
2. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2024 (9)
Beratung der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft
GRin Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE) bescheinigte der Stadt Wien im Bereich der Wissenschaft „hervorragende Arbeit“, auch wenn das Wissenschaftsbudget ausbaufähig sei. Besonders hob sie den digitalen Humanismus und weitere „großartige Programme“ der transdisziplinären Forschung hervor, die den Standort Wien auszeichnen würden – vor allem in den Bereichen KI, Klimaforschung, Life Sciences. Verbesserungspotenzial sah Malle im Bereich der Transparenz. Als Beispiel nannte sie die ausbaufähige Ausweisung einzelner Förderpunkte, wie es bis 2015 der Fall gewesen sei. Mehr Investitionen wünschte sie sich im Bereich strategischer Abstimmungen und jenem der Wissenschaftskommunikation. Dies sei wichtig, um der steigenden Wissenschaftsfeindlichkeit entgegenzutreten. Nicht nur auf die USA bezogen, sondern auch Russland, Iran, Ungarn und andere Staaten, gäbe es eine „riesen Chance“ für Wien, sich als freier Forschungsstandort für andernorts unter Druck geratene Forscher*innen zu etablieren. Hier sei es angezeigt, mehr Stipendien und Forschungszusammenarbeit anzubieten. Wissenschaft sei „nie neutral“, sondern „entweder frei oder nicht“. Wien könne einen großen Beitrag zur weltweiten Wissenschaftsfreiheit leisten, schloss Malle.
GR Michael Stumpf, BA (FPÖ) zeigte sich überzeugt davon, dass Kultur nicht „verstören und provozieren“, sondern aufbauen müsse. Sie sollte Zuversicht vermitteln. Er erinnerte an ein Kunstprojekt namens „Leberkäs auf einer Schaukel“, das hoch gefördert worden sein. Auch im Amerlinghaus habe sich die „linksradikale Szene, gefördert mit Steuergeldern“, versammelt. Stumpf zählte eine Reihe weiterer geförderter Projekte auf, die seiner Ansicht nach zu unrecht gefördert worden seien. „Linke NGO-Strukturen“, so Stumpf, würden von den Freiheitlichen zurecht kritisiert. In schwierigen Zeiten brauche es Kunst, die verbinden würde. Es sei Platz für Hochkultur in Wien. Er forderte eine Kulturpolitik, die nicht mehr „um jeden Preis provozieren“ wolle.
GR Petr Baxant, BA (SPÖ) betonte, dass im Jahr 2025 die Politik nicht zu sagen habe, was Kunst und Kultur zu sein habe. Die Kunst und Kultur seien frei und Politiker*innen hätten „die Finger davon zu lassen“, welche Formen Kunst annehmen solle oder dürfe. Wien sei eine vielseitige Stadt, die für alle Menschen etwas zu bieten habe. In diesem Sinne verteidigte Baxant auch die Wiener Festwochen. Allgemein sei die Kulturförderung um 4 Millionen angehoben worden. Er nannte einzelne Projekte, wie etwa die Vienna After Dark-Konferenz und ein Jazzfestival. Vielfalt, Zugänglichkeit und Respekt in allen Ausdrucksformen, von Oper bis Underground, zeichne die Wiener Kulturpolitik aus. Auch das drängende Anliegen, dass Kulturschaffende von ihrer Arbeit besser leben können sollten, hob Baxant hervor.
GR Leo Lugner (FPÖ) entgegnete seinem Vorredner, dass seiner Ansicht nach in Wien lediglich „linke Kultur“ gefördert werde. Das Kulturbudget der Stadt sei zu einem Förderbudget „für linke Umtriebe“ umfunktioniert worden, so der FPÖ-Mandatar. Lugner nannte seinerseits auch einige Projekte, wie das WUK, die seiner Ansicht nach zu unrecht gefördert worden seien. Es sei nicht im Ansatz feststellbar, dass die „heimische Kunst und Kultur“ auch nur einen Euro bekommen habe. Er wünsche sich, dass künftig mehr Geld für „unsere Kultur“ ausgegeben werde und nicht nur für „linke Projekte“.
