TIROLER TAGESZEITUNG „Analyse“ vom Donnerstag, den 23. März 2023 von Karin Leitner „Grüne von der ÖVP erneut eingebremst“

Dass und wann die nächste massive Teuerung ansteht, war seit Langem bekannt. Die Richtwertmieten steigen um 8,6 Prozent – ab April für Leute mit neuen, ab Mai für jene mit laufenden Verträgen. Zu Recht wurde nach Linderung durch die Politik gerufen. Für viel zu viele Menschen ist weitere Belastung finanziell nicht mehr stemmbar. Die Regierungsparteien begannen zu verhandeln. Die Grünen wollten eine „Mietpreisbremse“; auf eine solche drängte auch der ÖVP-Seniorenbund. Die Kanzlerpartei war dagegen. Von ihr kamen Begehren im Sinne von Vermietern und Eigentümern. Nach Gefeilsche dieses Ergebnis: Wie von der ÖVP zuletzt eingebracht, wird die Wohn- und Heizkostenhilfe um 225 Millionen Euro aufgestockt. Dieser Zuschuss sei „sozial gerechter“ und „zielgerichteter“, befindet ÖVP-Klubchef August Wöginger. Und es profitierten nicht nur Richtwertmieter. Das stimmt. Faktum ist aber auch: Die „Einmalzahlung“, die zu beantragen ist, kommt aus dem Budget, daher von allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Und sie ist nicht nachhaltig. Eine „Bremse“ hätte auch wider die Inflation gewirkt. Darauf verweist selbst Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Bedauerlich nennt er das Präsentierte: „Ich dächte, mittlerweile wäre verstanden, dass immer neue Cash-Transfers zwar soziale Härten abfedern können, aber die Inflation nicht dämpfen, sondern sogar befeuern.“ Aus der Ökopartei kommt ebenfalls Kritik. Mandatarin Nina Tomaselli und die Wiener Grünen beklagen Klientelpolitik der Türkisen zu Lasten der Betroffenen. Ja, warum stimmen sie einem derartigen „Kompromiss“ dann zu? Sozialminister Johannes Rauch sagt das, was in solchen Fällen stets aus seinen Reihen zu hören ist: Wären die Grünen nicht mitgegangen, hätte es gar nichts gegeben. Gelten müsste: Wenn man etwas schlecht findet, kann man es nicht gutheißen. Wovor fürchten sich Werner Kogler & Co.? Dass die ÖVP das Bündnis aufkündigt – mit der Begründung: Wer Mieterschutz vor Zinshausbesitzerschutz stellt, mit dem geht es nicht mehr?

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