
Gemeinnütziger Wohnbau: Antrag auf Gesetzesnovelle findet imNationalrat breite Mehrheit
Abgeordnete setzen sich auch gegen Kurzzeitvermietungen von gemeinnützigen Wohnungen über Tourismusplattformen ein
Wien (PK) – Das Thema gemeinnütziger Wohnbau und gemeinnützige
Bauvereinigungen (GBV) beschäftigte den Nationalrat heute zum
Abschluss der Sitzung. Die Abgeordneten beschlossen mit breiter
Mehrheit einen Antrag zur Novellierung des
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes. Bereits im Bautenausschuss war
einstimmig eine Fünf-Parteien-Entschließung gefasst worden, die sich
gegen kurzfristige Vermietungen von gemeinnützigen Wohnungen über
Tourismusplattformen ausspricht. Ein darüber hinaus im Plenum
eingebrachter Antrag von JETZT, befristete Mietverträge nur mehr in
begründeten Ausnahmefällen zuzulassen, setzte sich hingegen nicht
durch und wurde abgelehnt.
Entschließungsantrag für umfassende Novellierung des
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes
Mit einem Entschließungsantrag treten Abgeordnete der ÖVP und FPÖ für
eine Reihe von gesetzlichen Maßnahmen ein, die aus ihrer Sicht eine
Modernisierung, Stärkung und Absicherung der gemeinnützigen
Wohnungswirtschaft bedeuten würden. Eine damit vorgeschlagene
Novellierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) soll
leistbaren Wohnraum unter aktuellen Bedingungen sicherstellen, ist
der Begründung zu entnehmen. Nach den Vorstellungen der Abgeordneten
soll die Eigentumsbildung forciert werden, wobei aber gleichzeitig
vor allem in Ballungsräumen ein breiter Bestand an dauerhaft sozial
gebundenen Mietwohnungen gesichert bleiben müsse. Außerdem soll
geprüft werden, ob der Eigentümerkreis der Wohnbauinvestitionsbank
(WBIB) um die Länder erweitert werden könnte. Der Antrag fand neben
den Regierungsfraktionen auch die Zustimmung der SPÖ. Seitens der
NEOS bezweifelte Gerald Loacker, dass es zu einer Umsetzung in ein
tatsächliches Gesetz kommen werde.
Ein besonderes Anliegen sind den AntragstellerInnen Klarstellungen
bei nachträglichen Wohnungseigentumsübertragungen, wobei der Abfluss
gemeinnützig erwirtschafteten Vermögens durch eine klarer gefasste
Genehmigungspflicht für Paketverkäufe vermieden werden soll. Lücken
und Umgehungsmöglichkeiten bei Anteilsübertragungen gemeinnütziger
Bauvereinigungen müssten beseitigt und die Wohnzweckbindung
gemeinnützigen Wohnraums besser verankert werden. Modernisiert werden
sollen demnach auch die Bestimmungen der Eigenkapitalverzinsung und
des Eigenmitteleinsatzes.
Hinsichtlich Kurzzeitvermietungen seien sich alle einig, dass
gemeinnützige Wohnungen nicht für touristische Nutzung
zweckentfremdet werden sollen, hob Johann Singer (ÖVP) hervor. Die
Gemeinnützigkeit sei eine wesentliche Säule des Wohnbaus. Der
Entschließungsantrag habe zum Ziel, etwa zu unterbinden, dass
Geschäfte mit diesen Wohnungen gemacht werden, zudem solle die
Aufsicht gestärkt werden. Auch Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen
sollen durchgeführt werden können, ohne BewohnerInnen zusätzlich zu
belasten. Die Erweiterungsmöglichkeit des Eigentümerkreises der WBIB
solle im Sinne günstiger Kredite für gemeinnützige Bauträger geprüft
werden. Zum Thema Miete vs. Eigentum meinte Singer, richtigerweise
brauche Österreich beides. Johanna Jachs (ÖVP) ergänzte, für Eigentum
beim Wohnen Anreize setzen zu wollen, außerdem spreche sich der
Antrag klar gegen eine Spekulation mit gemeinnützigem Wohnen aus.
Wohnen sei ein Grundbedürfnis, unterstrich Gertraud Salzmann (ÖVP),
es sei aber oft nur mehr schwer oder nicht leistbar. Die
„Gemeinnützigen“ würden ein wichtiges Angebot und ein bewährtes
Modell darstellen, nun soll mitgeholfen werden, dass diese stark und
fit in die Zukunft gehen. Auch eine Gehaltsobergrenze für
ManagerInnen im gemeinnützigen Wohnbau hob sie als bedeutende
Maßnahme hervor. Angela Baumgartner (ÖVP) schloss sich dem an. Mit
einer Erweiterung des WBIB-Eigentümerkreises könnten zudem auch die
Länder die Möglichkeit erhalten, günstigen Wohnraum zu schaffen.
Letzteres sieht auch Philipp Schrangl (FPÖ) so. Aus seiner Sicht ist
der gemeinnützige Wohnbau eines der wirksamsten Instrumente, die
Wohnkosten niedrig zu halten. Umso mehr freue ihn, dass es für dieses
auch sozialpolitische Thema eine breite Mehrheit gebe. Darüber hinaus
werde die Regierung jedweder Form von Spekulation eine klare Absage
erteilen. Auch er unterstrich, dass leistbares Eigentum und günstige
Miete keinen Gegensatz darstellen, beides müsse abgedeckt werden.
