FTI-Strategie der Bundesregierung: Langer Atem auf dem Weg zum“Innovation Leader“ ist notwendig

Nationalrat debattiert den Forschungs- und Technologiebericht 2018

Wien (PK) – Seit 2011 verfolgen die österreichischen
Bundesregierungen eine FTI-Strategie, um Österreich bis 2020 in die
Spitzengruppe der innovativsten Forschungsländer Europas zu führen.
Nach der Debatte im Forschungsausschuss wurde der Forschungs- und
Technologiebericht 2018 auch im Plenum des Nationalrats behandelt.
Der Bericht, der von Bildungsminister Heinz Faßmann, Verkehrsminister
Norbert Hofer und der Bundesministerin für Digitalisierung und
Wirtschaftsstandort, Margarete Schramböck, in Auftrag gegeben wurde,
sieht Österreich in den letzten Jahren laut mehreren wichtigen
FTI-Indikatoren auf einem guten Weg in Richtung „Innovation Leader“.
Mit einer gesamtwirtschaftlichen F&E-Quote im Jahr 2016 von 3,09 %
weise Österreich mittlerweile den zweithöchsten Wert in der EU-28 und
den siebthöchsten Wert unter allen Ländern der Welt auf. Der Abstand
zur Spitzengruppe habe sich deutlich verringert, auch wenn sich das
nicht in allen internationalen Innovationsrankings niederschlage.

In der Debatte betonten die Abgeordneten der Koalitionsparteien, dass
die aktuelle Bundesregierung die richtigen Schritte setze, um die
Innovationskraft Österreichs zu stärken. Die VertreterInnen der
Opposition konzedierten, dass die FTI-Strategie erste Erfolge
zeitigt, forderten aber Schritte bei der Grundlagenforschung und im
Bildungssystem. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Koalitionsparteien sehen Maßnahmen der Bundesregierung bestätigt

FPÖ-Forschungssprecher Gerhard Deimek sah in dem Bericht ein Zeichen
dafür, dass Österreich Potenzial habe, in die Gruppe der „Innovation
Leaders“ vorzustoßen. Ein wesentlicher Faktor sei die deutliche
Erhöhung der Mittel, die für die Forschung von öffentlicher Hand und
Unternehmen aufgewendet werden. Die Bundesregierung habe bereits
gezeigt, dass sie mit ihren legistischen Maßnahmen die Stärkung von
Innovationen im Blick habe. Innovative Unternehmen seien die
wesentliche Grundlage für den Wohlstand in Österreich, diese gelte es
zu erhalten und auszubauen.

Innovation sei der Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit. Dem trage die
FTI-Strategie der Bundesregierung Rechnung, und die gegenwärtige
Bundesregierung werde diese umsetzen, zeigte sich Maria Theresia Niss
(ÖVP) überzeugt. Sie sei dagegen, die Grundlagenforschung gegen die
angewandte Forschung auszuspielen, da es gelte, das Gesamtsystem zu
stärken. Niss forderte eine Technologieoffensive der Industrie. Die
Forschungsprämie ist aus ihrer Sicht in diesem Zusammenhang eine
richtige Maßnahme, der weitere folgen müssen. Dazu gehört für sie
auch eine Strategie, um der Wirtschaft die dringend benötigten
Fachkräfte zur Verfügung zu stellen.

Die aktuelle Bundesregierung sei angetreten, viele Versäumnisse der
letzten Jahre gutzumachen, auch in der Umsetzung einer ganzheitlichen
FTI-Strategie, betonte ÖVP-Forschungssprecherin Eva-Maria
Himmelbauer. Der Bildungsminister setze etwa Maßnahmen, um die
Digitalisierung in die Schulen zu bringen. Die neuen Entwicklungen im
Bereich Robotik und künstlichen Intelligenz müssen kritisch begleitet
werden, um ihre Potenziale richtig nutzen zu können. Große Bedeutung
für Forschung und Entwicklung haben für Himmelbauer die KMU und
Start-ups. Erfreulicherweise seien auch bereits erste Maßnahmen für
die Heranbildung von Fachkräften in den MINT-Fächern gesetzt worden,
hob sie hervor.

Erfreut über die unterdessen hohe F&E-Quote Österreichs zeigte sich
Josef Smolle (ÖVP). Positiv ist für Smolle auch, dass die Unternehmen
unterdessen etwa zwei Drittel der Forschungsfinanzierung tragen.
Österreich gehöre damit zu den „Strong Innovators“, müsse aber zur
Gruppe der „Innovation Leaders“ noch aufholen. Aufholbedarf gibt es
aus seiner Sicht vor allem bei der Grundlagenforschung und beim
Wissenstransfer, der eine Open-Access-Strategie erfordere. Auch seine
Fraktionskollegin Johanna Jachs zeigte sich zufrieden über die hohe
F&E-Quote. Österreich habe viele Plätze gutgemacht, doch müsse die
FTI-Strategie mit langem Atem fortgesetzt werden. Martin Engelberg
(ÖVP) stellte fest, Geld sei nicht der einzige Faktor, wichtig sei
auch die Stärkung von internationalen Kooperationen. Ein gutes
Beispiel dafür sei das jüngst abgeschlossene Forschungsabkommen mit
dem Innovationsvorreiter Israel.

