Frauenpower braucht das Land: Stopp der Abwanderung

Interessenvertretungen plädieren für Trendwende und lebenswerte ländliche Regionen

Wien (OTS) – Junge Frauen wandern ab, obwohl sie das Landleben grundsätzlich für sehr attraktiv halten. Der ländliche Raum in der Steiermark hat in den vergangenen drei Jahren bis zu 1.800 gut ausgebildete junge Frauen im Alter zwischen 19 und 20 Jahren allein an die Landeshauptstadt Graz verloren. Jährlich verlassen in dieser Gruppe also rund 600 Personen ihre Dörfer und Gemeinden. Aber auch in den Großraum Wien wandern beispielsweise bis zu 3.000 junge Frauen aus dem gesamten Bundesgebiet ab. In den nächsten zehn Jahren sind das Zehntausende junge Hoffnungsträgerinnen, die den ländlichen Regionen nachhaltig fehlen werden. Ein bedenklicher Trend, der jedoch zu verhindern wäre. Denn wie aus dem Adeg-Dorfleben-Report 2020 hervorgeht, schätzen fast 100% der befragten Frauen die hohe Lebensqualität am Land. Und die Corona-Krise hat das Landleben noch zusätzlich attraktiv gemacht.

“Hält dieser Trend an, führt das unweigerlich zu negativen ökonomischen und sozialen Entwicklungen in den ländlichen Regionen unseres Landes”, geben in der Steiermark die Vizepräsidentinnen der Landwirtschaftskammer (LK), Maria Pein, und der Wirtschaftskammer (WKO), Gabi Lechner, zu bedenken. “Immerhin sind Frauen wichtige Investorinnen und Konsumentinnen; sie sind Unternehmerinnen, Arbeitnehmerinnen, Mütter, pflegende Angehörige und vieles mehr. Fallen sie weg, verlieren Gemeinden und Orte Finanzkraft, soziale Kompetenz und intellektuelles Kapital. Damit dünnen sich Nahversorgung und Infrastruktur aus, das Gemeinschaftsleben leidet, was weitere Abwanderungen vorantreibt.”

Damit dem Land die Hoffnungsträgerinnen für die Zukunft nicht weiter abhandenkommen, steuern Landwirtschaftskammer und Wirtschaftskammer jetzt dagegen. Pein und Lechner sehen bei diesem sensiblen Thema die Politik in der Pflicht: “Wir können es uns nicht leisten, auf diese weiblichen Hoffnungsträgerinnen zu verzichten. Deshalb sind Bund, Land und Gemeinden gefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Allen voran gilt es, gemeinsam mit den Frauen an die weiblichen Lebenswelten angepasste Rahmenbedingungen zu erarbeiten und umzusetzen, wie zum Beispiel flexible Kinderbetreuungseinrichtungen, vermehrte Unterstützung in der Pflege oder die Schaffung von frauenspezifischen Netzwerken.”

Konkrete Maßnahmen und weitere Prioritäten

“So sind von Landwirtschaftskammer und Wirtschaftskammer Networking-Meetings für junge Frauen, speziell Bäuerinnen und Unternehmerinnen, angedacht. Diese Meetings sollen vor allem der gegenseitigen Stärkung und Förderung dienen und gemeinsame Innovationen vorantreiben.” Insbesondere verlangt Pein zur Weiterentwicklung des ländlichen Raumes den raschen Ausbau des schnellen Internets bis auf die Bergspitze, den Ausbau von Tagesbetreuungseinrichtungen für Kinder und ältere Personen sowie eine verbesserte Ausbildung sowie Qualitätssicherung in der 24-Stunden-Pflege.

“Follow me”-Initiative als Wirtschaftsturbo zur Stärkung der ländlichen Strukturen

Der Adeg-Dorfleben-Report zeigt es mehr als deutlich: 97,7% der Befragten gaben an, dass das Leben in ihrer Gemeinde lebenswert ist. Damit die Lebensqualität weiterhin auf einem hohen Niveau bleibt, ist die lokale Wertschöpfung, wie die Corona-Krise zeigt, wichtiger denn je: Über 70% sehen diese Wertschöpfung als Schlüssel zum Erfolg. Gerade hier wird die erfolgreiche Initiative “Follow me” der WKO Steiermark in den nächsten Monaten und Jahren ein mächtiger Turbo für die Wirtschaft in den kleineren Gemeinden sein.

