Bundesrat billigt Änderungen im ABGB zur Lösung haftungsrechtlicher Fragen bei Bäumen

Denkmalschutzgesetz wird modernisiert und bringt Erhaltungspflicht von historischen Gebäuden

Mit Beschlüssen zum Schutz von Bäumen und historischen Gebäuden endete heute Nacht eine lange Sitzung der Länderkammer. Von allen Fraktionen unterstützt wurde die Neuregelung der Haftungsbestimmungen für Schäden, die durch das Umstürzen von Bäumen oder das Herabfallen von Ästen entstehen.Bisher mussten Baumbesitzer:innen – analog zur Gebäudehaftung – in Schadensfällen nachweisen, dass sie keine Schuld trifft. Diese Beweislastumkehr wird nun entfallen. Mehrheitlich grünes Licht gab der Bundesrat auch für eine umfassende Novelle des Denkmalschutzgesetzes, durch die Unterschutzstellungen leichter umsetzbar sind und Spekulationen mit denkmalgeschützten Bauten hintangehalten werden sollen.

Die Zustimmung aller Fraktionen fand auch ein Gesetzesantrag von ÖVP und Grünen, durch den die ordnungsgemäße Umsetzung der EU-Richtlinie zum Rechtsbeistand in Verfahren sichergestellt werden soll. Er enthält insbesondere Klarstellungen bezüglich des Zugangs zu einem Rechtsbeistand sowie der Berücksichtigung des Kindeswohls. Der dazu im Laufe der Debatte eingebrachte Entschließungsantrag der FPÖ auf Senkung der Strafmündigkeit und Deliktsfähigkeit auf zwölf Jahre fand nach Abhaltung einer namentlichen Abstimmung keine Mehrheit (9 Ja, 47 Nein).

Nur von den Regierungsfraktionen unterstützt wurde ein Gesetz, mit dem die Rechtsgrundlage für die sich derzeit in Errichtung befindliche neue Digitaluniversität in Linz (Interdisciplinary Transformation University) geschaffen wird. Diese soll ab Herbst 2024 den Regelbetrieb aufnehmen. Die Vorlage passierte im Rahmen einer namentlichen Abstimmung (30 Ja, 25 Nein) mehrheitlich die Länderkammer.

Schließlich wurden noch der aktuelle EU-Vorhabensbericht des Justizressorts sowie jener des Ministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport mehrheitlich bzw. einstimmig zur Kenntnis genommen.

NEUE HAFTUNGSREGELN IM ABGB SOLLEN UNNÖTIGES ZURÜCKSCHNEIDEN ODER FÄLLEN VON BÄUMEN VERHINDERN

Die Haftung für Bäume soll durch Einfügung einer eigenen Gesetzesbestimmung in das Schadenersatzrecht des ABGB auf eine neue, spezifische Grundlage gestellt werden, sieht die von Justizministerin Alma Zadić vorgelegte und heute nun auch im Bundesrat behandelte Regierungsvorlage (Haftungsrechts-Änderungsgesetz 2024) vor. Es bestand die Problematik, dass in der Vergangenheit oft aus Angst vor einer möglichen Haftung Bäume flächendeckend gefällt wurden, selbst wenn das aus Sicherheitsaspekten gar nicht erforderlich gewesen wäre. Die bisher bestehende Beweislastumkehr wird daher entfallen. Künftig müssen die Geschädigten nachweisen, dass Sorgfaltspflichten verletzt wurden. Nicht von der Neuregelung betroffen sind Bäume im Wald; die dafür geltenden Bestimmungen im Forstgesetz bleiben unberührt. Die neue Bestimmung, die ab 1. Mai 2024 in Kraft treten wird, bezieht sich auch nicht auf sämtliche mögliche Schadensfälle, die im Zusammenhang mit Bäumen denkbar sind.