Markus Tschank (FPÖ) schloss sich der Absage an Spekulationen mit
gemeinnützigem Wohnbau an und führt hohe Wohnungskosten in den
Ballungszentren etwa in Wien auf Gründe zurück, die er der
Stadtregierung vorwarf. Diese habe etwa hinsichtlich Zuwanderung viel
zu wenig Wohnungsangebot geschaffen. Auch eine Gebührensenkung würden
sich die ÖsterreicherInnen erwarten.
Hofer: Regierung bekennt sich zum Modell Wohnungsgemeinnützigkeit
Bundesminister Norbert Hofer betonte, dass sich die Regierung zum
Modell Wohnungsgemeinnützigkeit bekenne und für leistbares Wohnen
eintrete. Dieser Antrag stelle eine nähere Ausgestaltung am Weg zum
Ziel dar. Damit sollen Aufsichtsbehörden und Sanktionsmöglichkeiten
gestärkt werden, zudem benötigte leistbares Wohnen auch mehr Kapital.
Dass die Länder in den Möglichkeiten der Wohnbauförderung gestärkt
werden, sei ein großes Anliegen hinsichtlich WBIB, so Hofer, außerdem
müsse vermieden werden, dass mit dem gemeinnützigen Wohnbau Profite
gemacht werden. Die Situation mit Mietpreisen oder Eigentum werde vor
allem für junge Menschen immer schwieriger. Vor diesen
Herausforderungen dürfe man nicht die Augen verschließen.
SPÖ unterstützt ÖVP-FPÖ-Initiative, vermisst aber Details
Hoch an der Zeit, dass die Regierung in diesem Bereich initiativ
werde ist es aus Sicht von Ruth Becher (SPÖ). Verblüffend sei jedoch
die Art der Umsetzung, nämlich dass die Koalitionsfraktionen die
Regierung per Antrag zu diesen Maßnahmen auffordern, obwohl sie im
Regierungsprogramm bereits aufscheinen würden. Eine angekündigte
Reform des Mietrechts sei aber offenbar ins Stocken geraten, so
Becher, für die alles in allem viele Detailfragen erst zu klären
sind. Dem schloss sich Christian Kovacevic (SPÖ) an, die
Entschließung sei noch wenig aussagekräftig. Außerdem gebe es zum
Thema Eigentum noch Überlegungsbedarf hinsichtlich der Frage der
Überprüfung der Einkommen, wenn mit Steuergeld gefördert werde.
Gerade für junge Menschen stellen die „Gemeinnützigen“ oft die einzig
mögliche Wohnform dar, sagte Petra Wimmer (SPÖ). Wohnen sei ein
Grundbedürfnis und für viele „gehe es sich einfach nicht mehr aus“.
Es brauche daher eine rasche Reform des Mietrechts für leistbare
Wohnungen und für Transparenz. Selma Yildirim (SPÖ) unterstrich, 35
Prozent des Einkommens würden in Österreich statistisch für
Wohnungskosten aufgewendet. Ein Grundbedürfnis werde so immer öfter
zum finanziellen Problem. Es gelte, hier ganz klar gegenzusteuern.
Kurzzeitvermietungen über Internetplattformen stehen dem
Grundgedanken des gemeinnützigen Wohnbaus diametral entgegen, findet
es Yildirim sehr positiv, dass die entsprechende
Fünf-Parteien-Initiative, das einzudämmen, von allen Fraktionen
unterstützt wird.
Der gemeinnützige Wohnbau zähle zu den größten Errungenschaften des
Sozialstaats, betonte Martha Bißmann (o.F.). Wohnen sei ein
Grundrecht, die Gehälter würden aber nur langsam steigen und die
Mieten explodieren. Aber auch in thermischer Sanierung liege immenses
Einsparungspotenzial, hob sie hervor. Es gelte insgesamt, den
ökosozialen Wohnbau zu schützen, zu fördern und weiterzuentwickeln.
Antrag von JETZT findet keine Mehrheit
Ein in der Sitzung von Wolfgang Zinggl (JETZT) eingebrachter Antrag,
im Sinne von langfristig gesicherten Wohnsituationen befristete
Mietverträge nur mehr in begründeten Ausnahmefällen zuzulassen, fand
keine Mehrheit und wurde abgelehnt. Fast die Hälfte aller privaten
Mietverhältnisse seien befristet abgeschlossen, so Zinggl, und die
Zahl steige weiter konstant. Das führe zu fehlender langfristiger
Sicherheit der MieterInnen und zu erheblichen Zinserhöhungen nach
Ablauf der befristeten Verträge. Auch in anderen Ländern wie etwa
Deutschland dürfe es befristete Mietverträge nur dann geben, wenn
Vermieter die Wohnung für sich oder Angehörige nach Ablauf der
Befristung nutzen oder das Haus abreißen bzw. grundlegend umbauen
lassen wollen. Zur ÖVP-FPÖ-Entschließung bemängelte Zinggl insgesamt
die Vorgehensweise über einen Antrag, während Anträge der Opposition
oft vertagt würden. Da spiele er nicht mit, daher stimme seine
Fraktion nicht zu.
Zur ÖVP-FPÖ-Initiative sagte Gerald Loacker (NEOS), er sehe darin
eine Aufforderung der Mehrheitsfraktionen an sich selbst. Abgesehen
davon, dass er eine Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel noch
vermisse, glaubt er nicht daran, dass aus der Entschließung ein
Gesetz entstehen werde. Dem Ansinnen, die Managerbezüge unter
Kontrolle zu bringen, kann er sich aber anschließen.
Eine weitere (52.) Sitzung des Nationalrats diente in der
Geschäftsordnung vorgesehenen Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss
Nationalrat) mbu
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