175 Jahre bürgerliche Revolution: Vortragsabend über Geschichte und Erbe von 1848

Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer lud zur Jubiläumsveranstaltung ins Palais Epstein

Das Jahr 1848 steht symbolisch für das Ringen der Bürger:innen großer Teile Europas um ihre demokratischen Rechte gegen eine absolutistische Herrschaft. Politische Ziele waren unter anderem die Beseitigung feudaler Strukturen, die Einrichtung gewählter Volksvertretungen und die rechtliche Gleichstellung aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. 175 Jahre nach dieser sogenannten Märzrevolution lud Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer gestern zum Vortragsabend ins Palais Epstein.

Seinen Begrüßungsworten folgte ein Vortrag von FPÖ-Klubdirektor Norbert Nemeth über die ideengeschichtliche Einordnung der „Urburschenschaft“. Danach legte Rechtshistoriker Christian Neschwara seine verfassungsgeschichtlichen Betrachtungen über die bürgerliche Revolution dar und der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Harald Stefan lieferte einen Lagebericht über die Verteidigung von Grund- und Freiheitsrechten in der Gegenwart. Sowohl Hofer, Nemeth, Stefan als auch FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, dessen Grußworte zu Beginn der Veranstaltung verlesen wurden, sahen die seit 1848 errungenen Freiheitsrechte heute aus mehreren Richtungen als erheblich gefährdet an.

HOFER: WIR SIND VERPFLICHTET, DIE ERKÄMPFTEN FREIHEITSRECHTE ZU VERTEIDIGEN

Die Freiheit gilt uns als höchstes Gut, begann Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer seine Eröffnungsrede.

Doch in den letzten Jahren seien die ab 1848 erkämpften Freiheitsrechte mehrfach in Bedrängnis geraten. Da die Gesellschaft in vielen Bereichen „bequem“ geworden sei und die demokratischen Freiheiten weitestgehend als selbstverständlich wahrgenommen würden, merkten laut Hofer viele nicht, wenn diese in ihren Grundfesten erschüttert werden. Dies sei etwa durch die Einschränkungen während der COVID-19-Pandmie geschehen, in der die Gesundheit gegen die Freiheit „ausgespielt“ worden sei, und geschehe weiter im Rahmen einer „herbeigeführten“ Energiekrise, durch die die Mobilität der Menschen beschränkt werden solle, oder durch eine angedachte Abschaffung des Bargelds, die es möglich mache, politisch Unliebsamen „den Geldhahn zuzudrehen“. In einem Großteil der Medien – insbesondere den öffentlich rechtlichen – werde nicht mehr berichtet, sondern versucht, die Menschen in Richtung dieser Entwicklungen zu „erziehen“.

Laut Hofer sei es heute daher besonders wichtig, an die Märzrevolution 1848 zu erinnern und die Werte der Revolutionäre hochzuhalten. Doch die Erinnerung daran friste ein „Schattendasein“ in der Gedenkkultur Österreichs. Kaum Medien und nur wenige Organisationen, wie insbesondere Studentenverbindungen und Burschenschaften, würden sich der Thematik annehmen, während es in anderen Ländern eine viel größere Resonanz gebe, bemängelte Hofer. Die Erringung der Grund- und Freiheitsrechte damals, sei verbunden mit unserer heutigen Verpflichtung, diese zu verteidigen. Die Vorväter hätten den „unbequemen Weg blutiger Gefechte“ gehen müssen und die heutigen Generationen seien es ihnen schuldig, daran zu erinnern und auf das Erkämpfte aufzupassen.

NORBERT NEMETH ÜBER DEN IDEOLOGISCHEN NÄHRBODEN DER URBURSCHENSCHAFT

Über den ideengeschichtlichen Hintergrund dieses Kampfes referierte FPÖ-Klubdirektor Norbert Nemeth. Anhand von bedeutenden Akteuren im „historischen Vorhof“ der Urburschenschaft, wie dem französischen Revolutionär und Frühsozialisten François Noël Babeuf und dem deutsch-österreichischen konservativen Staatsdenker Friedrich von Gentz, illustrierte er die zeitgenössischen ideologischen Auseinandersetzungen. Während Babeuf einen egalitären „messianischen Sozialismus“ auf Basis eines „neuen Menschen“ vertreten habe, habe Gentz den Menschen eher als „Mängelwesen“ begriffen, welches für ein verträgliches Zusammenleben auf Institutionen angewiesen sei. Die Burschenschaften, deren Mitglieder 1848 eine entscheidende Rolle spielen sollten, verstanden sich laut Nemeth in dieser Dialektik als verfassungsrechtlich progressiv und gesellschaftspolitisch konservativ. Sie vertraten also sowohl gegen die Monarchie gerichtete republikanische und demokratische Ideen als auch ein kritisches Menschenbild, das etwa die Erhaltung des Privateigentums und traditioneller Werte begünstigte. Nemeth zufolge müsse  die burschenschaftliche „konservative Revolution“, die auf den Erhalt des Hergebrachten abziele, von der „linken Totalrevolution“ unterschieden werden.

