
43. Wiener Gemeinderat (13)
PLANDOKUMENT NR. 8238 IM 22. BEZIRK, KATG HIRSCHSTETTEN, GENEHMIGUNG FÜR DEN ANKAUF VON GRUNDSTÜCKEN IN WIEN 22, KATG BREITENLEE SOWIE ABSCHLUSS EINES VERTRAGES ÜBER DIE ERRICHTUNG UND UMSETZUNG VON INFRASTRUKTUR, ÜBER SONSTIGE MASSNAHMEN SAMT LEISTUNG EINES KOSTENBEITRAGES SOWIE DIE UNENTGELTLICHE ÜBERTRAGUNG VON GRUNDFLÄCHEN AN DIE STADT WIEN UND DIE EINRÄUMUNG EINER DIENSTBARKEIT ZU GUNSTEN DER STADT WIEN IM ZUSAMMENHANG MIT DEM PROJEKT „SÜSSENBRUNNER STRASSE WEST“
GR Kilian Stark (GRÜNE) sagte, es gehe bei diesen Poststücken um das umfassende Thema der gesamten Stadtentwicklung Wiens, zu dem er drei Anträge einbrachte. Das Gebiet am Nordwestbahnhof sei das einzige innerstädtische Stadterweiterungsgebiet, das er kenne, bei dem die Stadt die Quote für die Stellplatzregelung vorschreibt. Dort betrage diese Quote 0,7 – was das Maximum ausmache und den Bau eines „Verkehrsmagneten“ bedeuten würde. Stark verstehe nicht, wieso bei einem Stadterweiterungsgebiet, „das nur einen Steinwurf von der City entfernt“ sei, eine so hohe Quote vorgeschrieben werde. Sein Appell an die Stadtregierung: Würde diese Quote rund um die Hälfte gesenkt werden, würde das eine Ersparnis von 50 Millionen Euro an Errichtungskosten für Garagen bedeuten. Im aktuellen Entwurf für den Widmungsplan der Stadt Wien würden statt der möglichen zwei Drittel an gefördertem Wohnbau nur 60 Prozent ausgeschöpft. Die Erhöhung dieser Quote auf das Maximum würde mehr als 430 geförderte Wohnungen mehr bedeuten. Zwei weitere Anträge drehten sich um die Abschaffung der Nutzungspflicht von Radwegen und die Entsiegelung der „Hitze-Hotspots“ Volkert- und Alliiertenviertel in der Leopoldstadt.
GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) widmete ihre Wortmeldung dem Bauprojekt in der Süßenbrunner Straße. Dort habe sich eine Bürgerinitiative gebildet, „doch leider findet diese wenig Gehör in diesem Haus“. Die Öffis im betroffenen Gebiet seien bereits jetzt völlig überlastet, weitere zigtausend Menschen in dem Gebiet würden diese Situation künftig noch weiter verschärfen. Ähnliches gelte für die Kanalisation, die bei Starkregenereignissen bereits jetzt am Limit sei. Auch habe es keine Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben; die Bürgerinitiative habe ein Verfahren vor Gericht angestrengt, das in zweiter Instanz noch nicht abgeschlossen sei – „wir stimmen also heute über ein offenes Verfahren ab“, gab Hungerländer zu beachten. Die Auswirkungen auf die Umwelt können nicht ausreichend geprüft werden, weil die Unterlagen in Bezug auf den Tiefbau nicht ausreichend seien. Der Tiefbau habe aber Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel, so Hungerländer. Ein Gutachten des Wiener Gewässermanagements zeige, dass im Boden vorhandene Schadstoffe in die umliegenden Brunnen „mobilisiert“ werden könnten. „Diese Gefahr nehmen Sie einfach in Kauf“, sagte Hungerländer in Richtung Stadtregierung. Auch die auf dem Baugebiet lebende Feldhamsterpopulation – eine gefährdete Tierart – sei bedroht; eine entsprechende Studie, die für die Umweltprüfung von Relevanz wäre, sei aber nie veröffentlicht worden. Die Widmungsgeschichte bezeichnete Hungerländer als „eigenartig“: Bereits 2013 seien Bauflächen von Wohnbauträgern Grundstücke gekauft worden – und das ein Jahr bevor dort eine Bebauung per Ausnahmegenehmigung erlaubt wurde. Die Bürgerversammlung zum Projekt sei als eine Farce ohne Diskussion und ohne Beteiligung verlaufen: „Das ist nicht das, was wir uns als Beteiligung vorstellen – das ist ein respektloser Umgang mit der Bevölkerung.“ Die Berechnung von neu geschaffenem Grünraum beim neuen Bauprojekt bezeichnete Hungerländer als „Taschenspielertrick“.
