerechnet rund 80 Fußballfelder, sollen etwa für ein Vier-Sterne-Hotel mit 100 Zimmern, ein Parkhaus mit 880 Stellplätzen und einen Yachthafen mit 850 Bootsliegeplätze zerstört werden. Dadurch wären mehrere bereits gefährdete und EU-rechtlich besonders geschützte Vogelarten bedroht. Das Projekt verstößt damit gegen mehrere Naturschutzbestimmungen, darunter die die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie der EU. Laut Gutachten wäre damit eine EU-Naturverträglichkeitsprüfung erforderlich. Da auch die Bestände seltener Arten wie Stelzenläufer, Seeregenpfeifer und Säbelschnäbler auf österreichischer Seite indirekt mitbetroffen sind, ist eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig. Greenpeace fordert auf Basis dieser naturschutzfachlichen Expertise einen sofortigen Stopp des umweltzerstörenden Mega-Projekts.

“Das ungarische Mega-Projekt am Neusiedler See ist eine Katastrophe für die Zukunft der Artenvielfalt. 80 Fußballfelder Natur werden mitten in diesem Nationalpark unwiederbringlich zerstört. Mit dem aktuellen Gutachten haben wir es schwarz auf weiß, dass der Bau auch ganz klar mehrere Naturschutzbestimmungen verletzt. Der Neusiedler See und seine Bewohner dürfen diesem Luxus-Projekt nicht zum Opfer fallen”, sagt Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster. Für das Gutachten wurden nicht nur aktuelle Fotodokumentationen und Luftbilder rund um das Bauareal genutzt, sondern auch eine Bestandsaufnahme vor Ort durchgeführt. Ziel war es, naturschutzrechtlich relevante Arten zu dokumentieren. Insgesamt konnten acht verschiedene besonders geschützte Vogelarten, darunter Stelzenläufer, Seeregenpfeifer, Purpurreiher und Zwergscharbe gesichtet werden. “Das Bauprojekt am Neusiedler See würde die Lebensqualität der dort lebenden und brütenden Vogelarten deutlich verschlechtern. Zahlreiche Arten, die im Natura-2000-Gebiet besonderen Schutz genießen müssen, sind durch das Mega-Projekt bedroht. Das Projekt steht in Widerspruch zu den rechtlich verbindlichen Zielsetzungen des Schutzgebietes. Dadurch wird das Verschlechterungsverbot für Natura-2000-Gebiete klar verletzt”, sagt Gutachter Brunner von ÖKOTEAM. Zudem weist er auf die zerstörende Beeinträchtigung EU-rechtlich besonders geschützter Lebensraumtypen durch das Bauprojekt hin.

Das 60 Hektar große Bauareal liegt nicht nur mitten im Nationalpark, sondern ist auch Teil des Natura-2000-Gebiets. Dieses unterliegt strengen EU-Richtlinien zum Schutz von Vögeln sowie Tieren, Pflanzen und Lebensräumen. Auch ist das Seeufer durch die Ramsar-Konvention geschützt. Dieses internationale Abkommen stellt Feuchtgebiete und die dort lebende Artenvielfalt in den Fokus. Die Ufer am Neusiedler See dienen 45.000 dokumentierten Rastvögeln als ein zu Hause. Bereits die Baustelle stört die Vögel erheblich, denn diese fliehen vor den Menschen auf bis zu 500 Meter Entfernung. Mit der Inbetriebnahme des Tourismuskomplexes wird die Situation weiter verschärft. Nicht nur werden deutlich mehr Autos in der Gegend unterwegs sein und damit für mehr Lärm und Abgase sorgen. Der Verkehr auf dem See wird durch die 850 geplanten Bootsanlegestellen um rund 20 Prozent erhöht.

Zwar befindet sich das Bauprojekt auf der ungarischen Seite des Sees, doch die Folgen auf seltene Vogelpopulationen könnten sich laut Gutachten auch auf die Bestände auf österreichischer Seite nachteilig auswirken. Greenpeace Österreich fordert gemeinsam mit Greenpeace Ungarn einen sofortigen Baustopp des Projekts und die bestmögliche Behebung der bereits entstandenen Schäden. „Durch den Mega-Bau verwandelt sich dieses Naturparadies in eine karge Landschaft und auch das bunte Vogelgezwitscher wird deutlich abnehmen. Sollte die ungarische Regierung nicht einlenken und das zerstörerische Projekt weiter vorantreiben, muss sich die österreichische Bundesregierung für einen sofortigen Baustopp einsetzen. Auch die EU-Kommission muss sich einschalten, da Ungarn hier einmal mehr EU-Recht mit Füßen tritt“, sagt Greenpeace-Sprecher Schuster.

Das Gutachten von ÖKOTEAM finden Sie unter: https://bit.ly/3zqI471

Ein Factsheet zum Neusiedler See und dem Mega-Projekt finden Sie unter: https://bit.ly/2UwlH11

Bildmaterial finden Sie unter: https://cutt.ly/EmBNkve
Fotomaterial steht unter Angabe der Credits für die redaktionelle Nutzung kostenlos zur Verfügung: © Mitja Kobal / Greenpeace

Herwig Schuster
Biodiversitätsexperte
Greenpeace CEE in Österreich
Tel.: +43 (0)664 43 19 214
E-Mail: herwig.schuster@greenpeace.org

Reka Tercza
Pressesprecherin
Greenpeace CEE in Österreich
Tel.: +43 (0)664 857 45 98
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