
Gesundheitsausschuss: Aus für Vollspaltenböden in der Schweinehaltung ab Mitte 2034
Grüne befürchten eine Fortsetzung des Tierleids und fordern umfassendes Gesamtpaket
Der zweite Teil des heutigen Gesundheitsausschusses war ganz dem Tierwohl gewidmet. Im Zentrum stand die noch immer ausständige Reparatur des Tierschutzgesetzes in Sachen Vollspaltenböden, die gerade noch rechtzeitig mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS sowie auch der FPÖ angenommen wurde und am 1. Juni in Kraft treten soll. Anfang 2024 hat nämlich der Verfassungsgerichtshof die für das Verbot von „unstrukturierten Vollspaltenbuchten ohne Funktionsbereich“ in der Schweinehaltung vorgesehene Übergangsfrist bis 2040 als zu lang und sachlich nicht gerechtfertigt beurteilt. Die Bestimmung wurde daher per 1. Juni 2025 aufgehoben.
KÜRZERE ÜBERGANGSFRIST, HÄRTEFALLREGELUNG FÜR 170 BETRIEBE UND BESSERE HALTUNGSSTANDARDS AB JUNI 2029
Der von ÖVP, SPÖ und NEOS heute im Ausschuss vorgelegte umfassende Abänderungsantrag zum Tierschutzgesetz sieht nun vor, dass die Haltung auf Vollspaltenböden mit 1. Juni 2034 ausläuft – sechs Jahre früher als vorgesehen. Für Betriebe, die zwischen Juni 2018 und Dezember 2022 in neue Ställe investiert haben, soll eine individuelle Übergangsfrist von 16 Jahren gelten, je nach Zeitpunkt der Fertigstellung der baulichen Maßnahmen. Diese Härtefallregelung wird rund 170 Betriebe betreffen.
Bereits ab dem 1. Juni 2029 sollen zudem erste Verbesserungen in bestehenden Ställen umgesetzt werden (Gruppenhaltung Neu), und zwar in Bezug auf das Platzangebot sowie die Ausstattung mit zusätzlichem organischem Beschäftigungsmaterial (z.B. Stroh). Auf Basis der Ergebnisse des Forschungsprojekts „IBeST+“ sollen ferner neue Mindeststandards für die Haltung von Mastschweinen erarbeitet werden.
Man habe aufgrund des Zeitdrucks sehr intensiv an der Novelle gearbeitet und könne nun eine gute Lösung vorlegen, erklärte Staatsekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig. Es sei nicht nur ein zweistufiges System entwickelt, sondern auch die Übergangsfristen verkürzt und das Ende der Vollspaltenböden per 2034 besiegelt worden. Im Rahmen des Projekts „IBeST+“ sollen zudem die unterschiedlichen Haltungssysteme in der Schweinemast evaluiert werden, informierte sie. Zusammen mit dem Gutachten der Fachstelle können dann im Laufe der nächsten Jahre neue Mindeststandards definiert werden.
Während die Ausschussmehrheit mit dem Entwurf zufrieden war, kam vor allem von Seiten der Grünen massive Kritik. Sie hätten sich schon eine viel frühere Verbesserung der Haltungsbedingungen und insbesondere die Umsetzung eines Gesamtpakets gewünscht.
Die zu Letzterem vorliegenden Anträge wurden ebenso vertagt wie eine Initiative der FPÖ betreffend die „Rettung des Gebrauchshundesports“.
NOVELLE FÜR ABGEORDNETE „MEHR ALS EIN GUTER KOMPROMISS“
SPÖ-Vertreter Rudolf Silvan lobte die Novelle, die seiner Meinung nach mehr als nur ein Kompromiss sei. Es handle sich um eine gute Lösung, zumal nicht nur ein früheres Verbot der Vollspaltenböden erreicht worden sei, sondern auch eine Verbesserung der Haltungsbestimmungen ab Mitte 2029. Dadurch hätten die Tiere nicht nur mehr Platz, sondern sie würden auch Beschäftigungsmaterial erhalten.
Für Josef Hechenberger (ÖVP) war es ein „sehr gelungenes Paket“, weil damit die Produktion im Inland abgesichert werden könne. Es schaffe mehr Planungssicherheit und fördere auch die Motivation bei den Bäuer:innen, in diesen Bereich zu investieren. Ebenso wie sein Fraktionskollege Georg Strasser wies er darauf hin, dass Österreich bezüglich der Tierschutzstandards in der Schweinehaltung im europäischen Vergleich in der „Oberliga“ spiele. Die Verkürzung der Übergangsfrist auf neun Jahre stelle laut Strasser eine große Herausforderung für die rund 6.000 bis 7.000 betroffenen Landwirt:innen dar, sei aber machbar. Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Haltungssystem hätten zudem gezeigt, dass die heimischen Produkte wettbewerbsfähig seien.
Die Novelle, die auf die Bedürfnisse der kleinstrukturierten Landwirtschaft in Österreich Rücksicht nehme, sei das Ergebnis von stundenlangen Verhandlungen mit den Stakeholdern und Branchenvertreter:innen, hob Christoph Pramhofer (NEOS) hervor. Die Vorschläge der Grünen seien „eh nett“, aber man lebe nun mal nicht im „Schlaraffenland“. Er sah den heutigen Beschluss zudem als Zwischenschritt, dem noch weitere folgen werden.
