25. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2021 (8)

Beratung der Geschäftsgruppe Soziales, Gesundheit und Sport

Wien (OTS/RK) – GRin Mag. Barbara Huemer (Grüne) wünschte sich „mehr Tempo, mehr Mut, mehr Dialog“ für die Wiener Gesundheitspolitik. Sie habe dafür nicht nur Lob wie ihr Vorredner, sondern sie müsse auch Defizite aufzeigen. Sie erkenne wohl die harte Arbeit der Mitarbeiter*innen, vor allem der Pfleger*innen, Ärzt*innen und Therapeut*innen für die beste Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Aber es gebe immer mehr Mängel und Lücken in der Versorgung, die durch „vor sich her geschobene Entscheidungen entstanden und zunehmend bemerkbar sind“. Sie sehe, dass im Bereich Pflegeausbildung etwas weiter gegangen sei. Auch in Versorgung der Kinder habe es Fortschritte gegeben, aber es sei noch lange nicht genug. Huemer lobte das Covid-Testregime, das die Stadt aufgezogen habe. Dennoch:
das Fazit sei ein sehr kritisches. Es herrsche nach wie vor ein Fachkräftemangel. Sie sei froh, dass der Bund „nach Jahrzehnten des Stillstands“ eine Pflegereform auf die Beine gestellt habe. Auch Mittel der EU würden in diesem Bereich eingesetzt. Das täusche aber nicht darüber hinweg, dass Wien schon vorher mehr hätte machen können, wie Arbeitsplatzqualität, Ausbildungsplatz-Gestaltung und -Finanzierung, Abgeltung von Ausbildungs- und Praktikumszeiten und in der Bezahlung. Die Stadt dürfe sich nicht auf den Bund ausreden, sondern müsse selbst Initiativen setzen. Huemer wünschte sich auch ein Wiedereinstiegs- und Rückkehrprogramm für Menschen, die erschöpft aus dem Pflegeberuf ausgestiegen seien. Die „Baustelle Kinderpsychiatrie und Kindergesundheitsversorgung“ sei „wirklich beschämend“. Eltern in Wien müssten tief in die Tasche greifen oder monatelang auf einen Kassenplatz warten. Sie forderte daher einen runden Tisch mit Fachleuten zum Thema altersadäquate Versorgung. Mit Blick auf die Frauengesundheit lobte sie das „ausgezeichnete“ Programm. Was ihr aber sehr am Herzen liege, sei die Menstruationsgesundheit, Gesundheitspolitik sei nämlich auch Sozialpolitik. Es habe ein gutes Pilotprojekt in der Brigittenau gegeben. Sie stellte den Antrag, diese positiven Erfahrungen auf ganz Wien auszurollen und alle armutsgefährdeten Frauen mit Gratis-Hygieneprodukten zu versorgen und das Thema Menstruation zu enttabuisieren. Auch das Thema Menstruationsfreistellung am Arbeitsplatz müsse weiter diskutiert werden. Sie regte an, eine automatisierte Freistellung für Frauen, die große Schmerzen haben, um Krankenstände und regelmäßiges Fernbleiben zu ersparen. Auch dazu brachte Huemer einen Antrag. Ihr dritter Antrag bezog sich auf Opferschutzgruppen, die wichtige und gute Arbeit leisten würden, zum Beispiel, wenn Frauen von Gewalt betroffen seien. Diese Arbeit sei aber letztendlich unsichtbar. Nun würden sich auch die Opferschutzgruppen wünschen, etwa die Zahl der Opferschutzfälle in der Statistik des Wiener Gesundheitsverbundes sichtbar zu machen. Abschließend forderte Huemer einen Paradigmenwechsel von der Behandlung kranker Menschen hin zu mehr Gesundheitsprävention.