GRin Patricia Anderle (SPÖ) unterstrich die Vielfalt der in Wien beheimateten Kulturangebote. Ein Beispiel dafür sei das Donauinselfest, auf dem „alle Geschmäcker“ bedient würden. Kultur sei „kein Privileg“, sondern Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie gehöre allen, „nicht nur wenigen“. Als Beispiel nannte Anderle das Projekt „Basiskultur“. Dieses Projekt bringe jungen Menschen Kultur näher und würde im Jahr 2025 aufgrund des großen Erfolgs ausgebaut. Auch die unterschiedlichen Kulturankerzentren nannte sie als Positivbeispiel niederschwelliger Kulturangebote, ebenso wie die „Bezirksmuseen reloaded“. Auch der Kultursommer habe 86.000 Besucher*innen und 2.000 Künstler*innen gehabt – „alle fair bezahlt, bei freiem Eintritt“. Viele der geförderten Institutionen und Projekte hätten Menschen erreicht, die „ansonsten außen vor bleiben“. Es ginge nicht nur darum, was Kultur koste, sondern was sie wert sei, so Anderle abschließend.
StR Stefan Berger (FPÖ) zweifelte an, dass in der Kulturpolitik Wiens alle Bewertungen von Kunstprojekten „sachlich und fair“ ablaufen würden. Bei der Kulturförderung ginge es der Stadtregierung ausschließlich um die richtige Haltung der Geförderten. Dies sei auch in den entsprechenden Berichten nachzulesen. Es gebe viele abgelehnte Antragsteller*innen, die nicht wüssten, warum ihre Projekte nicht förderungswürdig seien, während an anderer Stelle „Intendanten über Jahre durchgefüttert“ würden, so Berger. Seine Kritik richtete der FPÖ-Mandatar insbesondere an Volkstheater und die Wiener Festwochen. Ihm sei durchaus bewusst, dass Wien als Metropole kulturelle Vielfalt habe, er spreche sich jedoch stark für die „kulturelle Identität“ aus, die für viele Menschen in ganz Österreich etwas sehr wichtiges sei.
GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) sprach sich gegen „populistische Aussagen“ beim Thema Kulturpolitik aus und forderte mehr Sachpolitik in diesem Bereich. Reindl verwies auf zahlreiche Veranstaltungen, die von internationaler Bedeutung seien und in Wien stattfinden würden. Er betonte die Vielfalt in der Wiener Kulturpolitik. Reindl nahm, bezogen auf manche Vorredner*innen, sowohl Volkstheater als auch die Wiener Festwochen in Schutz. Er schloss mit einem Lob an die in Wien beheimatete Filmszene und ihre vielen Filmfestivals.
GRin Katharina Weninger, BA (SPÖ) bezeichnete 2024 als Jahr, in dem die Kulturpolitik der Stadt „neu definiert“ worden sei. Die Wiener Museen hätten auch im vergangenen Jahr Geschichte geschrieben – mit 650.000 Besucher*innen. Dies sei ein „Vertrauensvotum“ der Wiener*innen in ihre eigene Kulturgeschichte, so Weninger, die auch die Vielfalt in der Wissensvermittlung hervorhob. Auch die darstellende Kunst habe bewiesen, dass Tradition und Innovation keine Gegensätze seien. Weninger zeigte sich erfreut über die Gelder, die etwa in Fairpay fließen würden und damit auch in Zukunft für eine lebendige und vielfältige Theaterlandschaft sorgten. Besonders hob sie das Schauspielhaus hervor, denn dieses zeige zeitgenössisches Theater auf höchsten Niveau – welches sogar mit dem Nestroypreis ausgezeichnet worden sei. Durch die Förderung des Digitalen Humanismus, wie er etwa bei der Wiener Vorlesung thematisiert wurde, so Weniger abschließend, führe die Tradition der Wiener Aufklärung mit den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zusammen. Diesen Weg wolle sie fortsetzen. (Forts.) jaz
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