
Leitartikel „Endlich „außi aus die Staudn““ vom 21. April 2022 von Peter Nindler
Innsbruck (OTS) – Schwarz-Grün fährt bei den umstrittenen Skigebietserweiterungen einen Zickzackkurs. Die Debatten über das Gletscher-schauspiel „Hannibal“ offenbaren die schwammige Politik zum „neuen Tourismus-Weg“ und zur Naturraumpolitik.
Von Peter Nindler
Hannibal deckt die Schwächen der Tiroler Naturraumpolitik – ob im Tal oder in den Bergregionen – schonungslos auf. Und zugleich die halbherzige Praxis der schwarz-grünen Landesregierung. Der inszenierte „Alpenkrieg“ (Die Furche) ist angesichts der Katastrophe in der Ukraine ein Weichspüler, obwohl die auf die imposante Alpenüberquerung des Karthager Feldherrn reduzierte szenische Darstellung im ewigen Eis schon immer eine Geschichtsklitterung dargestellt hat. Denn Krieg bleibt Krieg.
Allerdings ist die Sensibilität heute eine andere, Medien und die Öffentlichkeit haben dazugelernt. Sie stellen andere, richtigere Fragen als noch vor 20 Jahren und lassen sich nicht von den zugegebenermaßen beeindruckenden Bildern vom Rettenbachferner ablenken.
Schließlich geht es um ein hohes Maß an Empfindsamkeit, was den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine betrifft, und um Sorgfalt im Umgang mit der Tiroler Bergwelt. Sie ist kein unantastbares Museum, sondern in ihrer Einzigartigkeit erlebbar: für Einheimische wie für Touristen. Der Wintersport findet darin unendlich viel Platz in mehr als 80 Skigebieten und auf 3400 Pistenkilometern. Mit 950 Seilbahnen und Liftanlagen wurden die Alpenräume erschlossen. Es reicht, sagen deshalb nicht nur Umweltinitiativen.
Die schwarz-grüne Landesregierung hat sich ebenfalls auf einen neuen „Tiroler Weg“ mit „weniger ist mehr“ im Tourismus eingeschworen und auf eine raumverträgliche Tourismusentwicklung. Doch die Skepsis bleibt. Am Ende wird man freilich von vielen Nachhaltigkeits-Schlagwörten erschlagen und man muss erkennen, dass uns in einer öffentlichen Interessenabwägung Hannibal trotzdem wichtig sein muss. Wie bitte?
Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und Umweltreferentin LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) schwindeln sich zwar mit dem richtigen „Kriegsargument“ aus der Bedrängnis heraus, aber ohne auf die verstörenden Pistenbullys, Feuerwerke und Hubschrauberspektakel am Gletscher einzugehen. Die Politik tritt penetrant schwammig auf, so wie sie schon ihre neuen Tourismus-Wege und das Seilbahnprogramm vage definiert hat. Dass Bürgerinitiativen jetzt einen absoluten Gletscherschutz und klare Skigebietsgrenzen einfordern, ist mithin nachvollziehbar. Weil Hannibal zeigt, was trotz Klimawandels bzw. „nicht zu wenigen Skigebieten in Tirol“ (Altlandeshauptmann Wendelin Weingartner) und des höllischen Kriegs in der Ukraine in den Alpen alles möglich ist.
Wie hat es der ehemalige Tiroler AK-Präsident Fritz Dinkhauser schon immer gefordert? Will die Landesregierung glaubwürdig sein, muss sie „außi aus die Staudn“. Zeit wär’s.
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