Laut KMU Forschung Austria stehen bis 2027 rund 5.200 steirische Arbeitgeberbetriebe zur Übergabe an, mehr als 50.000 Arbeitsplätze hängen an diesen – darunter viele Familienunternehmen, von denen 70% in den ländlichen Regionen beheimatet sind. “Um diese zu erhalten, hat die WKO Steiermark die Initiative ‘Follow me’ ins Leben gerufen, eine Plattform zur erfolgreichen Betriebsübergabe”, so Lechner. Dass diese im Unternehmerland fest verankert ist, zeigt eine aktuelle Umfrage des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung (IWS). Demnach kennt bereits jeder zweite Unternehmer beziehungsweise jede zweite Unternehmerin “Follow me”. Geht es um Nachfolge beziehungsweise Gründerberatungen, so nutzten oder kennen hier rund 81% der Befragten die angebotenen Serviceleistungen, 57% beurteilen diese mit “Sehr gut” oder “gut”.

“Damit nicht zuletzt auch das Dorfleben wieder an Attraktivität für Jungunternehmer gewinnt, leistet die WKO Steiermark mit dieser Initiative einen wertvollen Beitrag für all jene, die in die Fußstapfen von erfolgreichen Unternehmern treten wollen”, betont die WKO-Steiermark-Vizepräsidentin. Auffallend bei der Suche nach einem “Erben” ist, dass rund 91% der Befragten angeben, dass dieser nicht aus der eigenen Familie kommen muss. Bestes Beispiel hierfür ist der Sieger des “Follow me”-Awards im Jahr 2020: Mit Emanuel Reindl von Elektro Ertl in Feldbach gewann erstmals ein familienexterner Unternehmer die beliebte Trophäe der WKO Steiermark. Insgesamt sechs Betriebe in zwei Kategorien werden Jahr für Jahr mit dem begehrten “Follow me-Award” ausgezeichnet, sie stehen stellvertretend für rund 900 Betriebe, die jährlich in der Steiermark an die nächste Generation übergeben werden.

Landesbäuerin Maier: Arbeitsplätze auf den Höfen sichern

“Eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen funktionierenden ländlichen Raum sind Arbeitsplätze in der Nähe sowie in zumutbarer Entfernung. Es gilt allerdings auch Arbeitsplätze auf unseren bäuerlichen Betrieben zu erhalten, insbesondere auch für Frauen. In den vergangenen Jahren wurden Einkommens- und Erwerbskombinationen aufgebaut, die jungen Frauen einen Arbeitsplatz am Betrieb sichern oder ein wichtiges Standbein schaffen. Beispiele dazu sind Urlaub am Bauernhof, die Direktvermarktung, Green Care oder auch Schule am Bauernhof”, betont Landesbäuerin Auguste Maier. Und weiter:
“Vonseiten der Landwirtschaftskammer gibt es hier gute Unterstützung in der Ausbildung, in betriebswirtschaftlichen Agenden und bei den notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen.”

Statements von Alltagsheldinnen

Hanna Mausser, Facharbeiterin für Obstbau und Obstverarbeitung, Hitzendorf: “Ich könnte nie vom Land weggehen. Das kommt für mich nicht in Frage. Da wäre ich total unglücklich. Mir würden die Familie, die Freunde und die Natur fehlen. Ich bin stolz auf mein Daheim, wo ich auch meinen Arbeitsplatz habe. Er bietet mir die Möglichkeit, mit vielen Menschen aus verschiedenen Generationen, sozialen Gruppierungen und Kulturen in Kontakt zu kommen.”

Heidi Hirn, Milchbäuerin, Trofaiach: “Ich bin ins Landleben hineingeboren und habe den Betrieb ganz selbstverständlich übernommen. Erst später sind mir die Vorteile des Landlebens bewusst geworden: Ich habe meinen Arbeitsplatz, den ich individuell gestalten kann, daheim. Ich bin meine eigene Chefin, das bedeutet mir sehr viel. Ich muss nicht pendeln und bin auch mit dem fachlichen Weiterbildungsangebot vor Ort sehr zufrieden. Außerdem gibt es auch Online-Angebote. Über allem steht der Luxus, im Freien, in und mit der Natur arbeiten zu können.”

Christina Niederl, Unternehmerin, und Stefanie Niederl, Bäuerin und Unternehmerin, Gnas: “Am Land fühlen wir uns frei, da haben wir Platz, das beflügelt auch unser Denken. Auch die Nicht-Anonymität gefällt uns sehr. Wir schätzen den Zusammenhalt als Familie und dass wir hier alle gemeinsam arbeiten können. Am Land zählt auch noch die Handschlagqualität und es gibt Wertschätzung für unsere Arbeit – die Versorgung mit regionalen Produkten. Schön wäre es, wenn es Kurse, Seminare oder Get-togethers für Jungunternehmerinnen und Frauen in der Wirtschaft geben würde.” (Schluss)

Landwirtschaftskammer (LK) Steiermark
Mag. Rosemarie Wilhelm
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