
Rotes Kreuz: Menschen in Krisen können nicht warten
Das Rote Kreuz erinnert die österreichische Bundesregierung an zugesagte Beschlüsse in der Entwicklungspolitik
Wien (OTS) – Rotkreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig macht erneut auf die Verantwortung der Politik für globale humanitäre Hilfe aufmerksam: „Während die Augen der ganzen Welt derzeit auf die schrecklichen Geschehnisse in der Ukraine gerichtet sind, gibt es – nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit – noch viele andere Krisen. In immer mehr Regionen der Welt sind wir mit dem Zusammenfall von Hunger, Klimakatastrophen und bewaffneten Konflikten konfrontiert.“
Mangelnde Planbarkeit
Durch fehlende langfristige Beschlüsse der Österreichischen Bundesregierung leide die Planbarkeit der Humanitären Arbeit von Hilfsorganisationen in den betroffenen Ländern. „Das Hinauszögern behindert unsere konkrete Arbeit vor Ort. Eine kontinuierliche Strategie der Regierung ist unbedingt notwendig, damit wir die Hilfe in den betroffenen Ländern auch langfristig garantieren und ausbauen können.“
Opriesnig fordert daher die Regierung auf, das Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik 2022 – 2024 und die Strategie der Humanitären Hilfe der Republik Österreich rasch zu beschließen. Dies hätte bereits Ende 2021 geschehen sollen, inklusive einer substanziellen Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen (ODA – Official Development Assistance), wie im Regierungsprogramm vorgesehen. „Menschen in Krisengebieten können nicht warten, sie brauchen dringend und langfristig unsere Hilfe. Und es werden jeden Tag mehr.“
Weit entfernt von 0,7%
Weiters kritisiert Opriesnig die stagnierenden ODA-Zahlen, obwohl im Regierungsprogramm eine schrittweise Erhöhung der Mittel in Richtung des internationalen Ziels von 0,7% des Bruttonationaleinkommens (BNE) festgehalten sei. „Hier appellieren wir an die Bundesregierung, die Umsetzung dieses sowieso recht bescheidenen Beitrags entschlossener anzugehen.“ Er begrüße die Soforthilfemaßnahmen für die Ukraine und ihrer Nachbarländer in der Höhe von 42 Mio. Euro und die Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds (AKF) auf 60 Mio. Euro. „Doch auch damit liegt Österreich aktuell bei 0,31% des BNE und damit sind wir von den angepeilten 0,7% noch weit weg.“
Aktuelle Krisengebiete
Als Beispiele für Krisengebiete nennt der Rotkreuz-Generalsekretär den Wiederaufbau in Afghanistan und die multiplen humanitären Probleme in vielen Ländern Afrikas, als Folgen von bewaffneten Konflikten und Klimawandel. „Trotz des Endes der jahrzehntelangen Kampfhandlungen ist Afghanistan ein Land in einer wirtschaftlichen, sozialen und humanitären Krise. Aufgrund der schweren Dürre im vergangenen Jahr und der Sanktionen seit Herbst 2021 hat sich die Situation für die Bevölkerung noch weiter verschlechtert.“ Mehr als die Hälfte der Menschen sind in Afghanistan von Nahrungsmittelhilfe abhängig und die Fälle akuter Unterernährung explodieren in den vergangenen Monaten. Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz halten die Grundversorgung mit Nahrung, Wasser, Elektrizität und medizinischen Leistungen am Laufen. „Diese Hilfe muss weitergehen, während das Land wiederaufgebaut wird“, so Opriesnig. Das Rote Kreuz wird 2022 mit 200 Millionen Schweizer Franken u.a. das Gesundheitssystem sowie die öffentliche Wasser- und Stromversorgung unterstützen.
Mehr als 10,5 Millionen Menschen in Burkina Faso, Mali, Niger und Mauretanien sind in der kommenden ‚mageren Saison‘ zwischen den Ernten von Hungersnot bedroht, zugleich sind etwa zwei Millionen Menschen aufgrund von bewaffnetem Konflikt auf der Flucht und können ihre Felder nicht mehr bestellen. Die Region spürt die negativen Auswirkungen des Klimawandels stark und ist von der größten Dürre seit Jahrzehnten betroffen. Das Rote Kreuz erhöht seine Hilfsaktivitäten, um der notleidenden Bevölkerung Nahrungsmittel und Wasser zur Verfügung zu stellen.
Die Auswirkungen der Ukrainekrise auf die globale Getreideproduktion verschärfen die Lage für die Bevölkerung und für Hilfsorganisationen durch steigende Preise in vielen Gebieten noch weiter. Im östlichen Afrika etwa stammen 90% des importierten Weizens aus der Ukraine und der Russischen Föderation.
Steigerung der Resilienz für zukünftige Schocks
Zusätzlich werden längerfristige Lösungen gesucht, um den Menschen Selbsthilfe im andauernden Konflikt und bei zukünftigen Klimaschocks zu ermöglichen. So hat das Rote Kreuz in den vergangenen zehn Jahren die Bevölkerung in Kenia darin unterstützt, mit den Folgen von Dürren und klimabedingten Änderungen im Regenfall umzugehen, etwa durch dürreresistentes Saatgut und die Einführung von Tröpfchenbewässerung, die den Menschen eine Ernte mit minimalem Wassereinsatz und so das Überleben in einer Hungerperiode ermöglicht. Nicht nur die Sahelzone, das Horn von Afrika und das südliche Afrika sind aktuell von Dürreperioden betroffen, sondern auch Indien.
Katastrophenvorsorge
Im Jahr 2021 wurde weltweit eine höhere Anzahl von wetterbedingten Katastrophen festgestellt – inklusive Dürren. Dabei verursachten Fluten die meisten Todesfälle. „Die Anzahl und Intensität von wetterbedingten Extremereignissen steigt in den vergangenen zehn Jahren an. Eine gute Katastrophenvorsorge reduziert effektiv die Zahl der betroffenen Menschen und Todesfälle“, so Rotkreuz-Generalsekretär Opriesnig. So wurden in Mosambik mit Hilfe des 2021 von der österreichischen Regierung unterstützten „Disaster Relief Emergency Fund“ (DREF) vorausschauende Hilfe bei Zyklonen und Überflutungen mit Frühwarnprotokollen ermöglicht: bereits bevor Tropensturm Ana im Jänner 2022 die Küste erreichte, wurden vom Roten Kreuz Materialien zur Befestigung von Häusern verteilt und Evakuierungen durchgeführt – so konnten Leben gerettet und die Lebensgrundlage der Menschen erhalten werden.
Österreichisches Rotes Kreuz
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