44. Wiener Gemeinderat (12)

Spezialdebatte GGr. Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

Wien (OTS/RK) – GRin Mag.a Barbara Huemer (Grüne) sagte, der Kampf
für Frauenrechte und die Gleichstellung von Mann und Frau sei noch
lange nicht zu Ende. Gewalt sei ein gesellschaftliches Thema, nicht
nur ein frauenpolitisches, so Huemer. Aufklärung alleine reiche nicht
aus, sondern die patriarchalen Strukturen müssten aufgebrochen
werden. Mit dem Budget-Entwurf für das Jahr 2019 setze Wien
zahlreiche wesentliche Maßnahmen, und zwar dermaßen umfänglich, dass
die französische Zeitung „Le Monde“ Wien als „Hauptstadt des
Feminismus“ bezeichnet habe. Die Frauenpolitik in Wien sei „breit
aufgestellt“, sagte Huemer. Die Förderungen würden stetig
ausgeweitet. So seien im Budget für die für Frauenangelegenheiten
zuständige MA 57 noch mehr finanzielle Mittel vorgesehen. Diese
Haltung Wiens zu Frauenrechten stehe in einem starken Kontrast zu den
Maßnahmen der Bundesregierung, die das Budget für Frauenvereine
kürze. In Wien dagegen werde ein fünftes Frauenhaus errichtet – das
sei „aktive Frauenpolitik, die unverzichtbar ist“. Frauenvereine
müssten künftig noch stärker gefördert werden, forderte Huemer, vor
allem vor dem Hintergrund der Kürzungen durch die Bundesregierung.
Auch in der Arbeitswelt müssten Frauen unterstützt werden. Nach wie
vor gebe es eine Lohnschere, die zwar kleiner werde, aber dennoch
noch zu groß sei. Das Budget, sagte Huemer, habe eine klare
„frauenpolitische Perspektive“; sie hoffe, dass das auch die
Opposition erkenne.

GRin Elisabeth Schmidt (FPÖ) sagte, sie werde den Budget-Entwurf
ablehnen, weil er „ideologisch geprägt und nicht faktenbasiert“ sei.
Sie unterstellte der Stadt Wien, „Probleme selektiv wahrzunehmen“.
Auf Probleme, die sich durch „Parallelgesellschaften“ ergeben würden,
reagiere die Stadt lediglich. Wichtiger sei es aber, zu agieren, und
zwar mit präventiven Maßnahmen. Dazu zählte sie das Definieren von
Werten, die man als hier geltende Regeln kommunizieren müsse. Die
Eckpfeiler einer Frauenpolitik müssten sein: „ermöglichen, fördern,
beschützen“. Die Stadt aber sei „auf einem Auge blind“, da sie
Probleme verkenne, die sich aus dem „politischen Islam“ ergeben
würden. Sie vermisse die Zustimmung der Stadtregierung zum
Kopftuchverbot für junge Mädchen. Ein Verbot wäre auch ein Signal an
Parallelgesellschaften, dass Mädchen mit dem Kopftuch in ihren
Rechten beschnitten würden. Sie könne nicht verstehen, dass Rot-Grün
nicht für ein generelles Verbot sei, da diese Forderung doch
eigentlich „Kerninhalt der feministischen Politik“ sei. Schmidt
forderte Rot-Grün auf, sich mehr zum Diskurs bereitzuerklären, denn
dieser könne zu einem Umdenken führen.

