Nationalrat debattiert über Forderungen nach Erhalt der Bargeldzahlung und nach Abschaffung der GIS-Gebühren

Kontroverse Debatte über Obergrenze für Bargeldzahlungen und Modelle der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Zu der Reihe von Volksbegehren, die klar die Hürde von mindestens 100.000 Unterschriften zur Behandlung im Nationalrat erreicht haben, gehört ein Volksbegehren, das sich “Für uneingeschränkte Bargeldzahlung” ausspricht. Die Initiative, die die Unterstützung von 530.938 Menschen (8,35 % der Stimmberechtigten) erhalten hat, wurde nach der Ersten Lesung dem Finanzausschuss zugewiesen. Ein Konsens zeigte sich insofern, als alle Fraktionen das Recht betonten, mit Bargeld bezahlen zu dürfen. SPÖ und Grüne gaben aber zu bedenken, dass man dabei auch verhindern müsse, dass Bargeld zur Verschleierung krimineller Aktivitäten eingesetzt wird.

Für ein weiteres Volksbegehren mit der Forderung “GIS-Gebühr abschaffen” leisteten 364.346 Personen bzw. 5,73 % der Wahlberechtigten ihre Unterschrift. Nach einer ersten Diskussion der Forderungen im Nationalrat soll es im Verfassungsausschuss weiter behandelt werden. Weitgehende Einigkeit bestand darüber, dass der ORF eine Reihe von Reformen benötigt und dass das künftige Finanzierungsmodell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur ein Teil der offenen Fragen ist.

VOLKSBEGEHREN FORDERT ERHALT DER BARGELDZAHLUNG

Ziel des Volksbegehrens zum Thema Bargeld ist der Erhalt der Bargeldzahlung, und zwar, wie die Initiator:innen fordern, “ohne Beschränkung”. Bargeld müsse alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel bleiben, alle anderen Bezahlformen wie Überweisungen, Kreditkarten bzw. digitale Bezahlformen hätten nur eine “Zahlungsmittel-Eigenschaft” und sollten dem Bargeld untergeordnet bleiben. Dem Volksbegehren zufolge müsse eine verfassungsmäßige Verankerung des Bargelds erfolgen, um dessen Erhalt sicherzustellen.

Das Bargeld sei den Österreicher:innen ein großes Anliegen, sagte Peter Haubner (ÖVP). Das Volksbegehren untermauere das nochmals, dafür gebühren den Initiator:innen Dank. Bargeld sichere die soziale Teilnahme auch von Menschen ohne Konto und sei in der EU nach wie vor die am häufigsten verwendete Zahlungsform. Haubner sprach sich dezidiert gegen eine Obergrenze für Bargeldzahlungen aus. 

Kai Jan Krainer (SPÖ) meinte, das Volksbegehren werfe durchaus wichtige Fragen auf, etwa was das Problem neuer Technologien angehe. So sei bekannt, dass bei Bezahlvorgängen im Internet auch missbräuchlich Daten gesammelt werden. Andererseits werde auch Bargeld für kriminelle Zwecke missbraucht. Daher müsse man darauf achten, dass man mit dem Schutz von Bargeld nicht auch Schwarzgeld schütze.

Peter Wurm (FPÖ) meinte, ÖVP und SPÖ würden sich zwar immer für das Recht auf Bezahlen mit Bargeld aussprechen, aber dann, wenn es um konkrete Regelungen gehe, würden sie “in Deckung gehen”. Wurm sprach sich für einen “Kontrahierungszwang” für Bargeld aus, also für eine gesetzliche Regelung, wonach alle Unternehmen Bargeld als Zahlungsform akzeptieren müssen. Den Zwang zu bargeldlosem Bezahlen, den die EU verstärken wolle, sah der Abgeordnete als einen weiteren Schritt zum “gläsernen Menschen”. “Bargeld ist gedruckte Freiheit”, hielt er fest. Auch sein Fraktionskollege Christian Ries wandte sich dezidiert gegen Pläne der EU, Bargeldzahlungen mit 10.000 € zu begrenzen. Er sehe keinen Grund für solche Regelungen. Die Argumente wie die Verhinderung von Terrorfinanzierung, Cyber-Kriminalität und Geldwäsche halte er für vorgeschoben. Die Entscheidung, wann und wo man wie bezahle, müsse allen selbst überlassen bleiben.

Nina Tomaselli (Grüne) sagte, sie habe das Volksbegehren nicht unterzeichnet, da es sich gegen die Pläne der EU zur Einführung einer Bargeldobergrenze ausspreche. Diese Obergrenze sei aber nicht als Schritt zur Abschaffung des Bargelds gedacht, sondern stelle eine wichtige Maßnahme gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche dar. Niemand habe die Absicht, das Bargeld abzuschaffen, betonte Tomaselli. Die geplante Bargeldobergrenze wäre für die Bürger:innen im Alltag nicht relevant, hier werde gezielt Verunsicherung betrieben.

Aus Sicht der NEOS bedeute Bargeld Freiheit, daher unterstütze seine Fraktion die Forderung nach dem Recht auf Bargeldbezahlung, sagte Michael Bernhard (NEOS). Die NEOS seien immer gegen Regelungen, die von einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber den Bürger:innen gekennzeichnet sind. Daher sei er gegen eine Regelung, die das Recht auf Bargeldzahlung einschränke. Skeptisch zeigte sich Bernhard allerdings gegenüber der Forderung, das Recht auf Bargeld in die Verfassung zu schreiben. Die Tatsache, dass ein Recht in der Verfassung stehe, stelle noch nicht sicher, dass es gewahrt werde, gab der Abgeordnete zu bedenken. 