ZADIĆ: EIGENE BAUMHAFTUNG SOLL IN ZUKUNFT “ANGSTSCHNITTE” VERHINDERN

Ministerin Alma Zadić zeigte sich sehr froh darüber, dass nach einem jahrelangen Gesetzwerdungsprozess die Frage der Baumhaftung neu geregelt wird. Bisher galt für Bäume außerhalb des Waldes eine verschärfte schadenersatzrechtliche Haftung, weil es eine Beweislastumkehr gab. Dies habe dazu geführt, dass aus Angst sehr viele Bäume gefällt wurden. Nunmehr müsse wie sonst auch üblich der Geschädigte nachweisen, dass der Baumhalter seinen Sorgfaltspflichten schuldhaft nicht nachgekommen sei, erläuterte die Ressortchefin.

Weiters wies die Ministerin darauf hin, dass die Sorgfaltspflichten des Baumhalters insbesondere vom Standort und der damit verbundenen Gefahr, von der Größe, dem Wuchs und dem Zustand des Baums abhängen. Denn für einen Baum, der sich in der Nähe eines Kinderspielplatzes befinde, müssten andere Kriterien gelten als für einen abgelegenen Baum am Stadtrand. Erstmals wurde in diesem Bereich auch der Aspekt des Umweltschutzes in den Vordergrund gerückt, zumal ein möglichst naturbelassener Zustand des Baumes im Fokus stehe. Die für die Anwendung in der Praxis relevanten Details werden in dem Leitfaden Baumsicherheitsmanagement zusammengefasst, informierte Zadić.

EINIGKEIT ZWISCHEN DEN FRAKTIONEN ÜBER NEUREGELUNG DER BAUMHAFTUNG

Da es für Schäden, die durch das Umstürzen von Bäumen oder das Herabfallen von Ästen entstehen, bis dato keine Regelung gab, habe man sich an der Gebäudehaftung orientiert, erläuterte Elisabeth Kittl (Grüne/W). Dies habe dazu geführt, dass beim Fällen von Bäumen, vor allem in den Städten, oft sehr übervorsichtig vorgegangen wurde. Da dies nicht zielführend gewesen sei, wurden nun neue Bestimmungen ausgearbeitet, die unter anderem den Zustand des Baumes und auch den Standort berücksichtigen würden. Außerdem werde die Beweislastumkehr entfallen und die Eigenverantwortung sowie das Gemeinwohl betont.

Viktoria Hutter (ÖVP/N) war überzeugt, dass eine gute Lösung gefunden wurde, die einerseits für Rechtssicherheit sorge und andererseits auf den Hausverstand der Menschen setze. Wichtig war ihr zu betonen, dass für die Bäume im Wald weiterhin das Forstgesetz anwendbar sei.

Kaum etwas beeinflusse das Klima in den Städten so positiv wie große Bäume, hob Bundesrat Manfred Mertel (SPÖ/K) hervor. Die Neuregelung der Haftung sah er positiv, da trotz des Entfalls der Beweislastumkehr die Sorgfaltspflichten der Baumhalter weiterhin Geltung haben.

Auch seine Fraktion stimme dem Gesetz, das einer ausführlichen Begutachtung unterzogen worden sei, zu, erklärte Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N). Es sei gut, dass es zu einer Neudefinition im ABGB komme, zumal bis dato auf eine analoge Regelung im Bereich der Gebäudehaftung zurückgegriffen werden musste. Gleichzeitig sei gewährleistet, dass die Sorgfaltspflichten durch die Baumhalter eingehalten werden müssen.

Anstatt ein neues Gesetz zu beschließen, dass eigentlich nichts ändere, hätte er es sinnvoller gehalten, verwaltungsrechtliche Schritte zu setzen, argumentierte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W).

