VfGH und VwGH: Verfahrensdauer sinkt weiter

Budgetausschuss berät Doppelbudget 2018/19 für Höchstgerichte und Präsidentschaftskanzlei

Wien (PK) – Die beiden Höchstgerichte – Verfassungsgerichtshof (VfGH) und Verwaltungsgerichtshof (VwGH) – erhalten mehr Geld, was vor allem auf die erhöhte Verfahrensanzahl zurückzuführen ist. Trotz des großen Arbeitsanfalls konnten beide Institutionen die Verfahrensdauer senken.

An der Spitze des VfGH steht seit Beginn des Jahres die bisherige Vizepräsidentin Brigitte Bierlein, nachdem Gerhart Holzinger mit Ende 2017 in den Ruhestand getreten ist. Sie vertrat daher heuer erstmals im Budgetausschuss den Bundesvoranschlag für ihr Haus. Für den Verwaltungsgerichtshof stand wieder Präsident Rudolf Thienel den Abgeordneten zur Verfügung. Über das Budget der Präsidentschaftskanzlei gab Kanzleramtsminister Gernot Blümel Auskunft.

Verfassungsgerichtshof – hohe Quote an Asylrechtsfragen, weit mehr Gesetzesbeschwerden als angenommen

Im Verfassungsgerichtshof konnte die Verfahrensdauer stark verkürzt werden. Betrug diese in den Jahren 2013 bis 2015 durchschnittlich noch 180 Tage, liegt man derzeit bei einem Istzustand von 143 Tagen, womit das Ziel von 200 Tagen weit unterschritten werden konnte. Die Asylrechtsangelegenheiten konnten sogar in einer erheblich kürzeren Dauer von durchschnittlich 78 Tagen erledigt werden, berichtete VFGH-Präsidentin Bierlein. Alle Beschwerden werden nunmehr über den elektronischen Akt bearbeitet (ELAK). Insgesamt wurden 2017 5.047 Fälle neu an den VfGH herangetragen, 1.001 Fälle wurden aus den Vorjahren übernommen. 4.719 Verfahren konnten abgeschlossen werden, damit blieben am Jahresende 1.329 Fälle offen.

Asylrechtsfragen nehmen rund 45% aller einlangenden Fälle ein. Insgesamt sind im Jahr 2017 2.280 neue Fälle in Asylangelegenheiten anhängig geworden, 408 Fälle wurden aus den Vorjahren übernommen. Seitens des VfGH geht man nicht von einem weiteren dramatischen Anstieg in diesem Bereich aus, auch wenn – laut Vorhaben im Regierungsprogramm – die außerordentliche Revision an den VwGH wieder gestrichen werden sollte.

Unerwartet hoch haben sich die verfassungsgerichtliche Normenbeschwerde bzw. die Gesetzesbeschwerden entwickelt. Damit haben ordentliche Gerichte die Möglichkeit, Gesetze wegen Verfassungswidrigkeit beim VfGH anzufechten. Auch den Parteien eines Verfahrens steht es nun offen, mittels einer Gesetzesbeschwerde Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der im betreffenden Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften an den VfGH heranzutragen. Ursprünglich ist man von 150 Fällen im Jahr ausgegangen, derzeit steht man bei 535 (2017) Eingaben. Wie die VfGH-Präsidentin hervorhob, kann somit das Instrument als erfolgreich bezeichnet werden, die Erfolgsquote für die BeschwerdeführerInnen bezeichnete sie aber als gering. Der Verfassungsgerichtshof führe dabei sehr genau aus, warum etwas als verfassungskonform angesehen wird.