GR Christian Hursky (SPÖ) meinte, es müsse in einer wachsenden Stadt gestattet sein, entsprechende Planungen zu machen und langfristig Wohnraum zu schaffen. In der Stadt seien alle Facetten der Flächenwidmung betrachtet worden – vom Verkehrsgutachten über den Grünraum bis hin zur Bauhöhe. „Wenn wir Grünraum verbauen, ist es sinnvoll auch in die Höhe zu bauen. Was für die Anrainerinnen und Anrainer nicht immer leicht verständlich ist“, sagte Hursky. Das sei in einer stetig wachsenden Stadt, die innerhalb weniger Jahre um mehr als die Bevölkerungsanzahl von Graz gewachsen sei, „einfach so“. Die von der ÖVP als Alternative zum Neubau verlangte Aufstockungen von vorhandenen Gebäuden seien auch „problematisch“, da es immer Anrainerinnen und Anrainer gebe, die Veränderungen ablehnen würden.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) meinte, sinnvoller als landwirtschaftliche Flächen zu verbauen sei es, derzeit leerstehenden Wohnraum zu nutzen. Zum vorliegenden Poststück: Die Stadt Wien würde durch ihre Einkaufspolitik immer höhere Grundstückspreise hervorrufen, vermutete Margulies: „Wer in der Donaustadt einen landwirtschaftlichen Grundbesitz sein Eigen nennt, hat einen Lotto-Sechser.“ Die Stadt würde für „Ackerflächen“ 470 Euro pro Quadratmeter zahlen – „dort hat der selbe Verkäufer ein benachbartes Grundstück vor wenigen Jahren um 170 Euro an die ÖBB verkauft“. Auch seien nach seiner Ansicht noch nicht alle Projektschritte abgeschlossen, was die Voraussetzung dafür sei, dass man Grundstücke enteignen dürfe – und erst diese Androhung in einem Kaufvertrag bringe dem Verkäufer die erhoffte Steuerbefreiung. „Die Stadtregierung treibt die Goldgräberstimmung in der Donaustadt mit ihren Preisen weiter an. Mit einem Ankauf nach dem anderen wird die Bodenspekulation weiter angeheizt“, so Margulies.
GR Georg Prack, BA (GRÜNE) sagte, dass hier um ein verkehrstechnisch „extrem schlecht erschlossenes Gebiet“ handle. Außerdem habe es einen Partizipationsprozess gegeben, von dem nichts umgesetzt worden sei – „das kann man sich wirklich ersparen, deshalb stimmen wir hier auch nicht zu.“ Der vorliegende städtebauliche Vertrag sei „nicht gut verhandelt worden“ und weise nach Ansicht Pracks zahlreiche Mängel auf und sei „unzureichend“. Es müsse bei städtebaulichen Verträgen Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit geschaffen werden; dazu brachte Prack den Antrag ein, alle städtebaulichen Verträge in Gänze zu veröffentlichen.
GR Anton Mahdalik (FPÖ) kritisierte, dass die Grünen Wien in der Vergangenheit während ihrer Regierungsbeteiligung „sehr viele Versiegelungen in der Donaustadt mitbeschlossen haben – das war alles Grünraum und das waren Gärtnereien“. Westlich der Süßenbrunner Straße würde fruchtbares Ackerland versiegelt – und zwar bis auf eine Parkfläche von fünf Prozent der ursprünglichen Grünfläche. Kritisiert wurde von Mahdalik auch, dass nicht SPÖ-Mandatare aus der Donaustadt zum Poststück gesprochen hätten, sondern einer aus Favoriten – „das ist eine Missachtung des Stadtparlaments und der Bürger“. Der Beteiligungsprozess sei eine reine Farce gewesen – „das ist der SPÖ anscheinend völlig wurscht und skandalös“.