GRin Ingrid Korosec (ÖVP) forderte die Teilhabe von Patient*innen „am rasanten medizinischen Fortschritt und an den technischen Möglichkeiten“. Sie betonte, „die Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung ist der Maßstab des Gesundheitswesens“ und die Politik habe die Aufgabe, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Dazu brauche es einen „durchdachten Spitalsplan, der notwendige Investierungen transparent abbildet“. Bisher würden Sanierungen erst durchgeführt, wenn es unbedingt nötig sei. Sie kritisierte auch, dass derzeit „ein Sanierungskonzept 2040 durch die Medien geistern“ würde, im Kostenrahmen von 6,6 bis 8 Milliarden Euro. Sie sei daran sehr interessiert, aber es sei bisher nicht vorgelegt worden. „Obwohl es das wichtigste Zukunftsprojekt der Stadt ist, wissen wir nichts darüber“. Sie könne dazu nur sagen: „An Transparenz mangelt es im Überfluss“. In Richtung Stadtrat Hacker (SPÖ) meinte Korosec, dass er angeblich zwei Gutachten aus Steuergeldern habe erstellen lassen und sie hoffe, er habe „aus dem Desaster des KH Nord etwas gelernt“. Sie würde auf Durchführbarkeit und Transparenz achten und verlange Information darüber. Als weiteres Thema ging sie auf die Primärversorgungszentren ein, die sie für „unglaublich wichtig“ halte, diese seien eine „zeitgemäße gute Lösung“, die Mitarbeiter*innen verschiedener Pflegeberufe an einen Ort zusammen führe. Aber sie bezweifle trotz ihres Optimismus, dass die bisher sechs Primärversorgungszentren, bis 2025 insgesamt 36 sein würden. Ein „großes Problem“ sei die Kinder- und Jugendpsychosomatik, denn in Ottakring komme es zu monatelanger Wartezeit. Das nenne man „Unterversorgung“. Dazu stellte sie einen Antrag. Weiters mache sie sich über die chronische Erkrankung Adipositas „große Sorgen“, daran würden in Österreich 1,2 Millionen Menschen leiden, Tendenz steigend. Daher sei Aufklärung und Vorsorge nötig. Denn damit hänge ein Volkswirtschaftlicher Schaden zusammen, im Ausmaß von minus 2,5 % des BIP pro Jahr. Korosec forderte daher den Gemeinderat in einem Antrag auf, Leitlinien der internationalen Expert*innen zu unterstützen. Abschließend sagte sie „Gesundheitspolitik geht uns alle an, es ist die wichtigste Aufgabe der Politik. Denn: Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts“. Die Zusammenarbeit sei aber nur möglich, wenn es notwendige Transparenz gebe sowie „mitwirken und mitgestalten lassen und ehrliche Diskussionen“. Solange es diese Bereitschaft nicht gebe, könne sie bedauerlicherweise dem Rechnungsabschluss nicht zustimmen.

GR Kurt Wagner (SPÖ) bedankte sich zu Beginn bei allen Magistratsabteilungen, Vereinen und Institutionen für das Engagement, das weit über herkömmlichen Einsatz hinausgehe. Die größte Geschäftsgruppe habe auch die meisten Mitarbeiter*innen und alle hätten das Ziel: „Es gibt auf der Welt nicht viel Gutes, außer man tut es“. Und sie hätten in den letzten Monaten und Jahren viel davon getan. Seine Vorrednerin GRin Korosec (ÖVP) bat er um Unterstützung bei der Ärztekammer und bei den Gesundheitskassen. Er griff anschließend den Bereich der Wiener Rettung (MA 70) heraus, die ein herausforderndes Jahr geschafft hätten. Die Wiener Rettung habe beispielsweise 150.000 Patient*innen betreut und transportiert. Daher sei in neue Fahrzeuge, konkret zehn Rettungstransportwägen investiert worden. Ab August 2022 stehe eine neue Rettungsstation zur Verfügung und es mussten auch Spezialfahrzeuge wie die Katastrophenzüge ausgewechselt werden. Ebenso eindrucksvoll sei der Bereich Fonds Soziales Wien (FSW). Dort seien 54.000 Menschen mit Betreuungsbedarf beraten und kontaktiert worden. Es seien zahlreiche Bereiche neu eingeführt worden wie Mitsprache bei der Leistungsentwicklung, die Landespalliativbetreuung und im Bereich Demenz. Die Gebiete würden in Umfragen immer sehr gute Werte erzielen. So seien in Tageszentren 97 Prozent mit den Betreuungspersonen zufrieden und 77 Prozent hochzufrieden mit einzelnen Angeboten. Der FSW sei auch ein „wichtiger Player für untergebrachte Mitmenschen“ und würde auch Hand in Hand mit dem Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser und Häuser zum Leben arbeiten. So werde ein wichtiger Beitrag für unterstütztes, betreutes Wohnen geleistet, für junges Wohnen, für Flüchtlingshilfe und die zahlreichen Pensionistenklubs in der Stadt. Wagner betonte, dass außerdem auf 120 Lehrplätze aufgestockt worden sei. Noch ein wichtiger Bereich sei ebenfalls unterstützt worden, die Sucht- und Drogenprävention. Mit erfolgreichen Maßnahmen wie Podcast, E-Learningmodell und Online-Angeboten sowie einem Alkoholprojekt, der Suchthilfe vor Ort, Dezentralisieurng und Spritzentausch. Auch das Angebot in Apotheken sei gemeinsam mit der Apothekerkammer ausgeweitet worden. Wagner griff noch weitere Projekte aus dem psychiatrischen und psychosomatischen Bereich und Regionalprojekte heraus, die erfolgreich umgesetzt worden seien. Er habe sich selbst von der Situation im PSD Hietzing überzeugt und auch der Herr Stadtrat sei „jederzeit bemüht vor Ort zu helfen“. Er versicherte abschließend, dass Vorhaben auch in der nächsten Regierungsperiode umgesetzt werden würden.

