
20. Wiener Gemeinderat (3)
Aktuelle Stunde (Fs)
Wien (OTS/RK) – GR Stefan Berger (FPÖ) erachtete die von den Grünen angestoßene Transparenz-Debatte angesichts der aktuellen Entwicklungen auf Bundesebene zwar als sinnvoll, ortete aus grüner Sicht aber einen „Schuss ins Knie“. Die Wiener Grünen seien „skrupellos“ und würden „keinen Genierer zeigen“, wenn sie nach zehn Jahren Regierungsbeteiligung ein solches Thema aufs Tapet bringen. Zeige die juristische Aufarbeitung doch, dass sich auch grüne Politiker die politische Arbeit für andere Interessen zunutze gemacht hätten. Das habe mittlerweile zu ersten Anklagen geführt, sprach Berger die Causa um den ehemaligen grünen Planungssprecher Christoph Chorherr an. Zudem würden die Grünen auf Bundesebene Inserateninhalte mitfinanzieren, die der blaue Gemeinderat als „intellektuelle Tiefflieger“ einstufte. Als Beispiel brachte er ein Inserat, auf dem mit dem Slogan „Alle haben den Booster, nur nicht Kai. Der war auf Hawaii“ für die dritte Corona-Impfung geworben wurde. Die Grünen würden mit der Forderung nach mehr Transparenz Ansprüche stellen, die sie nicht einmal parteiintern sicherstellen könnten, folgerte Berger. Als weiteres Beispiel brachte er ein Interview des grünen Vizekanzlers Werner Kogler, in dem dieser behauptet habe, es gäbe keine Sideletter. Abschließend kritisierte der FPÖ-Gemeinderat den auf Bundesebene vorgelegten Entwurf zum Parteien-Förderungsgesetz. Angesichts eines „legistischen Totalversagens der Bundesregierung in den letzten Monaten“ sei er genau wie der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler aber skeptisch.
GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) fand die Transparenz-Diskussion gut und wichtig und verwies auf transparente Parteikassen bei den NEOS. Es sei die gemeinsame Aufgabe aller Parteien, für eine saubere, transparente Politik zu kämpfen. Leider verkomme die Debatte aber oft zu Scharmützeln zwischen Regierung und Opposition. Das Parteienfinanzierungsgesetz der Bundesregierung komme zwar spät, sei aber ein Schritt in die richtige Richtung, meinte Konrad, der den Bundesgrünen für ihre Beharrlichkeit in dieser Hinsicht dankte. Zusätzlich brauche es aber auch eine Verschärfung des Korruptionsstrafrechts sowie ein umfassendes Informationsfreiheitsgesetz, das den Bürger*innen „eine Einschau in das Handeln des Staates“ ermögliche. „Action“ vermisste der NEOS-Mandatar seitens der Bundesregierung bei der Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie. Dass Österreich es nicht einmal geschafft habe, einen entsprechenden Gesetzesentwurf nach Brüssel zu schicken, was die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens zur Folge habe, sei beschämend. Wien sei hier einen eigenen Weg gegangen, betonte Konrad. Vizebürgermeister und Transparenz-Stadtrat Christoph Wiederkehr habe als eines der ersten Projekte eine Whisteblower-Plattform eingeführt.
StR Peter Kraus, BSc (GRÜNE) ortete in der bisherigen Diskussion vor allem „rhetorische Nebelgranaten“ von SPÖ, ÖVP und FPÖ. Es gelte nun, das Parteienfinanzierungsgesetz als Chance zu nutzen. Habe man in der Folge von Ibiza doch gesehen, wie Parteispenden am Rechnungshof vorbeigeschleust und Superreiche sich Gesetze kaufen würden. Verbindlichkeiten politischer Parteien müssten immer offengelegt werden, erklärte Kraus – „weil es nicht nur finanzielle, sondern auch inhaltliche Verbindlichkeiten sind“. Aufgabe des Gemeinderates sei es nun, Wege zu mehr Transparenz zu finden. Das angesprochene Informationsfreiheitsgesetz sei das beste Beispiel dafür. In dieser Hinsicht werde von den Parteien „mit dem Finger im Kreis gezeigt“. Alle müssten nun darüber nachdenken, wie Hindernisse aus dem Weg geräumt werden können. In der Landtagssitzung in zwei Monaten könnten bereits Regeln für mehr Transparenz und Fairness auf den Tisch beschlossen werden, schlug Kraus vor. Etwa Obergrenzen für Wahlkampfkosten, Kontrollrechte für den Stadtrechnungshof, Sanktionen und strengere Regeln auf Landesebene.
GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) gab Kraus punkto gegenseitige Schuldzuweisungen recht. Transparenz sei im Sinne aller Parteien. Und gerade in Wien müssten daher offene Baustellen angegangen werden. Eine davon sieht die ÖVP-Mandatarin in der Funktion des Transparenzstadtrats, den sie als „Etikettenschwindel“ bezeichnete. Habe er doch für die Umsetzung seiner Ziele weder eine eigene Magistratsabteilung, noch Geld, noch eine Handhabe in anderen Magistratsabteilungen. Zudem sei besagte Whistleblower-Plattform nicht beim Transparenzstadtrat angesiedelt, sondern „irgendwo beim Bürgermeister verräumt worden“. Hungerländer kritisierte, dass die Stadtregierung der Opposition keine Einsicht in veröffentlichte Studien gewähre. Hier wäre der Transparenzstadtrat gefragt. Punkto Reform der Förderrichtlinie, der die ÖVP zugestimmt hatte, gäbe es aus der Sicht der Mandatarin ebenfalls noch Handlungsbedarf. So sei „völlig absurd“, dass In-sich-Geschäfte nach wie vor möglich seien. Zudem gebe es die Tendenz, Geld in Fördercalls und Fördertöpfe zu verschieben, wobei die Opposition in den jeweiligen Akt keinen Einblick habe. Es sei daher nicht klar ersichtlich, wofür die Mittel verwendet würden. Einzelne Projekte würden zudem von zwei verschiedenen Ressorts aus zwei verschiedenen Fördertöpfen Geld bekommen. Als dritten Punkt führte Hungerländer „ominöse Gutachten der Magistratsdirektion auf Zuruf der Bezirksvorsteher“ ins Treffen. Mit solchen Persilscheinen würden etwa von der Opposition beantragte Bürgerversammlungen verhindert, Einblick in die Gutachten bekäme man aber nicht. Und auch die Besetzungspolitik der grünen Ministerin Gewessler erachtet die ÖVP-Gemeinderätin als intransparent: Binnen eines Jahres habe diese 13 Jobs in staatsnahen Betrieben umbesetzt. Als Beispiele führte Hungerländer KUVAG, Brenner-Basistunnel, Asfinag, Schienen-Infrastruktur-Gesellschaft, Austro-Control oder ORF an.
GR Mag. Josef Taucher (SPÖ) strich die respektvolle und effiziente Zusammenarbeit mit den NEOS als Koalitionspartner hervor. Den Wiener Grünen warf der SPÖ-Klubvorsitzende vor, das in sie gesetzte Vertrauen verspielt zu haben, da sie in den vergangenen zehn Jahren gemeinsam paktierte Projekte nun verhindern wollen. Punkto Transparenz ließ Taucher kein gutes Haar an den Bundesgrünen, „die Sideletter machen, aber dann in der eigenen Bundesversammlung nichts davon erzählen“. Nicht einmal die eigenen Wähler der Grünen könnten ihnen vertrauen. Die Grünen würden im Bund alles mittragen, sich aber permanent auf die Rolle als kleiner Koalitionspartner herausreden. Sie könnten nur Pressetexte schreiben, brächten sonst aber nichts zusammen: keine Gesetze, keine Rettung von 100 Kindern aus Moria, eine gescheite internationale Politik oder eine Aufnahme bedrohter Frauen aus Afghanistan. Als Psychologe bot Taucher den Grünen eine kostenlose Beratungsstunde an, „um den Trennungsschmerz und das Trauma Hebein nach 1,5 Jahren endlich zu verarbeiten“. Abschließend bat der SPÖ-Politiker die Grünen um „mehr konstruktive Beiträge und nicht nur Betonschädelpolitik“.
Hauptdebatte
Neufassung der Smart City Wien Rahmenstrategie 2019 bis 2050 als Smart „Klima“ City Strategie Wien
GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ) ging hart mit den NEOS ins Gericht. Diese seien in den vergangenen 15 Monaten „vom roten Moloch aufgesaugt“ worden und nur mehr „Sektion N – N wie NEOS und Nutzlos“. Ebenso lustig machte sich der Blaue über die Grünen, die in einem Antrag zum Klima-Fahrplan die Rückgewinnung von Phosphor aus Urin anstreben würden. Dieser Antrag sei „nach dem 3. Joint im grünen Sitzkreis“ beschlossen worden. Der von SPÖ und NEOS vorgelegte Klima-Fahrplan sei in erster Linie rosa heiße Luft, meinte Guggenbichler. Er ortet darin bloß Überschriften, aber keinerlei Details, keine Finanzierungsvorschläge und keinerlei Erklärung, wie die geplanten Maßnahmen sozial abgefedert werden sollen. Zudem beinhalte der Klima-Fahrplan nicht nachvollziehbares Zahlenmaterial. So gebe es etwa keine Fußnote wie die CO2-Ersparnis errechnet wurde, kritisierte der FPÖ-Gemeinderat. Aufgrund zu weniger Informationen werde man dem Klima-Fahrplan nicht zustimmen.
(Forts.) bic
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