
10 Jahre Opferschutzgruppen in den Wiener Krankenhäusern
Gesundheitsstadtrat Peter Hacker und Frauenstadträtin Kathrin Gaal präsentieren Opferschutz-Report über Alltag und Herausforderungen von Opferschutzarbeit im Krankenhaus
Wien (OTS) – Frauen, die häusliche oder sexualisierte Gewalt erleben, suchen oft
Hilfe im Gesundheitssystem: 27 Prozent der Österreicherinnen, die
Opfer von Beziehungsgewalt wurden, gingen ins Krankenhaus oder in
eine ärztliche Ordination, stellte eine Studie der Europäischen
Grundrechteagentur 2014 (FRA) fest. Das Gesundheitspersonal nimmt bei
der Früherkennung von Gewalt und bei der Vermittlung von
psychosozialer Hilfe für Gewaltopfer eine zentrale Rolle ein.
Auf diese Tatsache hat Wien vor zehn Jahren als erstes
österreichisches Bundesland mit gesetzlichen Maßnahmen reagiert: Seit
1. Jänner 2009 schreibt das Wiener Kur- und Krankenanstalten-Gesetz
die verpflichtende Einrichtung von Opferschutzgruppen in Zentral- und
Schwerpunktkrankenhäusern vor. Diese umfassen ärztliche
Vertreterinnen und Vertreter der Frauenheilkunde, der Unfallmedizin
und der Psychiatrie, des Pflegedienstes sowie der psychologischen
oder psychotherapeutischen Versorgung. Ihre Aufgabe ist die
Früherkennung von erwachsenen Opfern sexualisierter, psychischer und
körperlicher Gewalt – vor allem von Frauen – sowie die
Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihrem
Krankenhaus.
Peter Hacker, Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport, zollt den
Opferschutzgruppen großen Dank: „Ich bedanke mich bei allen
Krankenhausmitarbeiterinnen und -mitarbeitern, die gewaltbetroffenen
Patientinnen mit Kompetenz, Respekt und Empathie begegnen. Für die
Betroffenen kann die Unterstützung durch Krankenhauspersonal, das
Beweismaterial sichert und über Opferschutzeinrichtungen informiert,
den ersten Schritt zur Sekundärprävention bedeuten.“
Verständnisvolles Gesundheitspersonal kann wesentlich dazu beitragen,
das Thema häusliche Gewalt zu enttabuisieren. Denn Betroffene haben
oft Angst, dass ihr Leid von der Umgebung bagatellisiert oder auch
verschwiegen wird. Frauenstadträtin Kathrin Gaal spricht den
Krankenhäusern, die sich des Opferschutzes annehmen, ihre Anerkennung
aus: „Gut geschultes und sensibilisiertes Gesundheitspersonal trägt
dazu bei, dass Frauen, die häusliche oder sexualisierte Gewalt erlebt
haben, das Krankenhaus als einen Ort sehen, an dem man ihnen mit
Respekt und Einfühlungsvermögen begegnet. Krankenhausmitarbeiter
leisten wertvolle Arbeit, um Frauen in Notsituationen zu helfen. Das
Übernehmen von Verantwortung für den Opferschutz ist auch ein
gesellschaftlich bedeutendes Signal.“
Opferschutz-Report: Die Betreuung eines Gewaltopfers abgesehen der
medizinischen Behandlung nimmt 85 Minuten in Anspruch
Wie der gesetzliche Auftrag im Klinikalltag funktioniert sowie welche
Rahmenbedingungen die Arbeit einer Opferschutzgruppe fördern,
thematisiert der neue „Opferschutz-Report“. Denn der gesetzliche
Auftrag birgt in der Praxis einige Herausforderungen: jenseits des
kurativen Behandlungsauftrags sind unter anderem Schulungen zu
organisieren, standardisierte Abläufe im Umgang mit gewaltbetroffenen
Patientinnen und Patienten zu entwickeln, zeitaufwändige Gespräche zu
führen.
Den Report erstellten das Wiener Programm für Frauengesundheit und
der 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien gemeinsam in
Zusammenarbeit mit den Opferschutzgruppen von 10 Krankenhäusern.
Darin sind die Ergebnisse einer Fokusgruppenbefragung sowie einer
Erhebung unter den Opferschutzgruppen in neun Krankenhäusern
zusammengefasst, weiters Praxisbeispiele aus den Wiener Spitälern
sowie die wichtigsten Prinzipien, wie Opferschutz im Krankenhaus
gelingt.
Die Arbeit der Opferschutzgruppen in Zahlen: 2017 dokumentierten die
Opferschutzgruppen in Wien 799 Opferschutzfälle. Diese Zahl umfasst
nicht alle in Wien behandelten Gewaltopfer, da nicht alle Abteilungen
darüber Aufzeichnungen führen können. Am häufigsten sind Abteilungen
für Gynäkologie, Unfall- und Notfallmedizin, Psychiatrie, Chirurgie,
HNO und Dermatologie in Opferschutzfälle einbezogen. Wieviel Zeit
kostet die Betreuung eines Gewaltopfers? Durchschnittlich werden 85
Minuten für die Betreuung gewaltbetroffener Patientinnen oder
Patienten benötigt. So lange dauert es notwendige Gespräche, die
Dokumentation von gerichtlich verwertbaren Beweisen und Telefonate
mit Opferschutzeinrichtungen abzuwickeln.
Das Fazit des Reports ist, dass der gesetzliche Auftrag von
Opferschutzgruppen die Krankenhäuser vor eine Herausforderung stellt.
Denn es bedarf vor allem räumlicher und personeller Ressourcen sowie
die Unterstützung durch die Leitung, um den Opferschutzgedanken
nachhaltig im Krankenhaus zu verankern.
Der Report wird am 4. Dezember 2018 im Rahmen der Tagung „Sichtbar
werden!“ im Wiener Rathaus vorgestellt. Programm zur Tagung:
https://www.wien.gv.at/gesundheit/beratung-vorsorge/frauen/frauengesu
ndheit/schwerpunkte/gewalt/konferenz-opferschutz.htmlb
Der Bericht ist zum Download bereit unter:
https://www.wien.gv.at/menschen/frauen/pdf/opferschutzreport.pdf
Mag. Gerda Mackerle
Pressesprecherin
Stadträtin Kathrin Gaal
Tel.: +43 1 4000 81983
E-Mail: gerda.mackerle@wien.gv.at
Norbert Schnurrer
Presssprecher
Stadtrat Hacker
Tel.: 01 4000 81233
E-Mail: norbert.schnurrer@wien.gv.at
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