Debatte zum Volksbegehren für generelles Rauchverbot in Gastronomieim Nationalrat

Koalition verteidigt bestehende Regelung des NichtraucherInnenschutzes, Opposition will strengere Auflagen

Wien (PK) – Mit 881.692 Unterschriften bzw. einer Stimmbeteiligung
von 13,82% hat auch die Kampagne für NichtraucherInnenschutz „Don’t
smoke“ die Marke, ab der ein Volksbegehren im Parlament behandelt
werden muss, mit Leichtigkeit erreicht. Der Nationalrat behandelte
die Initiative heute im Rahmen einer Ersten Lesung. Der
Gesundheitsausschuss wird dann die Forderung des Volksbegehrens,
wonach ein umfassender NichtraucherInnenschutzes auch in der
Gastronomie gelten solle, noch weiter debattieren.

Volksbegehren tritt für garantierten NichtraucherInnenschutz ein

Aus Gründen eines optimalen Gesundheitsschutzes für alle
ÖsterreicherInnen soll mit einer verfassungsgesetzlichen Regelung die
Beibehaltung des 2015 beschlossenen NichtraucherInnenschutzes
garantiert werden, lautet die zentrale Forderung des Volksbegehrens
„Don’t smoke“. Als wichtigstes Argument werden von den InitiatorInnen
die gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Rauchens ins Treffen
geführt. Der aktive Zigarettenkonsum und passives Rauchen stellen das
bedeutendste individuelle Gesundheitsrisiko und sogar die
Hauptursache für frühzeitige Sterblichkeit in den Industrieländern
dar, unterstreichen sie im Text des Volksbegehrens. Daher müsse dort
eine Grenze gesetzt werden, wo es für NichtraucherInnen aus
medizinischer Sicht massive gesundheitliche Bedenken gebe. Das gelte
aus ihrer Sicht vor allem für die Gastronomie. Während generell an
den Arbeitsplätzen strikte Rauchverbote bestehen, seien nämlich
MitarbeiterInnen in der Gastronomie von diesem gesetzlichen Schutz
ohne sachliche Rechtfertigung ausgenommen.

ÖVP: Schutz von Jugendlichen vor Tabakkonsum wurde ausgeweitet

Das Anliegen des Volksbegehrens werde selbstverständlich sehr ernst
genommen, betonte Gabriel Obernosterer (ÖVP). Nicht vergessen solle
man aber, dass Österreich beim gesetzlichen Nichtraucherschutz nicht
so schlecht abschneide, wie oft dargestellt werde, sondern im
Mittelfeld liege. Österreich sei also nicht „der Aschenbecher
Europas“, wie gelegentlich behauptet werde. Sogar Italien, das als
Land mit sehr strengen Bestimmungen gelte, habe vergleichbare
Ausnahmebestimmungen wie Österreich. Lokale, in denen noch geraucht
werden dürfe, müssten sehr strenge Auflagen der Belüftung erfüllen,
betonte Obernosterer. Unterdessen dürfe nur mehr in zehn Prozent der
Gaststätten noch geraucht werden. Zudem werde der Jugendschutz bei
Tabakkonsum sehr streng gehandhabt. Er wehre sich dagegen, die
Gastronomie an den Pranger zu stellen, und hoffe auf eine sachliche
Diskussion.

Claudia Plakolm (ÖVP) fügte hinzu, die Anhebung des Schutzalters sei
eine effektive Präventionsmaßnahme gegen Nikotinabhängigkeit. Die
Bundesländer hätten sich daher geeinigt, das Rauchen erst ab 18
Jahren zu erlauben. Das sei eine wichtige Maßnahme, damit künftig in
Österreich weniger geraucht wird. Je früher nämlich Personen mit dem
Rauchen beginnen, umso schwerer falle es ihnen später, damit wieder
aufzuhören.

SPÖ: Beschäftigte in der Gastronomie besser schützen

Philip Kucher (SPÖ) verwies auf die Gefahren des Passivrauchens, die
gerade in der Gastronomie sehr hoch seien. Nachweislich seien die
Nichtraucherbereiche der meisten Lokalen sehr hoch mit Schadstoffen
belastet, man dürfe die Menschen hier nicht in falscher Sicherheit
wiegen. Viele Menschen hätten daher aus guten Gründen das
Volksbegehren unterstützt. Die Bundesregierung ignoriere jedoch die
Fakten und die Lebensrealität der Beschäftigten in der Gastronomie.
Kucher appellierte an ÖVP und FPÖ, ihre derzeitige Haltung nochmals
zu überdenken und für einen konsequenten NichtraucherInnenschutz
einzutreten. Der ursprüngliche, gute Gesetzesbeschluss dazu sei von
der ÖVP leider wieder zurückgenommen worden, kritisierte sein
Fraktionskollege Dietmar Keck. Er verstehe nicht, warum der Schutz
der Beschäftigten in der Gastronomie weniger ernst genommen werde,
als bei Beschäftigten in anderen Branchen. Die Regierung fürchte sich
offenbar vor einer Volksabstimmung, da sie wisse, dass sie eine
Niederlage zu erwarten hätte.

