
8. Prammer-Symposium – Rendi-Wagner: „Wir alle tragen Verantwortung dafür, dass Frauen sicher leben können“
Bures: „Stemmen uns vereint mit aller Kraft gegen reaktionäre, rückschrittliche und frauenfeindliche Tendenzen“
Wien (OTS/SK) – Das 8. Barbara-Prammer-Symposium hat heute, Montag, unter dem Motto „Leben frei von Gewalt. Die Istanbul Konvention und ihre Perspektiven“ coronabedingt zum zweiten Mal virtuell stattgefunden. Eröffnet wurde das Symposium von SPÖ-Vorsitzender, Klubobfrau Dr.in Pamela Rendi-Wagner, die betonte, dass „Gewalt gegen Frauen keine Privatsache ist, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem. Wir alle tragen Verantwortung dafür, dass Frauen sicher leben können.“ Dass es das Instrument der Istanbul Konvention braucht, „zeigt alleine die Tatsache, dass es im vergangen Jahr in Österreich 31 Femizide und über 50 Mordversuche an Frauen gegeben hat.“ Die Umsetzung der Istanbul Konvention brauche mehr Mittel, mehr Personal, eine unabhängige Koordinierungsstelle, den Ausbau der Hochrisikokonferenzen und einen Nationalen Aktionsplan Gewaltschutz. ****
„Rasche Hilfe rettet Leben“, sagt Rendi-Wagner, die unterstreicht, dass sich die Ungleichbehandlung von Frauen durch die Pandemie in vielen Bereichen verschärft hat: „Wir müssen alles dafür tun, dass Frauen selbstbestimmt und in Sicherheit leben können. Wir stehen auf der Seite der Frauen – ganz im Sinne von Barbara Prammer.“
Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures bewertete in ihrer Begrüßungsrede das Barbara-Prammer-Symposium als „Neujahrsempfang der österreichischen Frauenbewegung“. Hier entstehe Kraft und Energie, eine gemeinsame Ausrichtung und Aufbruchsstimmung. Bures führte die US-Poetin Amanda Gorman an, die sagte: „Es gibt immer Licht, wenn wir nur mutig genug sind, es zu sehen, wenn wir nur mutig genug sind, es zu sein“. „Sich aus häuslicher Gewalt zu befreien, ist ein immenser Kraftakt, der unfassbaren Mut braucht. Vor allem braucht dieser Kraftakt auch ein Netzwerk an Hilfsangeboten, an gesetzlichen Rahmenbedingungen und die geschlossene gesellschaftliche Ächtung von Gewalt“, betonte Bures, die auch an die gestiegene Zahl der Gewalttaten im Zuge der Corona-Pandemie und die Dunkelziffer bei der häuslichen Gewalt erinnert.
Bures betont, dass die Istanbul Konvention als Erfolg zu werten ist: „Alle Länder in Europa sind schrittweise – mal schneller, mal langsamer – in die richtige Richtung gegangen.“ In den letzten Jahren gab es aber „dunkle Wolken“. Elf Staaten haben die Istanbul Konvention noch immer nicht ratifiziert, das ungarische Parlament hat sogar gegen die Ratifizierung gestimmt und die Türkei ist mit 1. Juli letzten Jahres aus der Konvention ausgestiegen, weitere Länder wie Polen, Slowenien und die Slowakei bereiten einen Ausstieg vor. „Unsere Antwort ist klar: Wir stemmen uns vereint mit aller Kraft gegen reaktionäre, rückschrittliche und frauenfeindliche Tendenzen und kämpfen mit all unserer Leidenschaft für weiteren feministischen Fortschritt“, sagte Bures.
Die Vorsitzende der SPÖ-Frauen und SPÖ-Gleichbehandlungssprecherin Eva-Maria Holzleitner betonte, dass die Vorkämpferinnen in der SPÖ-Frauenpolitik gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und Frauenvereinen die letzten Jahrzehnte viele Fortschritte erreicht haben. „Die bröckeln in der aktuellen Frauenpolitik.“ Als Beispiel nannte Holzleitner den Frauenfonds, den die aktuelle Frauenministerin plant. Dieser Fonds entzieht sich jeder parlamentarischen Kontrolle und ist komplett undurchsichtig. „Hier besteht die große Gefahr, dass kritischen Frauenorganisationen ihre Gelder gekürzt werden“, so Holzleitner, die betont, „dass wir hier nicht zuschauen werden, dass öffentliche Gelder in eine Blackbox verschoben werden.“ Maria Maltschnig, die Direktorin des Renner-Instituts, betonte die Wichtigkeit des Barbara-Prammer-Symposiums als feministischen Auftakt des Jahres und die breite Palette des Renner-Instituts an Bildungsangeboten in diesem Bereich, im Besonderen die Frauenakademie.
László Andor, Generalsekretär der Foundation for European Progressive Studies (FEPS), sagte in seinem Beitrag: „Im Jahr 2022 müssen wir leider einen Stillstand in der Gleichberechtigung feststellen. Aufgrund der Pandemie ist die Gewalt an Frauen gestiegen. Die geschlechtsspezifische Gewalt führt zu großem Leid. In einigen Ländern wird die Istanbul Konvention leider nicht ernst genug genommen. Dringend notwendig sind umfassende Maßnahmen, um Frauen zu schützen sowie ein adäquates Mindesteinkommen, um die Unabhängigkeit von Frauen zu sichern.“
Unter den mehr als 200 Teilnehmer*innen sind unter anderem Nationalrät*innen, Landesfrauenvorsitzende, Kommunalpolitiker*innen, Botschafter*innen aus vielen Ländern, wie etwa die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Evelyn Regner, SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, die ehemalige SPÖ-Frauenvorsitzende und SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek, Direktorin des Renner-Instituts Maria Maltschnig, SPÖ-Bundesratsfraktionsvorsitzende, ÖGB-Frauenvorsitzende und Vizepräsidentin Korinna Schumann, AK-Präsidentin Renate Anderl, Ex-Ministerinnen Maria Berger und Helga Konrad, SPÖ-Frauengeschäftsführerin Ruth Manninger, oder Botschafter und langjähriger Prammer-Mitarbeiter Helfried Carl. Keynote-Sprecherinnen sind die Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie Rosa Logar und die Leiterin des Sekretariats im Europarat zum Monitoring der Umsetzung der Istanbul Konvention Johanna Nelles. (Schluss) ls/up/sl/lp
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