GRin Martina Ludwig-Faymann (SPÖ) bedankte sich bei den
Rednerinnen von ÖVP und NEOS für die „konstruktiven Beiträge“.
FPÖ-Gemeinderätin Schmidt hingegen „verdreht die Tatsachen“. Niemand
im Gemeinderat wolle, dass Mädchen gegen ihren Willen ein Kopftuch
tragen müssten. Ziel der Stadt sei es, allen Frauen ein
selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, ein Verbot aber reiche dafür
nicht aus. Die FPÖ sei „scheinheilig“, sagte Ludwig-Faymann: Im
Wiener Gemeinderat würden sie dem Budget nicht zustimmen, obwohl es
viele frauenpolitische Agenden verfolge und auf Bundesebene würden
sie Frauenvereinen die Förderung kürzen. In Österreich habe es heuer
schon 32 Beziehungs-Morde gegeben, deren Opfer Frauen gewesen seien.
Wien habe ein „gutes Netz“ an Opferschutz-Einrichtungen und
Beratungsstellen. Auch die Zusammenarbeit mit Polizei, Jugendamt und
NGOs funktioniere „sehr gut“. Mit dem fünften Frauenhaus setze die
Stadt außerdem neue Maßstäbe: Bis zum Jahr 2022 verfüge Wien über 225
Plätze für Frauen. Die Frauenhäuser würden zudem keine einzige Frau
abweisen. Die Bundesregierung halte dagegen ihre Ankündigung nicht
ein und errichte keine zusätzlichen Plätze für Frauen in Not. Die
städtische Frauenpolitik wolle Mädchen stärken, aber auch Buben
fördern und ihnen zeigen, dass „echte Männlichkeit ohne Gewalt
auskommt“. Das einzig wirksame Mittel dafür sei: „Bildung, Bildung,
Bildung“. Ziel müsse es sein, dass Frauen in Wien frei und
selbstständig sein und ohne Angst leben können.

GR Michael Niegl (FPÖ) bezeichnete die rot-grüne Frauenpolitik
als „nicht ganz ehrlich“. Es seien nämlich die
Stadtregierungsparteien gewesen, die durch ihre „Willkommenskultur“
einen Anstieg an Gewalttaten gegen Frauen gefördert hätten. Den Rest
seiner Rede sprach Niegl über das Thema Wohnen. In Wien gebe es nicht
genügend Wohnraum, und dieser Mangel führe unweigerlich zu höheren
Mietkosten. Aber auch die „zügellose Zuwanderung und Expansion der
Stadt“ trügen dazu bei. Niegl kritisierte zudem den „Wien Bonus“, den
Bürgermeister Dr. Michael Ludwig (SPÖ) als Wohnbaustadtrat initiiert
hatte. Dieser sei kein „echter Wien Bonus“, da Rot-Grün „jeden als
Wiener definiere, der einen Fuß in die Stadt gesetzt hat“. Für die
FPÖ hingegen müsse ein Anspruch auf eine geförderte Wohnung an den
Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft gekoppelt sein sowie
an einen Mindestaufenthalt von fünf Jahren in Wien. Die Politik der
Stadtregierung habe dazu geführt, dass mittlerweile 57 Prozent der
MieterInnen im sozialen Wohnbau MigrantInnen oder
Drittstaatsangehörige seien.

GRin MAS Waltraud Karner-Kremser (SPÖ) sprach über die Situation
von Industrie-Arbeiterinnen in Wien. Eine Studie zeige, dass sich
diese Frauen nach wie vor in prekären Arbeitssituationen befänden.
Nicht nur verdienten sie trotz Vollbeschäftigung „erschreckend
wenig“, ihnen käme außerdem keine Anerkennung und Wertschätzung zu.
Ferner fehle es ihnen an Weiterbildungsmöglichkeiten. All das sei für
die Arbeiterinnen eine „hohe Belastung“. Mit der Frauenförderung in
Wien sei die Stadt aber auf einem guten Weg, die Situation der
Industrie-Arbeiterinnen zu verbessern. Dennoch zeige die Studie auch:
„Es gibt keine Zeit zum Ausrasten.“