GR Erich Valentin (SPÖ) bezeichnete seinen Vorredner als „zuverlässigen Tiefpunkt des Parlamentarismus“. Der FPÖ-Gemeinderat Mahdalik würde das Rathaus ständig mit dem Wirtshaus verwechseln und Dinge behaupten, die nicht stimmen, so Valentin. So sei die Umweltanwaltschaft nicht zurückgepfiffen worden, weil sie eine weisungsungebundene Instanz ist. Auch im Verfahren sei inklusive dem UVP alles nach den Vorschriften abgelaufen, denn Wien vertrete den Rechtsstaat, erinnerte Valentin. Auch die ÖVP-Gemeinderätin Hungerländer sei „eine Meisterin der Verschwörungstheorie“, kommentierte Valentin die Kritik der ÖVP-Mandatarin. Nach einem Verfahren würde Rechtskraft entstehen; ein Bescheid könne auch angefochten werden, aber die Spielregeln lege das Bundesrecht fest und diese seien zu befolgen. Auch die Grünen würden „die Nähe zur Wahrheit vermeiden“, sagte Valentin zum Thema Radverkehr und Auto-Stellplätze im 20. Bezirk. Die Brigittenau werde immer für die fehlenden Radwege kritisiert, im Verhältnis zu anderen Bezirken sei der 20. Bezirk im Durchschnitt gut und würde die Radinfrastruktur ausbauen. Zur von den Grünen als zu hoch kritisierte Stellplatzverpflichtung im Nordwestbahnquartier meinte Valentin, die Brigittenau würde weniger Parkplätze bauen, als der Modal Split „Stand jetzt“ voraussetzen würde, erklärte Valentin. Am Nordwestbahnhof werde außerdem kein Parkplatz auf der Oberfläche geschaffen, sondern in Garagen. Der Freiraum oben bleibe den Menschen, die Autos gehörten in die Tiefgaragen, argumentierte Valentin. Er wiederholte seine Forderung nach dem Verbot von Elektro-Motorroller auf Radwegen in der Straßenverkehrsordnung und verlangte eine Anpassung der StVO durch die zuständige Verkehrsministerin. Er brachte dazu einen Antrag ein. Eine allgemeine Aufhebung der Radwegbenützungspflicht lehne er ab. Abschließend meinte Valentin, es sei schön aus seinem Haus zu schauen „und da steht weit und breit kein weiteres Gebäude“, allerdings sei Wien eine wachsende Stadt, in die in den zwei vergangenen Jahrzehnten „die Bevölkerung von Linz und Graz eingemeindet worden“ sei. Wien sei eine attraktive Stadt für Menschen aus ganz Europa, die auch hier leben wollten. Wenn die Wohnungspreise weiter erschwinglich bleiben sollen, dann müssten auch ausreichend leistbare Wohnungen gebaut werden.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) meldete sich erneut zu Wort. In Süßenbrunn sei ein funktionierendes Bürgerbeteiligungsverfahren ebenso wie ein Ausbau der Öffis versprochen worden. Der sei vom Bezirkschef an den Lobautunnel geknüpft worden. Angesichts des Russland-Überfalls auf die Ukraine mache es Sinn, den Bio-Anbau dort weiterzuführen und nicht Ackerland zu verbauen. Er forderte ein Gutachten zum Kaufpreis für die Flächen für die künftige Stadtstraßen-Anschlussspange. In Sankt Marx plane die Stadt die Wien Holding Arena – der Vertrag mit dem Betreiber sei jetzt geplatzt, das sollte die Wiener Stadtregierung nutzen, um die Fläche dort zu entsiegeln, forderte Margulies.
GR Georg Prack, BA (GRÜNE) meldete sich ebenfalls ein zweites Mal zu Wort. Er zitierte in Zusammenhang mit den Stellplätzen am Nordwestbahnhof den Fachbeirat für Stadtplanung, der empfohlen hatte, im Sinne einer klimaneutralen Stadt die PKW-Stellplätze zu reduzieren.
Abstimmung: Der Ankauf und sowie der Abschluss eines Vertrages zur Errichtung und Umsetzung von Infrastruktur und alle weiteren Punkte in Zusammenhang mit dem Projekt „Süßenbrunner Straße West“ wurden beschlossen. Die Anträge der Opposition fanden nicht die notwendige Mehrheit. Der Antrag der NEOS und der SPÖ zu „Raum für aktive Mobilität und gegen E-Mopeds auf Radwegen“ wurde einstimmig angenommen.
PLANDOKUMENT NR. 8361 IM 19. BEZIRK, KATGEN NUSSDORF UND HEILIGENSTADT
GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) meinte, Nußdorf und Heiligenstadt würde sich durch vielfältige Gebäude auszeichnen – von Heurigen-Häusern über Gründerzeit-Villen über moderne Gebäude bis hin zu Kleingärten. Die Flächenwidmung nehme Rücksicht auf die bestehenden Gebäude und solle auch bei den Fassaden zum Ortsbild passen. So seien Erker oder Balkone verboten, auch seien Gebäude ausgemacht worden, die besonders erhaltenswert seien und daher geschützt würden. Auch die Verkehrsflächen behalten die Straßenführungen der historischen Ortskerne bei, außerdem seien breite Gehsteige vorgeschrieben, fasste Arapovic die Inhalte der Flächenwidmung zusammen. Die Bebauungspläne würden den Ortsbildschutz mit der Möglichkeit zur Weiterentwicklung der Grätzl vereinen, schloss Arapovic.
Abstimmung: Das Plandokument wurde mehrstimmig angenommen.
Die 43. Sitzung des Gemeinderates endete um 22.29 Uhr.
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