44. Wiener Gemeinderat (2)

Fortsetzung der Fragestunde und Aktuelle Stunde

GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) erkundigte sich in der vierten Anfrage bei Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) nach den Vergabekriterien für die Atelierräume, die in einem Pavillon auf dem Otto-Wagner-Areal entstehen werden. Kaup-Hasler sagte, dass im Areal auf 3.500 Quadratmetern Fläche im Pavillon 18 – zuzüglich Gartenareal – Atelier-, Besprechungs-, Verwaltungs-, Veranstaltungs- und Aufenthaltsräume entstehen werden. In diesem Atelierhaus Wien könnten, so Kaup-Hasler, bis zu 100 Künstler*innen arbeiten. Zusätzlich werde es ein Artist in Residence-Programm geben, für welches im 2. Obergeschoss acht Wohneinheiten zur Verfügung gestellt werden. Kaup-Hasler betonte in diesem Zusammenhang ihren Einsatz für Fair Pay im Kunst- und Kulturbetrieb, welches auch im Rahmen von Zurverfügungstellung von günstigen Arbeitsplätzen befördert werden könne. Die Ausarbeitung der Details zur Vergabe an die jeweiligen Künstler*innen werde erst in den nächsten Monaten und Jahren im Dialog mit den wichtigsten Akteur*innen ausgearbeitet werden. Ihr sei der „Druck in der Kunstszene“ bewusst und deshalb werde es „klare und transparente Vorgaben“ zur Vergabe der Räume geben, die auch eine Rotation der Nutzer*innen ermöglichen. Aktuell sei man in der Phase der „Grundsteinlegung“ – ab 2027 werde das Projekt „mit Leben und Menschen befüllt“ werden.

In der fünften Anfrage erkundigte sich GR Markus Gstöttner, MSc (ÖVP) bei Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) nach dem aktuellen Stand des Konzeptes zur Weiterentwicklung der Corporate Governance für stadteigene Beteiligungen. Laut Hanke bekenne sich die Stadt Wien dazu, vor allem in den Bereichen Transparenz und Offenheit voranzukommen. Mit 30. September 2023 sei der Prozess im Bereich des Beteiligungsmanagements abgeschossen worden. Im Fokus stünden hier insbesondere Mehrheitsbeteiligungen der Stadt. Nun gehe es in die zweite Phase, welche bis zum Ende des Jahres gehen werde. Hier werde klargestellt, wie der Maßnahmenplan konkret aussieht und die Organisationsstruktur im Detail aussehe. 2024 werde die Umsetzung „schnellstmöglich“ in Angriff genommen, so Hanke. Der Wiener „Public Corporate Governance“-Kodex sei ins Leben gerufen worden, um bezüglich Beteiligungen noch klarer kommunizieren zu können. Hier habe es bereits im Vorfeld, mit externer Expertise, diverse Vorarbeiten gegeben. Auch sei die Stärkung des Interpellationsrechts ein wichtiges Anliegen. Diese habe man als SPÖ – gemeinsam mit dem Koalitionspartner NEOS – „nicht aus den Augen verloren“, so Hanke abschließend.

AKTUELLE STUNDE DER SPÖ ZUM THEMA: „WIEN KÄMPFT ENTSCHLOSSEN GEGEN DISKRIMINIERUNG UND GEGEN GEWALT JEDER FORM GEGENÜBER FRAUEN UND MÄDCHEN“

GRin Martina Ludwig-Faymann (SPÖ) erinnerte daran, dass Frauen in Wien „seit gestern bis zum Jahresende gratis arbeiten“. Auf ganz Österreich gesehen, sei die Lage noch schlimmer, so Ludwig-Faymann. 62 Tage würden Frauen in Österreich im Vergleich zu Männern „gratis arbeiten“ – so weit vorne sei der Equal Pay Day im Kalender angesiedelt. elf Prozent würden Frauen in Wien weniger verdienen, 17 Prozent seien es bundesweit. In konkreten Zahlen seien dies 6.416 Euro weniger Verdienst im Jahr in Wien, 8.340 Euro in Österreich. Bereinigt um den Faktor „Frauen arbeiten in schlechter bezahlten Jobs“, der oft als Argument angeführt werde, ergäben sich noch immer 6.094 Euro weniger Verdienst im Jahr für Frauen als für ihre männlichen Kollegen. Der Grund sei Ungleichbehandlung und mangelnde Chancengleichheit von Frauen am Arbeitsmarkt. Dies liege auch an zu wenigen und zu kurz geöffneten Kinderbetreuungseinrichtungen – insbesondere außerhalb Wiens. Zudem sei die Kinderbetreuung noch immer hauptsächlich Sache der Frauen, wie auch die Pflege von Angehörigen. 27 Jahre sei die Kampagne „Ganze Männer machen Halbe-Halbe“ her und noch immer sei die Gesellschaft weit davon entfernt, das erreicht zu haben. Kinderbetreuung habe in Wien längere Öffnungszeiten und sei vor allem gratis verfügbar. Es sei daher kein Zufall, dass in Wien Frauen mehr verdienen würden als im Rest Österreichs. Es sei klar in den Daten zu sehen, dass die Lohnschere kleiner werde, wo die Kinderbetreuung besser sei. Beim Kampf gegen Gewalt an Frauen stünden alle Gemeinderatsfraktionen zusammen, so Ludwig-Faymann. Dies sei auch am morgigen Start der Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ wieder zu sehen. Ludwig-Faymann stellte den Gedanken in den Raum, „was in Österreich los wäre, wenn alle zwei Wochen ein Mann von seiner Ehefrau umgebracht“ werden würde. Genau diese zu erwartende Aufregung erwarte sie sich auch bei Femiziden. Die Stadt Wien dränge darauf, dass es mehr und besseren Ausbau von Frauenhäusern geben solle, da diese sehr guten Schutz für Betroffene böten.

GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ) nannte den Titel der Aktuellen Stunde „einen Hohn“, jedenfalls in Verbindung mit „der Situation auf Wiens Straßen und Schulen“. Sie frage sich, wo der „entschlossene Kampf gegen Gewalt“ sei, wenn man an die „Zustände in der Stadt“ denke. Es komme ihr vor, als sei der einzige Kampf, den die SPÖ und die NEOS führen würden, jener für „Massenzuwanderung“. Das Wachstum der Stadt sei kein Wert an sich und nicht per se positiv zu bewerten, denn die Menschen in Wien könnten den massiven Zuzug nicht länger aushalten. „Auch ein Krebsgeschwür wächst, das ist nichts Gutes“, so Nittmann. All das führe dazu, dass Frauen und Mädchen in Wien Gewalt ausgesetzt seien. Auch wenn die Förderung von Frauenhäusern der Stadtregierung am Herzen liege, sei es ihre eigene Politik, die Frauen und Mädchen in Gefahr bringe. Das größte Problem sei „importierte Gewalt“. Der Korrelation von Gewalt und dem Zuzug „junger Männer“ sei klar „null Toleranz für Frauenverächter“ entgegenzuhalten, so Nittmann abschließend.

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) erinnerte an Nadine W., eine Trafikantin, die im Jahr 2021 von ihrem Ex-Partner an ihrem Arbeitsplatz bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, mit Benzin überschüttet und angezündet wurde. Ihr „angebliches Vergehen“: Sie wollte sich trennen. Es gebe noch immer festgefahrene Geschlechterrollen – solche Morde seien „nur die Spitze des Eisberges“, so Bakos. Die Partnerin werde noch immer zu oft als „Besitz des Mannes“ wahrgenommen, der keinen eigenen Willen haben dürfe. Die Frage, was man dagegen machen könne, sei leicht zu beantworten: Es gelte eine echte Gleichstellung voranzutreiben, wo immer man könne und die Kompetenz habe. Es gelte, Frauen nicht als Bittstellerinnen dastehen zu lassen, die Kinderbetreuung auszubauen, die Väter in die Kinderbetreuung miteinzubeziehen. Es gelte auch, körperliche und sexuelle Selbstbestimmung hochzuhalten – ihr Körper gehöre den Frauen allein und sonst niemandem. Es dürfe für Sexismus und Gewalt kein Platz in der Gesellschaft sein. Die wöchentlichen Meldungen über Morde an Frauen dürften nicht Normalität werden, appellierte Bakos abschließend.

GRin Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE) wandte sich zu Beginn an ihre Vorrednerin von der FPÖ, die ein wichtiges Thema für rassistische Politik zu instrumentalisieren versuche. „Die Mauern eines Hauses sind eher ein Hindernis für eine Frau als ein Schutz“, zitierte Spielmann Clara Zetkin. Die Gewalt an Frauen passiere zwar im Privaten, allerdings sei sie keine Privatsache. Die eigenen vier Wände seien nach wie vor der „gefährlichste Ort für Frauen“, so Spielmann. Die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ seien insofern wichtig, als dass auf das „extreme Ausmaß der Gewalt“ hingewiesen werden müsse. Jede dritte Frau in Österreich sei von Gewalt betroffen. Dieses Ausmaß zeige sehr gut, wie strukturell dieses Problem sei. Allein in diesem Jahr habe es 25 Femizide gegeben. Jede zweite Woche habe es einen Mord gegeben. Diese Gewalt müsse endlich beendet und verhindert werden, so Spielmann. Täter seien in den allermeisten Fällen Männer, die dem Opfer nahestehen oder -standen. Es dürfe auch nicht zur Schuldumkehr kommen, wenn Frauen auf Gewalt hinweisen, die ihnen angetan werde. Spielmann dankte abschließend für die „gute überparteiliche Zusammenarbeit bei diesem Thema“. Es sei sehr wichtig, dass nicht Täter, sondern Betroffene geschützt werden.

StRin Mag. Isabelle Jungnickel (ÖVP) erinnerte daran, dass jede dritte Frau von Gewalt betroffen sei. Sie frage sich, so Jungnickel, wie viele Personen wohl noch nie Gewalt an Frauen erlebt hätten und „in welcher Welt“ diese lebten. Es müsse alles dafür getan werden, dass Frauen „in dieser Stadt, diesem Land und dieser Welt“ vor Gewalt geschützt werden. Sie sei froh, dass mit Frauenministerin Raab (ÖVP) „ein gutes Frauenbudget aufgestellt“ worden sei. Auch in Wien gebe es ein Budget von 13 Millionen Euro. Dieses Geld müsse jedoch sinnvoll genutzt werden und dürfe nicht „in intransparenten Vereinen verschwinden“, mahnte Jungnickel. Der Femizid sei nur „die Spitze des Eisbergs“: Ein Viertel der Weltbevölkerung finde es in Ordnung, wenn Frauen geschlagen werden. Man wisse, dass 56 Prozent der Femizide von Nichtösterreichern begangen werden. Man müsse daher auch feststellen, dass Gewalt „auch ein importiertes Problem“ sei. Daher sei Integration wichtig, denn diese bedeute auch, Werte zu respektieren, zu schätzen und zu leben. Abschließend hielt Jungnickel erneut fest: „Gewalt an Frauen ist keine Privatsache“.

(Forts.) jaz

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