Opposition drängt auf mehr Nachdruck bei Grundlagenforschung und
Bildung

Der Forschungs- und Technologiebericht zeige einige gute Ergebnisse
der FTI-Strategie, befand SPÖ-Abgeordnete Klaudia Friedl. Vor allem
die Forschungsquote habe sich deutlich erhöht, und die Kooperation
von Universitäten und Wirtschaft funktioniere vorbildlich. Das Ziel
der Innovationsführerschaft werde man 2020 allerdings wohl noch nicht
erreichen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, werde man wesentlich mehr
in die direkte Forschungsförderung und in die Grundlagenforschung
investieren müssen. Die Entwicklung der Mittel des Wissenschaftsfonds
FWF hinke der allgemeinen Entwicklung hinterher. Österreich habe viel
Potenzial, an die Spitze zu kommen, doch müsse man bereits in den
Kindergärten und Schulen die entsprechenden Voraussetzungen schaffen
und moderne pädagogische Konzepte umsetzen.

Ihr Fraktionskollege Philip Kucher (SPÖ) konzedierte ebenfalls, dass
die FTI-Strategie große Fortschritte für das Innovationssystem
gebracht hat. Jene ganzheitliche Strategie, die erforderlich sei, um
sie tatsächlich erfolgreich zu machen, sehe er bei der
Bundesregierung aber noch nicht. Erfreulich seien immerhin die
Signale in Richtung einer stärkeren Förderung der
Grundlagenforschung. Man müsse aber auch überlegen, was man Menschen
anbieten könne, deren Jobs durch die Digitalisierung obsolet werden.
Ministerin Schramböck sei zwar nun nominell auch
Digitalisierungsministerin, habe aber noch kein politisches Programm
dazu vorgelegt. Auch in der Bildungspolitik bleibe vieles zu tun, um
junge Talente zu fördern und gute Rahmenbedingungen für junge
ForscherInnen zu schaffen.

Die Wortmeldungen der Koalition zum Bericht könnten den Eindruck
erwecken, dass sich Österreich in Bezug auf seine Innovationskraft
bereits nahe an der Weltspitze befinde. Bei genauerem Hinsehen zeige
der Bericht aber, dass man sich bestenfalls im Mittelfeld befinde,
sagte NEOS-Mandatarin Claudia Gamon. Hannes Androsch, der Vorsitzende
des Rats für Forschungs- und Technologieentwicklung, habe das im
Forschungsausschuss auch klar angesprochen und festgestellt, bei der
Grundlagenforschung müsse endlich „geklotzt, nicht gekleckert“
werden. Die Realität sei aber leider, dass Jahr für Jahr um jeden
Euro zusätzliches Budget gekämpft werden müsse und dem FWF dringend
benötigte Mittel fehlten. Die Empfehlungen des Rats sind laut Gamon
zwar eindeutig, sie fürchte jedoch, dass sie auch in den nächsten
Jahren nicht umgesetzt werden.

Der technologische Wandel sei bereits in vollem Gange, die Politik
reagiere aber noch immer nicht entsprechend darauf, klagte Stephanie
Cox (JETZT). Die viel zu langsame Umsetzung der Breitbandinitiative
und die geringe Nachfrage nach leistungsfähigem Breitband sei ein
weiteres Beispiel dafür, dass die österreichische Infrastruktur noch
nicht auf die vierte technische Revolution gerüstet sei.
PolitikerInnen hätten die Aufgabe, als DolmetscherInnen der aktuellen
Entwicklungen den Menschen zu vermitteln, wo die Herausforderungen
der Zukunft liegen.

Hofer: Ziel ist noch nicht erreicht, doch Optimismus gerechtfertigt

Bundesminister Norbert Hofer sieht in dem Bericht den Erfolg der
FTI-Strategie und der nachhaltigen Anstrengungen von Wirtschaft und
Staat bestätigt. Österreich sei ein Land, das für innovative
Unternehmen ein gutes Umfeld bietet. Es zähle zu den
forschungsintensivsten Ländern weltweit. Auch bei anderen zentralen
Indikatoren der technologischen Leistungsfähigkeit, wie
internationale Patentanmeldungen, habe es zuletzt merkliche
Verbesserungen gegeben. Für Hofer ist die Robotik die nächste
Herausforderung, hier entstehen nicht nur technische, sondern auch
viele ethische Fragen und damit Herausforderungen für den
Gesetzgeber. Der Rat für Robotik und künstliche Intelligenz liefere
wichtige Hinweise, was wünschenswert sei und wo man der Verwendung
von Daten eine Grenze ziehen müsse. Die Breitbandstrategie müsse
vorangetrieben werden, die Bundesregierung habe sich hier hohe Ziele
gesteckt und gesetzliche Maßnahmen umgesetzt. Er sei Hannes Androsch
für den kritischen Input dankbar, den er als Vorsitzender des Rats
für Forschungs- und Technologieentwicklung gebe. Schließlich es sei
wichtig, Probleme klar anzusprechen und sie nicht zu beschönigen. Er
persönlich sei jedoch optimistisch, dass Österreich die Ziele der
FTI-Strategie erreichen werde. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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