GRin Veronika Matiasek (FPÖ) ging zu Beginn auf ihren Vorredner GR Kunrath (Grüne) und die Ferieneinladung für ukrainische Kinder ein, denn sie wolle festhalten, dass die FPÖ seit dem Atomunglück in Tschernobyl in der Ferienzeit Kinder nach Österreich einladen würde und sie würde es „immer sehr gerne unterstützen“. Zum Rechnungsabschluss 2021 sagte sie, er sei natürlich von Corona geprägt, von den Auswirkungen der Krankheit, aber auch die Maßnahmen dagegen seien sichtbar. „Wo es vorher schon Schwachstellen gab, sind diese noch verschärft worden“. Die Lage zum Personalnotstand sei „noch extrem angespannt“. Es würden 9.000 Mitarbeiter*innen gebraucht, 1.000 Ausbildungsplätze würde die Stadt zur Verfügung stellen. Sie frage sich: „Wo sind die Leute, die sich entscheiden, diesen Beruf zu ergreifen?“ Die heutige Situation sei, dass 60-Jährige 80-Jährige pflegen müssten, „welche Initiative ergreift hier die Stadt?“ Junge Menschen müssten diesem Thema verstärkt begegnen können. Es wäre zwar für ältere Menschen ein Wunschmodell, in den eigenen vier Wänden bleiben zu können, aber wenn es so weit ist, fehle es an Möglichkeiten. Es brauche mehr 24-Stunden-Betreuung. Sie stelle daher den Antrag, die Bundesregierung aufzufordern, Inflationsanpassung in die Wege zu leiten und Bonuszahlungen umzusetzen. Eine weitere Baustelle sei für Matiasek die palliativmedzinische Versorgung und Dauer-Liegepatient*innen – darunter seien auch Kinder und Jugendliche. Hier würden Versorgungsmängel herrschen, die in der Gesundheitspolitik nicht behoben worden seien. Bei der psychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen fehle vor allem medizinisches Personal. Ihr sei bewusst, dass der Fachkräftemangel nicht kurzfristig zu beheben sei, aber es müsste unbedingt das Personal verstärkt werden. Es fehle auch ein präventives Screening im Schulbereich. Das Otto-Wagner-Areal sei „ein geplatztes Vorhaben“. Es müsse aber der „öffentliche Zweck in sozialer Ausrichtung unbedingt erhalten bleiben“. Das Areal würde sich zum Beispiel „hervorragend für die Rehabilitation von Jugendlichen eignen. Im Bereich Primärversorgungszentren herrsche großer Aufholbedarf. Daher brachte sie den Antrag ein, diese Maßnahmen auszubauen und forderte ein einfacheres Auswahlverfahren für die Gründung. Zwei weitere Anträge betrafen spezielle Angebote für die psychiatrische Betreuung von Kindern und Jugendlichen betreffend Aufstockung und Vorkehrungen zu treffen, die Anzahl von Kinderärzt*innen mit Kassenvertrag zu erhöhen. Es gebe viele Baustellen, über die Jahre sei in manchen Bereichen nichts passiert, daher könne sie auch ihre Zustimmung nicht geben.

GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) erinnerte an seine erste Rede, in der er bereits auf die Arbeitsmarktprojekte eingegangen sei und auf die wichtigen Investitionen in Bildung, die zutiefst soziale Investitionen seien. Denn sie würden ein faires, gutes und freies Leben für viele Menschen in unserer Stadt, die aus unterschiedlichen Gründen nicht selbstständig für sich sorgen könnten, sichern. Er verurteilte den Antrag gegen die Förderung der LGBTIQ scharf. Zum Rechnungsabschluss betonte er, dass der hohe Mitteleinsatz für den FSW 2021 stark von Covid geprägt gewesen und eng mit dem medizinischen Krisenstab abgestimmt worden sei. Insgesamt seien 110.000 Menschen auf die Leistungsbereiche des FSW – von Pflegebedarf über Schuldnerberatung, Obdachlosenhilfe und Angebote für Behinderte – angewiesen gewesen. Mit rund 27.000 Mitarbeiter*innen sei der FSW der wichtigste Player für Soziales. Der Bereich sei durch viele Schwerpunkte, Neuerungen und Weiterentwicklungen geprägt. Im Pflegebereich wies Konrad auf das Strategiekonzept 2030 hin, das beispielsweise individuelle Unterstützung für Pflege daheim ermögliche, Unterstützung für Wohnungslose, mobil betreutes Wohnen, das Winterpaket mit Notquartieren und Familienplätze zur Verfügung gestellt habe. Erfolgreich seien vor allem die allgemeine Sozialhilfe der MA 40 und die neue U25, die Anlaufstelle für Jugendliche. Die Reintegrationsprojekte in den Arbeitsmarkt lägen trotz der Pandemie bei über 40 Prozent. Als NEOS-Sozialsprecher wolle er sich abschließend bei allen Mitarbeiter*innen der MA 40 und des FSW bedanken und ebenso bei den zahlreichen Sozialorganisationen, sie hätten mit ihrer Arbeit zur sozialen Absicherung und damit zur hohen Lebensqualität beitragen.

GR Johann Arsenovic (Grüne) sprach über den kleinesten Bereich der größten Geschäftsgruppe, den Sport. Die Flächen seien so groß wie fünf Innenstadtbezirke, ein Drittel davon würde über die MA 51 von der Stadt selbst verwaltet. Dazu kämen zig Turnhallen, Fun-Hallen und über 150 Plätze, die zu wirklich günstigen Tarife an Sportvereine verpachtet seien, die meisten seien Fußballanlagen, jede mit ein bis sechs oder sieben Plätzen. Nach einer technische Evaluierung nach dem Sportstättenplan seine alle Anlagen überprüft worden. 150 Millionen Euro seien in diese Entwicklung investiert worden und der technische Zustand sei auch gut, obwohl derzeit 80 Baustellen gleichzeitig seien, bei denen es teilweise zu Verzögerung komme. Er betonte, dass die meisten Sportvereine gute Arbeit leisten und alles tun würden, damit vor allem die Jüngeren ihren Sport ausüben können. Neben dem Gesundheitsaspekt, sei die „integrative Kraft des Sports“ zu betonen. Einziger Wermutstropfen: nicht alle würden den Auftrag erfüllen, einige würden daraus ein Geschäftsmodell machen und zu teuer vermieten oder Kinder wegweisen. Einige würden Fußballplätze mit Gebetstellen verwechseln und religiöse Früherziehung durchführen. Es müsse kritischer hingeschaut werden und gegebenenfalls den einen oder anderen Vertrag gekündigt werden. Freie Plätze sollten dann anderen Vereine zugute kommen, die zum Beispiel den Schwerpunkt auf Mädchen-oder Frauensport haben. (Forts.) heb

PID-Rathauskorrespondenz
Stadt Wien Presse- und Informationsdienst, Diensthabende/r Redakteur*in
Service für Journalist*innen, Stadtredaktion
01 4000-81081
dr@ma53.wien.gv.at
www.wien.gv.at/presse

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender