Das Az W trauert um Karl Sillaber (29.07.1932–01.09.2022)

„ALS DEN SCHÖNSTEN TAG SEINES LEBENS“ BEZEICHNETE KARL SILLABER, MITGLIED DER ARCHITEKTENGEMEINSCHAFT C4, DIE ERÖFFNUNG DER AUSSTELLUNG „VORARLBERG – EIN GENERATIONENDIALOG“ IM DEZEMBER 2019 IM ARCHITEKTURZENTRUM WIEN. NUN IST KARL SILLABER 90-JÄHRIG VERSTORBEN.

„Schaut einmal an, sogar die Berge freuen sich und schauen herein!“, rief Friedrich Achleitner, namhafter österreichischer Architekturkritiker, im Angesicht der Volksschule in Nüziders im Jahr 1965. So erzählte es Karl Sillaber auch noch nach Jahrzehnten voller Freude. Gemeinsam mit seinen Kollegen Max Fohn, Helmut Pfanner und Friedrich Wengler in der Architektengemeinschaft C4 vereint, zählte er zu den wichtigsten Protagonisten der weit über Österreich hinaus berühmt gewordenen Vorarlberger Baukünstler. Die 1967 mit dem allerersten Bauherrenpreis ausgezeichnete Schule ist nicht nur ein Schlüsselwerk im Schulbau, sondern auch die Geburtsstunde der C4. Ursprünglich hatten die vier Mitglieder als zwei Duos eingereicht, schlossen sich aber auf Empfehlung der Jury zu einer Arbeitsgruppe zusammen. Der Bau besticht auch heute noch durch seine Einfachheit, Klarheit und Großzügigkeit. In der Tat ist die Bergkulisse rund um die ebenerdig ausgeführte Schule beeindruckend. Das Gebäude sucht selbstbewusst den Dialog mit der umgebenden Landschaft und lässt Achleitners Ausruf der Verzückung gut nachvollziehen. „10 Schulen in 10 Jahren“, bauten die C4, insgesamt sollten es gar 18 Stück werden, die dem Bundesland ihren Stempel aufdrückten.

Experimentierfreudige Bauherr*innen, wegweisende Architekt*innen, ein liberales Baurecht und eine offene Bevölkerung sind dafür verantwortlich, dass im „Ländle“ seit fünf Jahrzehnten eine ganz besondere Dichte an interessanter Architektur entsteht. Vorarlberg gilt als Vorzeigeregion, wenn es um ressourcenschonende und formal schlüssige Architektur geht. Karl Sillaber hat mit der C4 zu diesem Phänomen kräftig beigetragen. Geboren wurde er am 30. Juli 1932 in Bludenz. Nach seinem Abschluss an der Staatsgewerbeschule in Innsbruck und einer einjährigen Tätigkeit am Hochbauamt in Feldkirch führte ihn sein Weg zum Architekturstudium nach Graz, da es in Vorarlberg keine eigene Architektur-Ausbildungsstätte gab. Ein noch während des Studiums gewonnener Wettbewerb für eine Schule brachte ihn 1958 zurück in die Heimat, wo er 1960 gemeinsam mit seinen drei Kollegen die Architektengemeinschaft C4 gründete. Im selben Jahr war Sillaber federführend an der Gründung der Zentralvereinigung der Architekt*innen Vorarlbergs beteiligt, der er bis zuletzt verbunden blieb. Mit dem Tod von Helmut Pfanner 1972 und dem Austritt Friedrich Wenglers 1979 bestand die Bregenzer Bürogemeinschaft aus Max Fohn und Karl Sillaber noch bis 2008 weiter. Mit feinfühliger Sorgfalt und großem Engagement wurden Lichtführung, Materialechtheit und sensible Behandlung der Raumflüsse zu bestimmenden Elementen ihrer Architektur. Karl Sillaber fand aber auch deutliche Worte zum Problem der Zersiedelung, die nicht nur in Vorarlberg immer mehr überhandnimmt: „Was mir auf die Nerven geht ist die Blöckchen-Bauerei, die da fantasielos in der Gegend produziert wird.“

Eine große Bescheidenheit gepaart mit anhaltender Begeisterung für die Architektur und einem großen Interesse an der jüngeren Architekt*innen-Generation zeichnete Karl Sillaber aus. Er freute sich aber auch sehr über das in seinen letzten Lebensjahren noch einmal erstarkte Interesse an seiner Arbeit: Das Architekturzentrum Wien übernahm im Jahr 2008 das Archiv der C4 und zeigte 2019/20 die Ausstellung „Vorarlberg – Ein Generationendialog“ (Kuratorin: Sonja Pisarik), die Highlights der Baukünstler Hans Purin, Rudolf Wäger, Gunter Wratzfeld und C4 einer jüngeren Generation Vorarlberger Architekt*innen gegenüberstellte. In allen Gesprächen wurde die große Wertschätzung zwischen „Alt“ und „Jung“ deutlich und Anton Nachbaur (Cukrowicz Nachbauer Architekten) zollte besonderen Respekt: „Irgendwie bist du uns auch ein Vorbild, dass man kein großer Angeber sein muss und dass man einfach seine Sachen in Demut und Dankbarkeit so gut wie möglich macht. Da hast du uns auch immer wieder den Weg gewiesen.“

„Ich sehe mich einfach als einen Architekten, der in dieser Zeit sein bestes gibt und natürlich erkennen muss, dass es nach mir wieder anders weitergeht.“ (Karl Sillaber, 2019)

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