Greenpeace verurteilt Angriff der türkis-grünen Bundesregierung auf gemeinnützige Organisationen

Mit Gesetzesvorhaben können bereits Verwaltungsübertretungen die Existenz von Vereinen zerstören – Ehemalige OGH-Präsidentin Griss und Verfassungsjurist Mayer schließen sich der Kritik an

Wien (OTS) – Greenpeace übt scharfe Kritik an einem massiven, verfassungswidrigen Angriff der Regierungskoalition aus ÖVP und Grünen auf demokratische Grundrechte wie das Demonstrationsrecht und auf den zivilgesellschaftlichen Aktivismus. Das Gemeinnützigkeitsreformgesetz, das heute präsentiert und Mitte Dezember im Nationalrat beschlossen werden soll, führt dazu, dass in Zukunft das Begehen von Verwaltungsübertretungen die Existenz gemeinnütziger Organisationen wie Greenpeace, Volkshilfe, VGT oder Fridays for Future zerstören kann. Das belegt Greenpeace mit einem aktuellen Rechtsgutachten. Auch die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, und der Verfassungs- und Verwaltungsjurist Heinz Mayer kritisieren das Gesetzesvorhaben.

„Es ist wenig überraschend, dass die Parteispitze der ÖVP ihnen unbequemen demokratischen Protest unterbinden will. Dass sich aber die Regierungsmitglieder der Grünen zum Handlanger eines massiven Angriffs auf zivilgesellschaftliche Organisationen machen, ist schärfstens zu verurteilen. Greenpeace fordert die Grünen im Nationalrat auf, dem Gesetz die Giftzähne zu ziehen“, sagt Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit, und fügt hinzu:
“Eigentlich hätte diese Reform ausschließlich zu Verbesserungen für die Zivilgesellschaft führen sollen. Was wir jetzt sehen, ist ein Angriff auf zivilgesellschaftliches Engagement und auf die Demokratie durch die Hintertür des Steuerrechts.”

Irmgard Griss, ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, warnt: “Mit diesem Gesetz würden gemeinnützige Organisationen in ihren verfassungsrechtlich garantierten demokratischen Rechten wie Demonstrationsfreiheit und dem aktionistischen Eintreten für gesamtgesellschaftliche soziale und ökologische Zielsetzungen stark beschnitten. Die Existenz von Vereinen wäre der Willkür von Finanzämtern ausgeliefert.”

Die Geschichte zeige, dass zivilgesellschaftliches Engagement, besonders wenn es unbequem für die Regierenden ist, oft auch rechtliche Folgen habe, so Egit. Die Umweltbewegung in Österreich blickt auf viele solche historischen Momente zurück – dazu gehören etwa die Besetzung der Hainburger Au 1984, aber auch die nicht lange zurückliegenden Proteste zur Verhinderung des Lobautunnels.

Mit dem Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 würde nun ein brandgefährliches, rechtliches Instrument geschaffen, so der Greenpeace-Geschäftsführer. Gemeinnützige Organisationen würden mit der Aberkennung der Absetzbarkeit von Spenden existenzbedrohende wirtschaftliche Einbußen erleiden. Eine solche Aberkennung kann mit dem neuen Gesetz unter anderem eben dann erfolgen, wenn zivilgesellschaftlicher Protest entsprechende Verwaltungsstrafen nach sich zieht. Laut den Gesetzesplänen würden somit Finanzbeamte außerhalb eines ordentlichen Gerichtsverfahrens darüber entscheiden, ob wegen wiederholter Verwaltungsübertretungen Spenden weiter abgesetzt werden können.
Verfassungs- und Verwaltungsjurist Heinz Mayer kritisiert in diesem Zusammenhang das Gesetz als verfassungswidrig: „Der Gesetzentwurf verstößt insofern gegen die Verfassung, als eine aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Finanzamts ausgeschlossen ist. Der Verfassungsgerichtshof hat schon mehrfach klargestellt, dass gesetzliche Regelungen nicht dazu führen dürfen, dass daraus endgültige oder gar existenzbedrohende Belastungen entstehen.”

„Es gibt in Österreich keine gemeinnützige Organisation, die das überleben würde,“ erhebt Egit schwere Vorwürfe gegen die türkis-grüne Regierung und fordert den Beschluss eines parlamentarischen Abänderungsantrags. “Sollte das Gesetz tatsächlich in dieser Form im Plenum des Nationalrats abgestimmt werden, dann müssen die Abgeordneten dagegen stimmen – insbesondere jene der Grünen, das sind sie ihren eigenen Wurzeln schuldig”, fordert Egit und fügt hinzu:
“Das AKW Zwentendorf, das Donaukraftwerk Hainburg oder der Lobautunnel könnten heute alle schon in Betrieb sein, wenn es die geplanten gesetzlichen Regelungen damals schon gegeben hätte.”

Das Fact Sheet zum Gemeinnützigkeitsreformgesetz finden Sie hier:
https://bit.ly/3RiPEw7

Das Rechtsgutachten finden Sie hier: https://bit.ly/47Wu7yE

Réka Tercza
Leitung Pressearbeit
Greenpeace CEE in Österreich
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