Serviceorientierung und Bürgernähe stehen auch weiterhin im Vordergrund der Wirkungsziele des VfGH. Wie den Wirkungszielen zu entnehmen ist, soll die umfassende Modernisierung des VfGH weitergeführt werden, um diesen zu einem “Vorzeigemodell” für andere Gerichte und vergleichbare Institutionen zu machen. Als “Hüter der Verfassung” haben für den VfGH eine unabhängige und unparteiische Entscheidungsfindung, ein Höchstmaß an Effizienz sowie ein möglichst einfacher Zugang der Bürgerinnen und Bürger zum Verfassungsgerichtshof oberste Priorität. Der Gerichtshof will in diesem Zusammenhang auch mitwirken, zum Bewusstsein für dessen besondere rechtsstaatliche Bedeutung und dessen Leistungen beizutragen. Daher werden Aufbau- und Ablauforganisation laufend optimiert, das Qualitäts- und Wissensmanagement ausgebaut und das Informationsangebot erweitert. Dabei wird insbesondere auf das umfassende und aktuelle Informationsangebot auf der Website verwiesen.

Für die MitarbeiterInnen werden die bestehenden Ausbildungs- und Karrieremodelle weiterentwickelt, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowohl für Frauen als auch für Männer ist man weiterhin sehr bemüht. Wie VfGH-Präsidentin Bierlein unterstrich, gibt es aus in den Bereichen Aus- und Weiterbildung keine Einsparungen, es würden alle Möglichkeiten – etwa auch Praktika beim EuGH oder beim Rechnungshof -ausgenützt.

Konkret steigen die Ausgaben für den VfGH von rund 14,7 Mio. € im Jahr 2017 auf rund 15,9 Mio.€ im laufenden Jahr 2018, das ist ein Plus von 8,0%. Für 2019 sind rund 16 Mio. € budgetiert, was eine Anhebung von 1% bedeutet.

Es sollen zwei Planstellen dazukommen, damit verfügt der VfGH über 102 Planstellen. Die Präsidentin des Höchstgerichts betonte im Ausschuss, dass alle – RichterInnen und MitarbeiterInnen – am Limit arbeiteten, dennoch geht sie davon aus, dass Ressourcen und Struktur ausreichen, um die Arbeit in den nächsten Jahren bewältigen zu können. Sie unterstrich zudem die Bedeutung des Zweitberufs der RichterInnen, um auch weiterhin die praktische Sicht bei der Beurteilung der Fälle miteinbeziehen zu können.

Asyl und Glücksspiel beschäftigen den Verwaltungsgerichtshof überproportional

Das Budget 2018 für den Verwaltungsgerichtshof sieht Auszahlungen in der Höhe von rund 20,4 Mio. € (2017: rund 19,7 Mio. €) vor, das ist ein Plus von ca. 4%, 2019 sind rund 20,9 Mio. € und damit um ca. 2,4% mehr an Ausgaben geplant. Bis 2022 ist eine Auszahlungsobergrenze von 22,2 Mio. € vorgesehen. Der VwGH verfügt ab 2019 über 203 Planstellen, davon 69 im richterlichen Bereich.

Laut VwGH-Präsident Rudolf Thienel sind die Mehrausgaben durch den erhöhten Personalaufwand, die Steigerung des Benützungsentgelts an die Burghauptmannschaft und die Erneuerung der Datenbanken begründet.

Auch beim VwGH stiegen die Asylangelegenheiten, Thienel bezifferte diese mit rund 2000 im Vorjahr. Im ersten Quartal 2018 kamen bereits 700 herein. Angesichts der sinkenden Asylzahlen rechnet er aber nicht mit einem weiteren dramatischen Anstieg in den kommenden Jahren. Die Erledigungsdauer liegt in diesem Bereich bei ca. eineinhalb Monaten. Ein erhöhter Anfall ist ebenfalls in Bezug auf das Glücksspielrecht zu verzeichnen.

Im Jahr 2016 war der VwGH mit insgesamt etwa 5.100 neuen Rechtssachen konfrontiert, was eine Steigerung gegenüber 2016 um 11,8% bedeutet. Insgesamt waren aus früheren Jahren noch 2.482 Verfahren offen, 5.546 konnten abgeschlossen werden. Damit konnte die Zahl der anhängigen Verfahren um 418 auf 2.064 reduziert werden. Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug 6,9 Monate (2015 noch 8,9 Monate), diese soll laut VwGH weiter sinken.