GR Mag. Marcus Schober (SPÖ) sagte zu FPÖ-Gemeinderat Niegl: Für
ihn, Schober, sei ein „echter Wiener jeder, der sich von Herzen als
solcher fühlt“. Wien mache Wohnen für alle leistbar. Mittlerweile
lebten 60 Prozent aller WienerInnen in einem geförderten Wohnbau oder
Gemeindebau, das sei weltweit „einzigartig“. Schober zog
internationale Vergleiche, etwa mit Paris: Dort müssten die
BewohnerInnen 40 Prozent ihres Gehalts für die Miete aufwenden. Weil
Wien den sozialen Wohnbau forciere, gebe es dieses Problem hier
nicht, so Schober. Derzeit befänden sich 3.700 neue Gemeindewohnungen
in Umsetzung bzw. in Planung. Bis zum Jahr 2020 würden es sogar 4.000
sein. Mit der Bauordnungs-Novelle garantiere die Stadt außerdem
leistbares Wohnen, indem sie Immobilienspekulation einen Riegel
vorschiebe. Die Bundesregierung steuere genau in die andere Richtung,
mit Vorhaben, die hunderttausende Wohnungen auf lange Sicht teurer
machten.

GR Dietrich Kops (FPÖ) brachte einen Antrag ein betreffend die
Überprüfung der Brandschutzanlage im Asylwerberheim in Erdberg. Dort
werde regelmäßig der Feueralarm ausgelöst.

StRin Kathrin Gaal (SPÖ) sagte: „Wiens Lösung für leistbares
Wohnen ist der soziale Wohnbau – und das seit 100 Jahren.“ 62 Prozent
der Wienerinnen und Wiener lebten in einer Gemeinde- oder geförderten
Wohnung, die Stadt baue diesen Anteil weiter aus. Dazu beitragen
würden die Wohnbauoffensive, der Bau neuer Gemeindewohnungen sowie
der Ausbau bestehender Gemeindebauten im Dachgeschoss. Mit der neuen
Bauordnung und der Flächenwidmung „geförderter Wohnbau“ werde der
Kostentreiber beim Wohnbau schlechthin, nämlich die Spekulation mit
Grund und Boden, bekämpft. Auf dem privaten Mietsektor gebe es
dennoch Handlungsbedarf. Ein neues, faires und transparentes
Mietrecht sie „dringend nötig.“ Die schwarz-blaue Bundesregierung sei
gefordert, endlich ein Gesetz im Sinne der MieterInnen auf Schiene zu
bringen. Für ein gutes Miteinander in der Nachbarschaft sorgten
Einrichtungen wie die „wohnpartner“ oder das Stadtteilmanagement, das
allein im laufenden Jahr Büros an fünf neuen Standorten eröffnete.
Als Frauenstadträtin sei Gaal besonders stolz auf das Wohnprojekt in
der Meidlinger Wolfganggasse, wo Wohnraum speziell für
Alleinerziehende entstehe. Auch das Thema Sicherheit sei ihr ein
Anliegen, wobei sie die gute Zusammenarbeit mit der Wiener Polizei
unterstrich. Für Frauen, die mit Gewalt konfrontiert seien, böten die
Wiener Frauenhäuser eine unschätzbar wertvolle Anlaufstelle.
Finanziert aus den Mitteln des Wiener Frauenservices (MA 57) errichte
die Stadt gemeinsam mit dem Verein Wiener Frauenhäuser ein fünftes
Frauenhaus. Dort kümmerten sich künftig Mitarbeiterinnen „mit
höchster Sozialkompetenz“ um Frauen und deren Kinder. Die Leistungen
von Frauen sichtbar zu machen, werde künftig nicht nur durch die
verstärkte Benennung von Wohnhausanlagen passieren, sondern auch
durch „Empowerment-Maßnahmen“ und die Schaffung von Vorbildern („role
models“). Als Beispiel nannte Gaal den erstmals verliehenen
Hedy-Lamarr-Preis, der Frauen aus der IT-Welt vor den Vorhang hole.

Die 44. Sitzung des Wiener Gemeinderates zum Budgetentwurf 2019
wurde um 21.02 Uhr unterbrochen und wird morgen, Dienstag, um 9 Uhr
fortgesetzt. Erster Punkt der Tagesordnung wird die Spezialdebatte
zur Geschäftsgruppe Bildung, Integration, Jugend und Personal sein.
(Forts.) ato/esl/sep

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