CHRISTIAN NESCHWARA ERÖRTERT DIE AUSWIRKUNGEN VON 1848 AUS VERFASSUNGSHISTORISCHER PERSPEKTIVE

Christian Neschwara vom Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte an der Universität Wien betrachtete aus verfassungshistorischer Perspektive die Auswirkungen der bürgerlichen Revolution. Dass diese bis heute fortwirkten, sei den Menschen bei der Wahrnehmung staatlicher Institutionen nicht immer bewusst, so Neschwara. Einrichtungen wie die Bezirksgerichte und -behörden oder die berufsständischen Kammern hätten ihre Wurzeln in jener Zeit. Auch die Gleichstellung aller staatlich anerkannten Konfessionen ohne Vorrechte der katholischen Kirche und die Enthebung der Herrschaftsrechte der Grundherren, seien Resultat der damaligen Umwälzungen. Das errungene Wahlrecht wäre etwa durch Zensusbestimmungen noch erheblich beschränkt gewesen, doch hätten sich diese bis zur Republikgründung 1918 durch Reformen immer weiter gelockert, wie Neschwara ausführte. Weitere Errungenschaften, wie eine parlamentarische Vertretung der Bundesländer und das Interpellationsrecht, seien in der direkt auf 1848 folgenden Phase des Neoabsolutismus zwar wieder zurückgedrängt, doch danach weitergeführt worden.

STEFAN: ES GIBT KEINE FREIHEIT, WO SIE NICHT ERSTRITTEN WIRD

Einen Bogen aus den historischen Auseinandersetzungen in die Gegenwart spannte FPÖ-Nationalratsabgeordneter Harald Stefan. Er stellte der aktuellen Lage um die Grund- und Freiheitsrechte ein ernüchterndes Zeugnis aus. Auch für ihn wären die COVID-19-Maßnahmen eine Zäsur gewesen. Einzelne Grundrechte seien dadurch vollständig aufgehoben und Bürger:innen „wie Strafgefangene“ behandelt worden, die nur dann Ausgang gehabt hätten, wenn es ihnen die Obrigkeit erlaubt habe. Sämtliche politischen Kontrollinstanzen hätten laut Stefan versagt und auch die etablierten Medien seien ihrer ureigenen Aufgabe der kritischen Berichterstattung nicht mehr nachgekommen. Ohne die FPÖ, die sich auf die Grundwerte von 1848 beziehe, hätte es praktisch keine Gegenstimmen gegeben. Zwar sei es „weit hergeholt“ die Freiheitlichen als revolutionär zu bezeichnen, doch bewiesen diese bei den relevantesten Themen der Zeit, immer wieder, dass sie nicht zur „Einheitspartei“ bestehend aus allen anderen Fraktionen gehörten.

Ob in der Pandemie, der Flüchtlingskrise, der Klimaschutzpolitik oder in der Frage der Neutralität – Andersdenkende würden systematisch beispielsweise als „Schwurbler“ denunziert und aus dem Diskurs gedrängt, so Stefan. Über einen „gesteuerten Informationsfluss“ würden Themen wie Corona oder der Klimawandel „absolut gesetzt“ und gegenläufige Erwägungen aus dem Diskurs verbannt. Unter „Hass im Netz“ oder „Fake News“ würde kurzer Hand alles subsumiert, was nicht in das Narrativ passe und ein „Konglomerat aus Interessen“ von der Politik über die Medien bis hin zu Digitalunternehmen lasse den „Konformitätsdruck“ immer weiter anwachsen. So werde der Kampf um die Freiheitsrechte zur „Herkulesaufgabe“, erklärte Stefan. Doch gebe es ohnehin keine Freiheit, wo sie nicht erstritten werde.

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie im Webportal des Parlaments.

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