
Mao Tse-tung und die Grundeinsichten des Liberalismus
Die „Free Market Road Show 2019“ gastierte im Wiener Ringturm: Prominent besetzte Diskussionen über Liberalismus und Europa 30 Jahre nach dem Mauerfall
Wien (OTS) – In der Rolle des Gastgebers begrüßte Dkfm. Karl Fink, Vorstand der Vienna Insurance Group, die Teilnehmer der zwölften FMRS Wien.
„Ausgerechnet Mao Tse-tung hat mich davon überzeugt, dass drei zentrale Fragen der Ökonomiegeschichte richtig beantwortet wurden“, sagt der Soziologe und Politikwissen-schafter Erich Weede. Was hat denn gerade Chinas „Großer Revolutionär“ mit Libera-lismus und wirtschaftlicher Freiheit zu tun? „Er sorgte quasi für die experimentelle Evidenz der Annahmen von Smith, Mises und Hayek.“ Aber zum Preis von Millionen Toten.
Weedes Ausführungen zum Liberalismus bildeten den Auftakt zweier prominent besetzter Panel-Diskussionen im Rahmen der „Free Market Road Show 2019“, die am 11. April in Wien Station machte. Unter den Titeln „Freier Fall oder ein Fall für Freiheit?“ sowie „Reinventing Freedom 30 Years after the Wall“ tauschten sich heimische wie internationale Wirtschaftsexperten unter Leitung von Barbara Kolm (Präsidentin des Hayek Insti-tuts sowie Direktorin des Austrian Economics Center) aus. Kolm gleich zu Beginn: „Die wirtschaftliche Freiheit gilt es jeden Tag auf’s Neue hochzuhalten und zu verteidigen.“
Verfassung der Freiheit
Der Liberalismus, so Weede, will im Wesentlichen eine „Verfassung der Freiheit“, in der „der Zwang von Menschen auf Menschen minimiert wird.“ Alle wirklichen Liberalen schätzen die Freiheit als Wert an sich. Die Eigenverantwortung ist jedoch eine notwendige Kehrseite und „ich fürchte, dass deshalb nicht alle Menschen so glücklich über diese Freiheit sind.“
Eigentum als Arbeitsanreiz (Smith), Wettbewerb (Mises) und dezentrale Entscheidungen (Hayek), diese Grundpfeiler habe Mao mit seinem „Großen Sprung nach vorn“ durch Missachtung bewiesen. Die Folgen: In rund vier Jahren kamen rund 45 Millionen Menschen um, die meisten verhungerten. Heute, so Weede, zeigen wissenschaftliche Daten, dass wirtschaftliche Freiheit eng mit Wohlstand und Wachstum zusammenhängt.
Liberalismus hat keine blutigen Hände
„Die wirtschaftliche Freiheit ist unabdingbar mit der politischen Freiheit verbunden“, hielt Barbara Kolm in der anschließenden Diskussion fest. Das hätten die 30 Jahre nach dem Fall der Mauer wohl eindeutig erwiesen.
Beim Blick aus den Fenstern des Ringturms auf die Wiener City hielt Herbert Unterköfler vom Management-Beratungsunternehmen Korn-Ferry fest: „Hier sehen wir das bauliche Ergebnis der liberalen Ära Wiens im 19. Jahrhundert. Es ist beachtlich, was damals der Liberalismus als Antwort auf den Feudalismus an Kräften freigesetzt hat.“ Im Gegensatz zu anderen Ideologien habe sich der Liberalismus niemals „blutige Hände gemacht.“ Warum er gerade in Österreich heute „eher ein Minderheitenprogramm“ ist, das erklärt sich Unterköfler damit, dass „er rationaler, logischer und weniger emotional ist als andere.“
Für Unternehmer Johannes Strohmayer (Vorstand der Austrian Equities Industriebeteiligungen AG) hat die Idee der liberalen Marktwirtschaft in den „letzten 70 Jahren zu Wohlstand und Arbeit für die meisten Menschen geführt.“ Demgegenüber bringe zentrale Planwirtschaft Hunger und Not, wie „wir leider in Venezuela sehen können.“ Deregulierung sei ein zentrales Anliegen einer liberalen Gesellschaft. „Wir müssen der nächsten Generation die Schönheit des Abenteuers Freiheit wieder vermitteln“, meint Strohmayer. Kolm ergänzt: „Wir müssen der jungen Generation auch nahebringen, dass man für die eigenen Entscheidungen selbst Verantwortung und Konsequenzen trägt“.
Europa am Scheideweg: Demokratische Defizite, hohe Ausgaben
und zu viel Harmonisierung
Warum Europa am Scheideweg steht, warum es in der EU zu Differenzen kommt, das erklärte der Journalist John Fund im zweiten Panel mit Blick auf die Entwicklung nach dem Zusammenbruch des Kommunismus: „Es herrschte damals große Euphorie und man wollte die EU hin zur politischen Union entwickeln.“ Die Wähler habe man jedoch nicht direkt befragt, es herrsche ein Demokratie-Defizit.
Laut Ökonom Terry Anker (The Anker Consulting Group) muss Europa die Frage klären, wie sich die westlichen Traditionen mit Privateigentum und individueller Freiheit gegenüber jener der östlichen (Asien) mit eher kollektivem Eigentum behaupten werden. Anker hält es für möglich, dass deshalb gar eine neue „Monroe-Doktrin“ entstehen könnte.
Daniel Mitchell, Ökonom im „US-Center for Freedom and Prosperity“, hält fest: In allen Rankings liegen die EU-Länder wiederholt an der Spitze – ein Verdienst der Union. Probleme gebe es jedoch immer mit jeweils nationalen politischen Entscheidungen. Seit der „wachrüttelnden“ Finanzkrise seien etwa die Staatsausgaben allerorts gestiegen, die Schuldenstände noch viel mehr. „Daran trägt nicht Brüssel Schuld“, aber bei anderen Problemen: „Ich fürchte, Brüssel zieht da alles an sich, harmonisiert und zentralisiert – das ist ein Fehler.“
Der britische Steuerexperte Richard Teather von der Bournemouth University sieht hier ebenso eine Gefahr für Europa: „Verlieren wir die Vielfalt an Möglichkeiten, etwas zu probieren, neue Systeme zu testen, verlieren wir damit auch an Flexibilität.“ Das gelte nicht nur für Steuersysteme sondern für viele andere Bereiche. Hier stehe Europa an einem Scheideweg: „Harmonisieren wir alles total oder akzeptieren wir auch Diversity, die Vielfalt“.
Ein ausführlicher Bericht wird ab 15. April unter
https://www.hayek-institut.at/veranstaltungsberichte/ bereitgestellt.
Mehr Information zur Free Market Road Show und den Sprechern bietet https://freemarket-rs.com/
F.A.v. Hayek Institut
office@hayek-institut.at
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