NEUES DENKMALSCHUTZGESETZ SOLL SPEKULATIONEN UND ABRISSE VON HISTORISCHEN GEBÄUDEN VERHINDERN

Auf völlig neue Beine wird das Denkmalschutzgesetz gestellt, dessen Novellierung vom Bundesrat mehrheitlich gebilligt wurde. Grundintention der Regierungsvorlage ist es,

Unterschutzstellungen leichter zu realisieren und Spekulationen mit denkmalgeschützten Bauten hintanzuhalten. Durch die Festschreibung einer “besonderen Erhaltungspflicht” soll verhindert werden, dass Eigentümer:innen von Baudenkmalen diese verfallen lassen. Außerdem wird dem Bundesdenkmalamt (BDA) eine stärkere Position eingeräumt. Neben der Aufstockung der Fördermittel werden auch die Haftungsregelungen für historische Gebäude und Anlagen angepasst, neue Regeln für archäologische Funde etabliert und der Schutz von UNESCO-Welterbe in den Denkmalschutz integriert.

Es wäre notwendig gewesen, das Denkmalschutzgesetz zeitgemäß und zukunftsorientiert zu adaptieren, urteilte Elisabeth Grimling (SPÖ/W). Der vorliegende Entwurf enthalte zwar einige Verbesserungen, räumte sie ein, aber auch viele Problembereiche. So sei etwa keine adäquate Verankerung des UNESCO-Welterbes nach internationalen Standards vorgenommen worden. Auch die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Denkmalbeirates werde durch ein neues Bestellungsverfahren beeinträchtigt. Kritik übte sie ebenso daran, dass archäologische Ausgrabungen durch die neuen Bestimmungen erheblich erschwert würden, weil etwa die Verwendung von modernen Metallsuchgeräten verboten werde.

Eine konträre Position nahm Marco Schreuder (Grüne/W) ein, der von einer bedeutsamen Novelle sprach. Sie schaffe die Grundlagen dafür, denkmalgeschützte Häuser gut zu erhalten und gleichzeitig so umzugestalten, dass man heute darin arbeiten und leben könne. Außerdem komme es zu einer stärkeren Verankerung des UNESCO-Welterbes mit ganz klar definierten Abstimmungsmechanismen. Als ganz wichtig bezeichnete Schreuder die Zielrichtung des Gesetzes, wonach dem spekulativen Verfallenlassen von Häusern durch eine moderate Erhaltungspflicht entgegnet werden soll.

Der Schutz und die Erhaltung des kulturellen Österreichs seien gesellschaftlich wichtige Aufgaben und sollten daher durch ein modernes Gesetz unterstützt werden, war Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP/T) überzeugt. Die Denkmäler würden in Hinkunft nicht nur besser geschützt, sondern auch für die Öffentlichkeit leichter zugänglich gemacht. Um zu verhindern, dass schützenswerte Gebäude zu Spekulationsobjekten werden, sei eine Erhaltungspflicht eingeführt worden. Weiters hob Neurauter die deutliche Aufstockung des Budgets für das Bundesdenkmalamt hervor.

MAYER: NEUES DENKMALSCHUTZGESETZ SCHLIESST VIELE LÜCKEN UND SIEHT DEUTLICH MEHR MITTEL VOR

Seit über 100 Jahren schütze das Denkmalschutzgesetz den Erhalt des kulturellen Erbes in Österreich, erinnerte Staatssekretärin Andrea Mayer. Da es nach so langer Zeit aber überarbeitet werden musste, habe ihr Ressort eine umfassende Novelle ausgearbeitet, um bestehende Lücken im Denkmalschutz zu schließen. Sie denke, dass dies auch gut gelungen sei. Beispielsweise würden die neuen Haftungsregeln eine flexiblere Nutzung von Denkmalen erlauben und sicherstellen, dass sie für die Öffentlichkeit zugänglich bleiben. Besonders erfreulich sei aus ihrer Sicht, dass dem absichtlichen Verfallenlassen von schützenswerten Gebäuden ein Riegel vorgeschoben werde. Parallel dazu konnte eine bedeutsame Erhöhung des Förderbudgets erreicht werden, betonte Mayer. Auch den Anliegen des Klima-, Umwelt- und Bodenschutzes sei nun klar Rechnung getragen worden.

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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