Produktpirateriebericht 2017 2: Rekordwert bei Arzneimittelfälschungen

Finanz-Staatssekretär Fuchs: „Gefährlichste Form der Produktpiraterie sind gefälschte Medikamente“

Wien/BMF (OTS) – Der österreichische Zoll hat 2017 bei 1.018 Sendungen 54.895 Medikamentenplagiate im Wert von 1.097.460 Euro aus dem Verkehr gezogen. „Arzneimittelfälschungen stellen die gefährlichste Form der Produktpiraterie dar“, konstatiert Finanz-Staatssekretär MMag. DDr. Hubert Fuchs und hält weiter fest:
„Hier ist nicht nur der gesamtwirtschaftliche Schaden, sondern vor allem auch das gesundheitliche Risiko durch die Einnahme gefälschter Medikamente alarmierend!“

Nachdem 2016 mit insgesamt 53.389 gefälschten Medikamenten bereits ein Höchststand erreicht worden ist, stellt sich mit dieser Bilanz 2017 neuerlich ein trauriger Rekord ein.
Das Geschäft mit Medikamentenfälschungen wird von skrupellosen Geschäftemachern, die nahezu vollständig im Untergrund agieren, betrieben. Die Bedingungen, unter denen die gefälschten Mittel produziert, gelagert und transportiert werden, entsprechen nicht annähernd den geltenden Standards der Pharmaindustrie. Das Ergebnis sind daher meist mit Schadstoffen verunreinigte, oftmals über- oder unterdosierte Medikamente, oder solche, die überhaupt wirkungslos sind.

Studien des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) zufolge belaufen sich die wirtschaftlichen Kosten der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums in Österreich bei Arzneimitteln auf etwa 109 Millionen Euro pro Jahr – diese Zahl betrifft die Herstellung und den Großhandel, aber nicht den Einzelhandel.

„Hinter den Medikamentenfälschungen steht organisierte Kriminalität – den Machern ist der gesundheitliche oder finanzielle Schaden für die betrogenen Kundinnen und Kunden angesichts ihres eigenen Gewinns egal“, stellt Gerhard Marosi, Produktpiraterie-Experte im Finanzministerium, fest und warnt: „Die Risiken beim Arzneimittelkauf im Internet dürfen nicht unterschätzt werden!“
98,78% der aufgegriffenen Medikamentenfälschungen kamen 2017 aus Indien. Der Vertrieb der Fälschungen erfolgt meist über Online-Portale, die den Konsumentinnen und Konsumenten Echtheit und Seriosität vortäuschen. Häufig werden die gefälschten Arzneimittel auf solchen Internetseiten auch beworben, indem eine Lieferung aus Deutschland angegeben wird. Hier bedienen sich viele Arzneimittelfälscher so genannter „Fulfillment Center”, um die wahre Herkunft der Produkte zu verschleiern. Von allen 2017 aufgegriffenen Medikamentenplagiaten waren immerhin rund 43% über solche „Fulfillment Center“ abgewickelt worden. Durch enge Kooperation konnte die österreichische Zollverwaltung mit den deutschen Zollbehörden ein gemeinsames, gutes Ergebnis erzielen – seit Mitte 2017 wird dieser Vertriebsweg kaum noch verwendet.

Dazu Gerhard Marosi: „Hier zeigt sich deutlich, wie die Fälscher auf behördliche Maßnahmen reagieren.“ Wenn in Europa ein funktionierendes Vertriebsnetz besteht, werden die gefälschten Medikamente von dort aus vertrieben. Bestehen in Europa keine Vertriebsmöglichkeiten, werden die gefälschten Medikamente wieder im Postverkehr aus Fernost geliefert. „Deshalb ist der anhaltende, konsequente Kampf gegen Arzneimittelfälschungen umso wichtiger – der Einfallsreichtum der Schmuggler in der Umsetzung ihrer kriminellen Machenschaften ist nahezu grenzenlos!“