Schärfere Jugendschutzbestimmungen allein seien nicht die Antwort auf
die Problematik des Tabakkonsums, betonte Eva Maria Holzleitner
(SPÖ). Man brauche verstärkte Prävention, Aufklärung und Information.
Die Abgeordnete sah besonders die Lehrlinge und MitarbeiterInnen in
der Gastronomie als die Leidtragenden des Rauchens am Arbeitsplatz.
Sie hoffe nun auf die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs, bei
dem einige Beschwerden gegen die Neufassung des
NichtraucherInnenschutzgesetzes eingelangt seien. Karin Greiner (SPÖ)
sprach den Schutz von Kindern auf Kinderspielplätzen an. Dort werde
oft geraucht, es gebe aber derzeit keine gesetzliche Handhabe
dagegen. Sie kündigte daher einen Initiativantrag ihrer Fraktion an,
in dem ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen gefordert wird, und
hoffte auf breite Unterstützung für dieses Anliegen.

FPÖ: Wahlfreiheit für Rauchen in der Gastronomie hat sich bewährt

Selbstverständlich seien Volksbegehren ein wichtiges demokratisches
Instrument, sagte Peter Wurm (FPÖ). Er sei aber dagegen,
Volksbegehren zu vereinnahmen, wie die SPÖ es in diesem Fall getan
habe, und zudem mit falschen Argumenten zu arbeiten. Österreich habe
nämlich mittlerweile eines der strengsten Gesetze gegen das Rauchen
im öffentlichen Raum. Wer anderes behaupte, informiere die
Bevölkerung schlicht falsch, ist Wurm überzeugt. Die Regierung habe
nicht das Rauchen wieder erlaubt, sondern zu bereits bestehenden
Bestimmungen einen höheren Kinder- und Jugendschutz hinzugefügt. Man
erlaube nur wenige Ausnahmen für die Gastronomie und Hotellerie. Die
meisten Betriebe seien unterdessen bereits rauchfrei, das Anliegen
des Volksbegehrens erübrige sich damit aus seiner Sicht allmählich
von selbst, sagte Wurm. Der gute Kompromiss, der beim
NichtraucherInnenschutz erzielt wurde, sollte daher nicht in Frage
gestellt werden.

Niemand bestreite, dass Rauchen ungesund sei, unterstrich Gerald
Hauser (FPÖ). Die Koalition habe daher den Schutz von Kindern und
Jugendlichen vor Tabakkonsum und Passivrauchen massiv erhöht. Die FPÖ
trete jedoch auch ganz klar für die Wahlfreiheit der
Gastronomiebetriebe ein, ob sie Raucherbereiche einrichten, um
reagieren zu können, was ihre KundInnen wollen. Hauser sah die
Gastronomie und Hotellerie bereits unter massivem Druck und sprach
sich dagegen aus, sie noch weiter mit Auflagen zu belasten.

NEOS: Direkte Demokratie muss ernst genommen werden

Die Kampagne für schärferen Nichtraucherschutz sei keinesfalls
politisch instrumentalisiert worden, hielt NEOS-Klubobfrau Beate
Meinl-Reisinger den Abgeordneten der Koalition entgegen. Der Text des
Volksbegehrens beruhe vielmehr auf Fakten, die aus der Ärzteschaft
kämen. Die Abgeordnete zeigte sich empört über den Vorwurf von
FPÖ-Abgeordnetem Wurm, die UnterzeichnerInnen wären falsch informiert
worden und hätten nicht genau gewusst, wofür sie unterschrieben
hätten. Meinl-Reisinger warf den Koalitionsparteien vor, direkte
Demokratie nur auf schöne Sonntagsreden beschränken zu wollen. Wenn
sie die UnterzeichnerInnen tatsächlich ernst nehmen würden, müssten
sie eine Volksabstimmung zulassen, forderte sie.

Ihr Fraktionskollege Gerald Loacker (NEOS) argumentierte, dass
Österreich bei vielen Indikatoren der Volksgesundheit im
OECD-Vergleich sehr schlecht abschneide und sogar zu den
Schlusslichtern gehöre. Die Bundesregierung könnte hier auf einen
Schlag eine wesentliche Verbesserung erreichen, würde sie die früher
gefassten Beschlüsse zum Nichtraucherschutz umsetzen. Bei einem so
wichtigen Thema wie der Gesundheit könne man nicht mit Wahlfreiheit
argumentieren, sagte Loacker, schlichtweg nicht zu rechtfertigen sei
es, wenn die Beschäftigten in der Gastronomie weiterhin der enormen
Gesundheitsgefährdung durch Tabakrauch ausgesetzt werden.

JETZT fordert verbindliche Volksabstimmung zu Nichtraucherschutz

Sie verstehe nicht, warum man nochmals die Debatte über
Nichtraucherschutz in der Gastronomie führen müsse, sagte
JETZT-Mandatarin Daniela Holzinger-Vogtenhuber. Internationale
Erfahrungen zeigten nämlich klar, dass ein Rauchstopp in der
Gastronomie positive Effekte auf die Anzahl der RaucherInnen habe.
Die Abgeordnete warf der ÖVP vor, aufgrund der Wünsche des
Koalitionspartners FPÖ den NichtraucherInnenschutz wieder aufgeweicht
zu haben. Das Volksbegehren stehe an sechster Stelle unter den
erfolgreichsten Volksbegehren der Zweiten Republik, man könne es
nicht so einfach vom Tisch wischen, sagte Holzinger-Vogtenhuber, die
ebenfalls eine verbindliche Volksabstimmung forderte. (Fortsetzung
Nationalrat) sox

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