VOLKSBEGEHREN “GIS-GEBÜHR ABSCHAFFEN” GIBT ANLASS ZU RUF NACH ORF-REFORMEN

Schon in der vergangenen Gesetzgebungsperiode hat sich der Nationalrat mit der Forderung nach einer Abschaffung der ORF-Gebühren befasst. Nun liegt den Abgeordneten ein weiteres Volksbegehren zu diesem Thema vor. Die Initiative mit dem Titel “GIS-Gebühr abschaffen” will höchstens eine streng zweckgewidmete Gebühr zur Finanzierung des Radioprogramms Ö1 akzeptieren. Begründet wird diese Forderung unter anderem mit der Programmqualität des ORF und parteipolitischer Einflussnahme bei der Besetzung des Stiftungsrats und von Führungspositionen. Auch wird in Frage gestellt, dass der ORF seinen öffentlichen Bildungsauftrag erfüllt.

Kurt Egger (ÖVP) wies darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof festgestellt habe, dass aufgrund der Streaming-Lücke die bisherige GIS-Gebühr nicht aufrechterhalten werden könne und bis Ende 2023 eine Nachfolgelösung geschaffen werden müsse. Seine Fraktion spreche sich dafür aus, die ORF-Finanzierung auf neue Beine zu stellen und die Absicherung des Qualitätsjournalismus sicherzustellen. Drei Varianten seien im Gespräch, nämlich Budgetfinanzierung, Endgeräteabgabe, die auch digitale Geräte umfasse, und die Haushaltsabgabe. Wichtig sei es, die Strukturen des ORF “zukunftsfit” zu machen.

Wolle man guten öffentlich-rechtlichen Rundfunk sicherstellen, könne man nicht alle Gebühren abschaffen, argumentierte SPÖ-Abgeordneter Jörg Leichtfried (SPÖ). Zweifellos gebe es aber Reformbedarf im ORF. So müsse man etwa dafür sorgen, dass auch jüngere Altersgruppen erreicht werden. Die Gebührenreform müsse jedenfalls aus Sicht der SPÖ vier Punkte erfüllen. Sie müsse die Unabhängigkeit des ORF wahren, Sparanreize setzen, eine soziale Staffelung der Gebühren vorsehen und die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zur Einbeziehung digitaler Geräte berücksichtigen. Sabine Schatz (SPÖ) sah es als großen Vorteil des ORF, dass er nicht von der Budgetierung durch die Bundesregierung abhängig sei und daher unabhängigen Journalismus garantiere. Der ORF habe damit eine wichtige Rolle als Informationsplattform von hoher Qualität. Um die Unabhängigkeit des ORF und Qualitätsjournalismus sicherzustellen, brauche es ein entsprechendes Finanzierungsmodell.

Angesichts der kürzlich bekannt gewordenen Vorgänge im ORF sei das Volksbegehren höchst aktuell, meinte Christian Hafenecker (FPÖ). Das Programm des ORF werde immer politischer und werde von den Landeshauptleuten für ihre eigenen Zwecke missbraucht. Der ORF sei derzeit ein Fass ohne Boden. Bevor eine Streaming-Abgabe eingeführt werde, müsse der ORF zeigen, dass er bereit sei, ernsthaft zu sparen. Aufklärungsbedürftig sei auch der Skandal um gestohlene GIS-Daten im Internet. Hier sehe er viele offene Fragen. So sei etwa zu fragen, zu welchem Zweck der ORF überhaupt 9 Millionen Meldedaten gesammelt habe.

Eva Blimlinger (Grüne) sprach sich für einen starken öffentlichen Rundfunk aus, der gegen Fake News agieren könne. Die Forderung des Volksbegehrens, nur mehr Ö1 öffentlich zu finanzieren, gehe für sie jedenfalls zu weit. Was ein neues Gebührenmodell betrifft, hätten sich die Koalitionsfraktionen in ihren Standpunkten bereits weit angenähert. Zur Diskussion stehe eine Haushalts- oder aber eine Medienabgabe sowie ein indexierter Budgetbeitrag, der sicherstellen müsse, dass der öffentliche Rundfunk nicht von der jeweiligen Regierungspolitik abhängig sei.

Die Abschaffung der GIS-Gebühr sei mit Argumenten unterlegt, die sie gut nachvollziehen könne, sagte Henrike Brandstötter (NEOS). Die jüngsten Skandale hätten gezeigt, wie verbreitet im ORF Postenvergaben in Absprache mit Parteien und politische Einflussnahme seien. Derzeit sehe sie auch keine Anstrengungen, die notwendigen Reformen auf den Weg zu bringen, weder was das Programm oder die Gremien betrifft – und sie erkenne zudem keine diesbezüglichen Bemühungen der Koalition. Das Volksbegehren sei ein Weckruf, ein neues ORF-Gesetz auf den Weg zu bringen. Der ORF müsse die Digitalisierung schaffen, um relevant zu bleiben und um auch bei der jüngeren Generation Zukunft zu haben. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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