Peter Schmiedlechner (FPÖ) zeigte sich nicht ganz zufrieden, da der Entwurf wieder einmal ein Beispiel für „Gold Plating“ sei. Durch die Einschränkung der inländischen Produktion würde der Import an Schweinefleisch sicherlich zunehmen.
GRÜNE ÜBEN SCHARFE KRITIK UND FORDERN UMFASSENDES PAKET MIT KENNZEICHNUNGSPFLICHTEN
Olga Voglauer von den Grünen sprach von einem „vermurksten“ Gesetz, das weder dem Tierwohl diene, noch den Landwirt:innen wirklich helfe. Sie erinnerte die SPÖ daran, dass sie vor ihrer Regierungsbeteiligung noch eine andere Position vertreten hätten. Aber der ÖVP sei es wohl gelungen, die beiden Koalitionspartner über den Tisch zu ziehen, stellte sie gegenüber Georg Strasser (ÖVP) fest, den sie als „Betonpräsident“ bezeichnete. Kritisch beurteilte sie auch die ab 2029 vorgesehenen „Verbesserungen“ in der Haltung, weil die Schweine nur minimal mehr Platz bekommen würden. Die Schweine bräuchten aber Auslauf, frische Luft und Stroh. Sie verwies diesbezüglich auf den auf der Agenda stehenden Antrag der Grünen (49/A) zu diesem Thema, der bei der Abstimmung aber abgelehnt wurde.
Voglauer beklagte weiters, dass auch keine Rede mehr sei von neuen gesetzlichen Mindeststandards ab 2027, zumal dieser Passus gestrichen wurde. Dies würde aber dazu führen, dass die Bäuer:innen keinen Anreiz hätten, Verbesserungen vorzunehmen.
Außerdem seien die Grünen immer für einen umfassenden Ansatz eingetreten und hätten gleichzeitig den Ausbau der Tierhaltungs- und Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln sowie eine nachhaltige Beschaffungsstrategie durch die öffentliche Hand gefordert. In einem dazu vorliegenden Antrag plädierte Voglauer unter anderem dafür, die seit 2023 geltende verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch, Eiern und deren Verarbeitungsprodukten für die Gemeinschaftsverpflegung auf die gesamte Gastronomie auszuweiten ( 51/A(E)). Im Sinne der Transparenz müsste auch endlich eine einheitliche fünfstufige Tierhaltungskennzeichnung nach deutschem Vorbild eingeführt werden, lautete die zentrale Forderung einer weiteren Initiative der Grünen (54/A(E)). Die Kennzeichnung sollte „freiwillig-verpflichtend“ auf der Verpackungsvorderseite erfolgen, auch dann, wenn bereits durch Labels oder den Markennamen Aussagen zum Tierwohl getroffen wurden.
Beide Anträge wurden mehrheitlich vertagt.
FPÖ SETZT SICH FÜR DEN ERHALT DES GEBRAUCHSHUNDESPORTS IN ÖSTERREICH EIN
Für die Freiheitlichen stehe es außer Zweifel, dass der Gebrauchshundesport einen wesentlichen Beitrag zu mehr Sicherheit, Tierwohl und Tierschutz leiste, betonte Abgeordnete Irene Eisenhut in einem Entschließungsantrag ihrer Fraktion (197/A(E)). Es handle sich dabei um kein Kampftraining, sondern vielmehr um eine anspruchsvolle Disziplin, die sowohl die geistige als auch die körperliche Leistungsfähigkeit fördere und damit ein sicheres, artgerechtes und harmonisches Zusammenleben zwischen Mensch und Hund gewährleiste.
Umso unverständlicher sei es daher, dass der ehemalige Minister Johannes Rauch die Vorgaben für die tierschutzkonforme Hundeausbildung geändert und dadurch die Ausübung des internationalen Gebrauchshundesports de facto verboten habe. Dies untergrabe die wertvolle ehrenamtliche Arbeit zahlreicher Hundevereine. Auch Organisationen wie Polizei, Bundesheer, Zoll und Rettungshundestaffeln würden nun vor großen Herausforderungen stehen, zeigte sie auf. Keinen Zweifel ließ Eisenhut, die eine Änderung der angesprochen Verordnung forderte, hingegen daran, dass die FPÖ gegen das „private Scharfmachen von Hunden in Hinterhöfen“ sei.
Wenig Verständnis für das Ansinnen der FPÖ zeigten Olga Voglauer (Grüne) und Christoph Pramhofer (NEOS), die die Auffassung vertraten, dass es für das Scharfmachen von Hunden im privaten Bereich keinen Bedarf gebe.
Abgeordnete Marie-Christine Giuliani-Sterrer (FPÖ) teilte die geäußerten Bedenken nicht, da für Profis schnell erkennbar sei, ob ein Hund für die Ausbildung geeignet sei oder nicht. Die Verordnung ändere auch nichts am Problem, da als Ausweg auf Hunde aus dem Ausland zurückgegriffen werde. Es würde nur die Zucht im Inland kaputt gemacht, gab sie zu bedenken. Es brauche jedenfalls eine Regelung, die einerseits für größtmögliche Sicherheit sorge und andererseits die Ausübung des Gebrauchshundesports ermögliche, räumte Josef Hechenberger (ÖVP) ein. (Schluss Gesundheitsausschuss) sue
————————-
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender