
TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Wie schnell der Wind sich dreht“, von Peter Nindler
Ausgabe vom Samstag, 28. Dezember 2019
Innsbruck (OTS) – Günther Platter hatte als Landeshauptmann bereits ein Ablaufdatum, mit Verlässlichkeit und Stabilität ist er heute mehr denn je obenauf – zusammen mit der Tiroler ÖVP. Zugleich beflügelt der Zeitgeist Schwarz-Grün im Land.
Wer hätte am Beginn des heurigen Jahres gedacht, dass Heinz-Christian Strache die FPÖ und die Bundesregierung sprengen würde? Wer hätte Anfang 2017 noch einen Pfifferling auf die ÖVP gesetzt, die damals bundesweit bei 20 Prozent dahinvegetierte? Wer hätte geglaubt, dass mit dem erfolgreichen ÖBB-Vorstandschef Christian Kern der Niedergang der SPÖ beginnen würde? Wer hätte den Grünen nach ihrem Abflug aus dem Parlament das fulminante Comeback im September 2019 zugetraut? Und wer hätte 2012 der Tiroler ÖVP und Günther Platter vorausgesagt, dass die Partei jetzt bei 45 Prozent liegen und ihr Obmann nach dem schwarzen Säulenheiligen Eduard Wallnöfer der am zweitlängsten amtierende Landeshauptmann sein würde? Politik ist unberechenbar, Verlässlichkeit und Stabilität sind ihre größten Erfolgsfaktoren.
Platter verkörpert sie mit Beharrlichkeit, seinem politischen Stil und seiner Grundidee für Tirol: sozialer Zusammenhalt, finanzielle und wirtschaftliche Beständigkeit. Damit trifft er in politisch turbulenten Zeiten und in einer immer weiter auseinanderdriftenden Gesellschaft offenbar den Nerv der Menschen. Trotzdem weiß der ÖVP-Chef ganz genau, wie schnell die Stimmung umschlagen kann. Vor sieben Jahren stand Platter selbst an der Kippe, der Widerstand beginnt meist in den eigenen Reihen. Unter seinem Vorgänger Herwig van Staa mit der Liste Fritz des ehemaligen schwarzen AK-Präsidenten Fritz Dinkhauser, 2012 mit der Gründung von Vorwärts Tirol.
Im Gegensatz zu den bürgerlichen Rebellen machte Platter mit der schwarz-grünen Koalition einen Sprung vorwärts. Und er hielt weiter an ihr fest, obwohl die Grünen taumelten und im Bund bereits ein türkis-blauer Gegenwind wehte. Auch eine Qualität Platters. Der Wind hat sich zwischenzeitlich gedreht, plötzlich segelt der Landeshauptmann im fast schon übertrieben heraufbeschworenen schwarz-grünen Mainstream bequem mit. Ebenso die Grünen mit Umwelt-und Klimarückenwind und als nahezu skandalbefreite Antwort auf die Vorgänge unter Türkis-Blau; in Tirol wie im Bund. Die TT-Umfrage bestätigt das schwarz-grüne Hoch. Und die anderen?
Die FPÖ hängt stets an der Bundespartei: Taumelt sie wegen Ibiza und Strache wie jetzt durch die Innenpolitik, geht es auch in Tirol bergab. Die SPÖ leidet wiederum am negativen Bundestrend und an ihrem Vorsitzenden Georg Dornauer. Präsent ist er ja, aber meist nicht hilfreich. Als rotes Ego hat Dornauer viel versprochen, aber kaum einen Fauxpas ausgelassen. Im Gegenteil: Er sitzt ganz vorn im roten Abgrund-Express.
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