Priorität wird im VwGH der Steigerung der Effizienz des Rechtsschutzes sowie der Erleichterung der Kommunikation der Verfahrensparteien mit dem Verwaltungsgerichtshof eingeräumt. Das will man in erster Linie durch einen bedarfsgerechten Personaleinsatz vor allem in jenen Bereichen erreichen, in denen es durch Überlastung in einer großen Anzahl von Fällen zu langer Verfahrensdauer gekommen ist, insbesondere in den Angelegenheiten der Fremdenpolizei. Generell sei aber die Entwicklung des Aktenanfalls angesichts der noch nicht vorhersehbaren Auswirkungen der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie der in den letzten Jahren erfolgten Änderungen im Asyl- und Fremdenrecht für die nächsten Jahre nicht näher prognostizierbar, heißt es dazu in den Erläuterungen.

Der VwGH setzt ebenfalls Schritte, seine Entscheidungen besser zu kommunizieren und hat zu diesem Zweck eine Judikaturdokumentation eingerichtet. Auch die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zählt zu den Zielen des VwGH, bei der Aus- und Weiterbildung gibt es, wie VwGH-Präsident Thienel bekräftigte, keine Einsparungen. Für einzelne Fachgebiete – etwa das Asylwesen – würden spezielle Kurse angeboten.

Präsidentschaftskanzlei

Neben den beiden Höchstgerichten stand auch das Budget der Präsidentschaftskanzlei auf dem Programm in diesem Teil des Budgetausschusses. An Ausgaben sind im Jahr 2018 für die Präsidentschaftskanzlei rund 9,5 Mio. € (2017: rund 8,8 Mio. €), das ist ein Plus von ca. 8,7%, veranschlagt, 2019 sinken die Ausgaben auf rund 9,4 Mio.€, das sind 1,1% weniger. Bis 2022 soll die Auszahlungsobergrenze weiter auf 8,9 Mio. € sinken.

Neben den Personalkosten schlagen für die Präsidentschaftskanzlei Maßnahmen für die Instandhaltung der Infrastruktur sowie die Personalausgaben zu Buche. Dazu kommt die an die Burghauptmannschaft Österreich zu entrichtende Benützungsvergütung. Laut Erläuterungen sind in den höheren Auszahlungsbeträgen Indexanpassungen, aber auch Verpflichtungen für die Errichtung der Sicherheitspoller enthalten.

Das Budget entwickelt sich auch deshalb unterschiedlich, weil es im Jahr 2016 zu einer längeren Vakanz kam. Während dieser Zeit führte das Nationalratspräsidium die Amtsgeschäfte des Bundespräsidenten, wie Bundesminister Gernot Blümel ausführte. Es gab damals auch nur zwei Auslandsreisen, sie dienten der Teilnahme an den Trauerfeierlichkeiten für den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Walter Scheel und den ehemaligen israelischen Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträger Shimon Peres.

Budgetär wirken sich auch die Veranstaltungen für das Gedenkjahr und die EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2018 aus. Blümel dankte in diesem Zusammenhang explizit Altbundespräsident Heinz Fischer für dessen Tätigkeit als Regierungskoordinator für das Gedenkjahr.

Bundesminister Gernot Blümel sowie die beiden PräsidentInnen der Höchstgerichte, Brigitte Bierlein und Rudolf Thienel, beantworteten mit ihren Ausführungen die Fragen der Abgeordneten Wolfgang Gerstl (ÖVP), Josef Lettenbichler (ÖVP), Angela Lueger (SPÖ), Johannes Jarolim (SPÖ), Harald Stefan (FPÖ), Nikolaus Scherak (NEOS) und Alfred Noll (PILZ). (Fortsetzung Budgetausschuss) jan

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/PAKT/BUDG. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums www.bmf.gv.at.

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