
Experten zum Weltschilddrüsentag – Nuklearmedizin für die Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen unerlässlich
Die Krankenkassen sind gefordert, bessere Rahmenbedingungen für die Nuklearmedizin zu schaffen.
Nuklearmedizinerinnen und -mediziner könnten durch ihr Fachwissen den Gefahrengrad einer Schilddrüsenerkrankung sehr gut einschätzen und damit auch sehr gut beurteilen, welche Behandlung die geeignetste sei, erinnern Alexander Becherer, Fachgruppenobmann für Nuklearmedizin in der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), und Michael Gabriel, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Nuklearmedizin und Theranostik (OGNT), anlässlich des Weltschilddrüsentags am 25. Mai an die Wichtigkeit der Nuklearmedizin auch im Bereich der Schilddrüse. Trotzdem seien in Österreich noch immer zu viele Betroffene unterversorgt und bekämen keine adäquate Betreuung, was nicht zuletzt dem Unwillen der Krankenkassen zu Verbesserungen geschuldet sei, kritisieren die Experten.
„Die Schilddrüse produziert lebenswichtige Hormone, die für eine normale Entwicklung im Säuglings- und Kindesalter unentbehrlich sind“, erklärt Becherer. „In späteren Jahren regulieren sie u.a. unseren Stoffwechsel sowie Funktionen des zentralen, des vegetativen Nervensystems und des Herz-Kreislauf-Systems.“ In Mitteleuropa sei circa ein Drittel der Bevölkerung von Veränderungen der Schilddrüse und Schilddrüsenerkrankungen mit und ohne Störung der Funktion betroffen. „Funktionsstörungen können ebenso lebensbedrohlich werden wie manche bösartigen Tumore des Organs“, sagt Becherer. Deshalb sollten Beschwerden, die auf eine Erkrankung der Schilddrüse hindeuten könnten, wie etwa die Entdeckung eines Knotens am Hals, plötzlicher Leistungsknick gepaart mit Herzrasen, Nervosität und Schwitzen oder auch ungewohnte Müdigkeit und unerklärliches Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit, so rasch wie möglich ärztlich abgeklärt werden. Eine Gewichtszunahme durch eine Unterfunktion der Schilddrüse trete erst in fortgeschrittenen Fällen auf, daran seien aber meist andere Faktoren schuld.
„Der Nuklearmedizin fällt hier eine ganz wesentliche Rolle zu“, weiß Gabriel. Die Früherkennung sei mittlerweile durch häufige Miterfassung von Schilddrüsenhormonen bei routinemäßigen Laboruntersuchungen und breit verfügbaren Ultraschallgeräten sehr gut geworden. „Um dann die überwiegend harmlosen Veränderungen von ernstzunehmenden Erkrankungen zu unterscheiden, braucht es besondere fachliche Expertise“, denn die Mehrzahl der Befunde bedürfen nur einer Beobachtung und dürfen nicht übertherapiert werden. Ganz anders sei das bei Erkrankungen wie etwa einer deutlichen Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse. „Diese müssen adäquat behandelt und eine Zeitlang engmaschiger kontrolliert werden“, betont Gabriel.
Das ganze Management einer Schilddrüsenerkrankung werde meist von Einrichtungen für Nuklearmedizin übernommen. Das sei auch wichtig, denn die Nuklearmedizin könne einen „One-Stop-Shop“ bieten, wo alle wichtigen Schritte bei einem einzigen Erstuntersuchungstermin durchgeführt werden könnten: von einer umfassenden Diagnostik mithilfe bildgebender Verfahren wie Ultraschall, Szintigraphie oder Tomographie, über Blutabnahme für die Hormonbestimmung bis hin zur Punktion von verdächtigen Knoten. „Konservative Behandlungen mit Medikamenten bei Unter- und Überfunktion und die Behandlung mit radioaktivem Iod bei Überfunktion bzw. Schilddrüsenkarzinomen erfolgen auch durch Ärztinnen und Ärzte für Nuklearmedizin“, erklären Becherer und Gabriel. Bei Operationsindikationen bestehe zudem eine enge Abstimmung mit den entsprechend spezialisierten chirurgischen Abteilungen.
All das sei allerdings nur möglich, wenn die Krankenkassen die nötigen Voraussetzungen dafür schaffen würden. „Derzeit ist es aber leider so, dass durch die fehlende Bereitschaft der Kassen, die Leistungen von Nuklearmedizinerinnen und -medizinern zu honorieren, ein künstlicher Terminengpass erzeugt wird, zumal die stationären Einrichtungen allein die Kapazität trotz großer Anstrengungen nicht aufbringen“, schildert Becherer das Problem. „Bis heute gibt es mit keiner Kasse und in keinem Bundesland einen Gesamtvertrag für die Nuklearmedizin“, ergänzt Gabriel. Auch die Umsetzung des von der ÖÄK in einem harten Mega-Projekt selbst ausgearbeiteten und schon vor drei Jahren vorgeschlagenen einheitlichen Leistungskatalogs wäre dringend nötig, da dieser auch die Situation der Nuklearmedizin positiv verändern würde.
„Unsere bereits jahrzehntelangen Versuche, eine Verbesserung der Lage herbeizuführen, scheitern am fehlenden Willen der Krankenkassen“, kritisieren die Experten. Erst jüngst sei ein Schreiben an den Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Österreichischen Gesundheitskasse mit dem Ersuchen um ein Gespräch nicht einmal beantwortet worden. „Die Krankenkassen müssen ihre Blockadehaltung endlich aufgeben und ins Handeln kommen. Wir sind es unseren Patientinnen und Patienten einfach schuldig, dass ihnen ein reibungsloser und schneller Zugang zu Diagnose und Behandlung nicht verwehrt bleibt“, appellieren Becherer und Gabriel abschließend.
Österreichische Ärztekammer/Öffentlichkeitsarbeit
Mag. Ilona Gschmeidler
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