13. Wiener Landtag (3)

Wien (OTS/RK) – LAbg. Mag.a Caroline Hungerländer (ÖVP) bezog sich auf ihre Vorrednerin LAbg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) und hielt fest, dass deren angeführten Beispiele aus Berichten der Volksanwaltschaft über die MA 35 stammen würden. Diese würden belegen, wie reformbedürftig die Magistratsabteilung sei. Bezugnehmen auf eine Studie der MA 17 betonte Hungerländer, dass es viele Gründe gebe, warum Staatsbürgerschaften beantragt würden. Die Beweggründe seien deutlich vielschichtiger, es gehe dabei „nicht nur um Einkommen oder Integration“. Laut Studie seien ein Drittel der Wiener*innen nicht wahlberechtigt. Diese Aussage sei aber nicht „rechtmäßig“, da diese Gruppe genau aufgegliedert werden müsse. Darunter seien Menschen, die seit zehn bis 20 Jahren in Wien leben, aber auch Menschen, die gerade zugezogen seien, Expats genauso wie Studierende. Das sei eine „unsachgemäße Zusammenmischung“ von unterschiedlichen Aufenthaltstiteln und Aufenthaltsdauer. Außerdem würde laut Studie die Staatsbürgerschaft am häufigsten nach sechs Jahren vergeben. So hätten bereits 81 Prozent der ausländischen Staatsbürger in Wien Anspruch darauf. Dieser Anspruch werde jedoch nicht genutzt. Und auch das Einkommen sei kein Hauptgrund: Denn unter Drittstaatsangehörigen mit mehr als zehn Jahren Aufenthalt würden nur 15 Prozent das geforderte Einkommensniveau nicht erreichen. Hungerländer hielt fest, dass besonders Menschen mit Asylstatus, die unter fünf Jahre in Wien wohnen, ein Interesse daran hätten, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Motive seien die Festigung des Aufenthaltstitels und ökonomischer Nutzen. „Die Möglichkeit, um bei Wahlen mitzustimmen, ist kein zentrales Motiv“, betonte Hungerländer. Laut Studie hätten 39 Prozent der Befragten einen klaren Wunsch nach Einbürgerung. Aber diese würden sich hauptsächlich aus Asyl- und Subsidiär Schutzberechtigten, Drittstaatangehörigen und Menschen, die erst seit weniger als fünf Jahren in Wien leben, zusammensetzen. So würde Asyl und Migration vermischt werden: „Wir wollen nicht, dass Personen illegal nach Österreich kommen, nicht abgeschoben werden können und ihre Kinder nach fünf Jahren automatisch Staatsbürger*innen werden“. Außerdem hätte der „Linksblock“ ein verstärktes Interesse an einem leichteren Zugang zu Staatsbürgerschaften. Das belege auch das Ergebnis der „Pass-Egal-Wahl“ von SOS Mitmensch: 77 Prozent hätten für die Linken gestimmt. „Der Grund für die Forderung ist, für die eigene Fraktion mehr Wählerstimmen zu erhalten. Wir stehen dazu, dass die Staatsbürgerschaft ein hohes Gut ist und damit wertvoll umgegangen werden muss. Das steht am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses“, schloss Hungerländer.

LAbg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) ergriff noch einmal das Wort und replizierte auf Hungerländer, dass sie in ihrer Rede nicht die MA 35 kritisiert habe, sondern „Bestimmungen im Staatsbürgerschaftsrecht und Vorgaben an den Vollzug als Beispiele“ vorgebracht habe.

LAbg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi (SPÖ) hielt fest, dass alle Kinder, die hier geboren sind, dieselben Rechte haben sollten. Er kritisierte in diesem Zusammenhang ÖVP-Abgeordneten Karl Mahrer für seine Rede:
„Alle Kinder haben das Recht auf Sicherheit, Geborgenheit und Anerkennung. Denn alle Menschen sind an Würde gleich“. Diese Diskussion empfinde er als „sehr verachtend“. Es gehe nicht um Erleichterungen, sondern um eine Weiterentwicklung des Systems. Er bezog sich auf seine persönlichen Erlebnisse. Auch gebe es viele Wissenschaftler*innen, die international forschen und nicht in Österreich leben würden. „Schätzen wir solche Menschen dann weniger?“ Er bezog sich auf Aussagen seines Vorredners LAbg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ) zum Asylrecht auf Zeit und betonte, dass viele namhaften Persönlichkeiten wie Paul Lendvai nicht mehr hier gewesen wären, genauso wie viele bosnische oder syrische Kinder, die hier aufgewachsen seien. „Wenn Eltern fünf Jahre legal in Österreich leben und arbeiten, dann müssen alle Kinder gleich behandelt werden“, so Al-Rawi. Auch sei die finanzielle Hürde für den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht zu unterschätzen. 1,4 Millionen Österreicher*innen seien davon betroffen. In diesem Zusammenhang bezog er sich auf Taxifahrer*innen, die kaum eine Chance auf Einbürgerung wegen Verwaltungsübertretungen, die im Zuge ihrer Berufsausübung auftreten, hätten. „Gehen wir auf die Menschen zu, es geht hier nicht um Ideologien. Es geht um Menschlichkeit und Empathie. Kein Mensch, der eingebürgert worden ist, hat jemals Österreich oder unsere Werte entwertet“, schloss Al-Rawi.

LAbg. Stefan Berger (FPÖ) bezeichnete seine SPÖ-Vorredner als „realitätsfremd“. Wenn man Vorschläge so umsetzen würde, wäre die MA 35 maßlos überfordert, da es zu Massenanträgen kommen würde. „Die politische Verantwortung“ für den Zustand der Behörde trage die SPÖ. Die Probleme der MA 35 seien nicht neu und seien bereits in Vergangenheit heftig kritisiert worden. Diese Verfehlungen seien weder abgestellt noch Verfahrungen beschleunigt worden. Er kritisierte den Vorschlag der ÖVP noch mehr Personal aufzunehmen. Es müsse in Digitalisierung und ökonomische Verfahrensabläufe investiert werden. Bisher seien nur ineffiziente Prozesse umgesetzt worden. Nur so könne es zu einer Verbesserung kommen. Auch könne es nicht an den Bundesgesetzen liegen, denn „acht andere Bundesländer schaffen es auch“. Wien müsse seine Aufgaben machen. Berger hielt weiters fest, dass es auch SPÖ-Politiker*innen in den Bundesländern gebe, die sich nicht für eine Aufweichung des Staatsbürgerschaftsrechts aussprechen. Auch habe die SPÖ Wien nach dem Anschlag in Wien im November 2020 Veränderungen gefordert. Er hob das fortschrittliche und progressive Staatsbürgerschaftsrecht in Dänemark hervor. Hier würden alle an einem Strang ziehen. „Dänemark muss unser Vorbild sein“, so Berger. Integrationspolitisch würden hier auch richtige Maßnahmen gesetzt – zum Beispiel Präventionsgebiete, um Parallelgesellschaften zu verhindern. Das bräuchte man auch für Wien, und Berger kritisierte den „Linksblock“, da durch „ihre Politik“ viel zu spät Integrationsmaßnahmen gesetzt würden. Abschließend brachte er einen Antrag zum Thema „Keine Aufweichung des Staatsbürgerschaftsrechts“ und den Antrag „Keine Erhöhung der Leistungen in der Grundversorgung“ ein.

LAbg. Mag.a Aygül Berivan Aslan (GRÜNE) kritisierte Änderungen des Fremdenrechtspakets durch die SPÖ im Bund. Das Staatsbürgerschafts-und Fremdenrecht sei kaputt und müsse repariert werden. Sie freue sich, dass das auch der SPÖ-Klub so sehe. Aslan schilderte ihren persönlichen Lebensweg als Kurdin in der Türkei. Das Thema Staatsbürgerschaft sei für sie immer sehr emotional gewesen. Durch die österreichische Staatsbürgerschaft konnte sie ihren kurdischen Namen weiter tragen. Ihr Vater begründetet die Entscheidung zum Antrag der Staatsbürgerschaft damit, dass er mehr Freiheit und Sicherheit für seine Kinder wollte. „Meine Eltern wollten, dass ihre Kinder eine menschenwürdiges uns sicheres Leben in Österreich genießen können“, so Aslan. Es sei verletzend, wenn man von einer Abwertung der Staatsbürgerschaft spreche. „Niemand kann mir das Gefühl wegnehmen, dass ich mich in Tirol zu Hause fühle“, und so gehe es vielen Menschen in Österreich, stellte Aslan fest. So könne man sich auch die Frage stellen, was man mit jenen macht, die den Ruf Österreichs durch korruptes Vorgehen schädigen würden: „Verdienen diese Menschen dann eine Staatsbürgerschaft? Sicher nicht mehr als Menschen wie ich, die sich tagtäglich für demokratische Grundwerte einsetzen oder Menschen, die sich gegen staatsfeindliche Gruppen stellen“. Es gehe in dieser Diskussion um eine Wählerschaft, die ausgegrenzt werde. „Habt keine Angst vor den Menschen, die jahrzehntelang an den Baustellen dieser Stadt gearbeitet haben oder das Pflegesystem erhalten.“ Diese Debatte sei bloß eine „Ablenkung von Korruptionsvorwürfen“, die im Raum stehen würden. Abschließend brachte Aslan einen Antrag ein, der den Zugang zur österreichischen Staatsbürger*innenschaft für Personen, die bis 1983 geboren wurden und deren Mütter österreichische Staatsbürgerinnen sind bzw. waren, einfach und niederschwellig ermöglichen soll. (Forts.) kro

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