Nach wie vor wurden 2017 hauptsächlich Potenzmittel vom Zoll sichergestellt. Diese machen auch bei Medikamentenaufgriffen des Zolls, bei denen es sich nicht um Marken- oder Patentfälschungen handelt, einen bemerkenswerten Anteil aus. Im Jahr 2017 konnte der Zoll zusätzlich zu den Produktpiraterieaufgriffen 1.479 Sendungen mit mehr als 111.000 illegalen Medikamenten stoppen und aus dem Verkehr ziehen. Insgesamt hat der österreichische Zoll 2017 demnach 2.497 Fälle von Medikamentenschmuggel mit insgesamt 165.895 Artikeln beschlagnahmt – sei es, weil es sich um Fälschungen gehandelt hatte, oder weil sie illegal ins Land gebracht worden waren.

So konnten Zöllner des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien im April 2017 mit Hilfe des zolleigenen Röntgenfahrzeuges eine verdächtige Sendung im Frachtbereich des Flughafens identifizieren. Dabei wurden 5.280 Packungen mit insgesamt 1.013.760 Stück mutmaßlich gefälschten Potenzmitteln entdeckt. Die für Ungarn bestimmte Sendung wurde aber nicht angehalten, sondern vom Zoll bis zur ungarischen Grenze observiert. Dort übernahm der ungarische Zoll die weitere Überwachung. Durch diese Vorgangsweise konnten in Ungarn schließlich vier Drahtzieher ausgeforscht und verhaftet werden.

Bereits einen Tag später schlugen die Bediensteten des Zollamtes am Flughafen Wien erneut zu. Bei der Kontrolle einer als Nahrungsergänzungsmittel deklarierten Sendung wurden 23.712 Stück illegale Potenzmittel entdeckt. In diesem Fall laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz noch.

Anfang Dezember zeigte sich bei der Gepäckkontrolle eines Flugreisenden aus Kairo mit dem Röntgengerät ein auffälliges Bild. Im Koffer wurden diverse Kaffeepackungen vorgefunden, die allerdings keinen Kaffee, sondern 6.720 Stück Potenzmittel enthielten. Hier hat der Schmuggler wohl angenommen, die Potenzmittel bei einer Röntgenkontrolle hinter der in den Kaffeepackungen enthaltenen Aluminiumfolie „unsichtbar“ werden zu lassen, um so die Zöllner täuschen zu können – was nachweislich nicht gelang.

Wie dramatisch gerade im Fall von Arzneimittel-Fälschungen mit den Sorgen und Nöten der Betroffenen gespielt wird, zeigt auch ein weiterer Aufgriff vom August 2017. In Zusammenarbeit mit der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und dem Bundeskriminalamt wurden über 1.600 Packungen eines in Österreich nicht zugelassenen Medikaments zur Behandlung von Krebserkrankungen mit einem Wert von über 750.000 Euro beschlagnahmt. Die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden in diesem Fall sind noch nicht abgeschlossen.

„Schwere Erkrankungen nach Einnahme von nachgemachten, wirkungslosen Medikamenten oder gefälschte Arzneimittel, die mit Schadstoffen verunreinigt sind – diese Folgen von Produktpiraterie zeigen deutlich, dass es sich dabei keinesfalls um ein Kavaliersdelikt handelt“, weist Finanz-Staatssekretär Fuchs auf die ernste Gesundheitsbedrohung durch Medikamentenfälschungen hin und fügt hinzu: „Im Sinne der Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher wird der Zoll weiterhin entschlossen dagegen vorgehen!“

Der Produktpirateriebericht 2017 mit weiteren Zahlen, Daten und Fakten ist auf der Website des Finanzministeriums www.bmf.gv.at im Bereich Zoll unter Produktpiraterie veröffentlicht und steht dort zum Download zur Verfügung: http://bit.ly/Produktpirateriebericht_2017 Fotos zum Produktpirateriebericht finden Sie hier:
http://bit.ly/Fotos_Produktpirateriebericht

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